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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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»Gottesfurcht« zu lehren, erließ der Vereinigte Arabische Fiqh-Rat des Präsidenten eine Fatwa , die den Standpunkt vertrat, der Einsatz von Terrorismus zur Verbreitung des islamischen Glaubens wäre ein klarer Verstoß gegen das Gesetz Gottes, und als Belegquelle den Heiligen Koran , 2. Sure, Vers 257 (»Kein Zwang im Gottesdienst!«), 5. Sure, Vers 33 (»Wer schlägt ein Leben ohne für ein andres, und ohne Krieg im Lande, sein soll’s, als ob er hab’ erschlagen alle Menschen«) sowie 6. Sure, Vers 151 (»Zu töten auch kein Menschenleben, das Gott verpönt hat, außer nach dem Rechte«) anführte. »Wenn wir auch aus offensichtlichen Gründen nicht sagen können, dass niemand in der Regierung etwas so Schreckliches tun würde«, schloss der Fiqh-Rat, »können wir doch behaupten, dass kein wahrer Muslim dies täte.«
    Solche Aussagen haben, was vielleicht nicht verwunderlich ist, nur wenig dazu beigetragen, die Begeisterung der Wahrheiter für ihre Theorien zu dämpfen. Und so fahren sie fort, nach der »Wirklichkeit hinter der Fata Morgana « zu fahnden.

J oseph Simeon wohnte im achten Stock des Zawra-Park-Hotels. Der Kreuzzügler war das letzte überlebende Mitglied einer Fünf-Mann-Zelle, die zwei Wochen zuvor Heidelberg verlassen hatte.
    Einer sowohl bei legalen als auch bei illegalen Einwanderern beliebten Route folgend, waren die Mitglieder der Zelle per Bus nach Istanbul gefahren. Dort hatten sie einen Fälscher aufgesucht, der sie eigentlich mit Gastarbeiterausweisen und anderen Papieren ausstatten sollte, aber als der Zellenführer den orthodoxen Glauben des Mannes schmähte und versuchte, ihn zu einer korrekteren Form von Christentum zu bekehren, warf er sie aus seinem Haus. Sie waren gezwungen, sich an einen anderen Fälscher zu wenden, der dreimal so viel verlangte und dafür schlechtere Arbeit ablieferte.
    Tatsächlich war sie noch schlechter, als sie ahnten. Als dieser zweite Fälscher merkte, dass die Kreuzzügler kein Arabisch beherrschten, beschloss er, sich mit ihnen einen Jux zu erlauben. Der in lateinischer Schrift abgefasste Teil von Joe Simeons Ausweis gab seinen Decknamen mit Thaddeus Schulmann an. Doch der begleitende arabische Text erklärte, er sei Prinzessin Isebel, und gab seinen Beruf mit »Stangentänzerin« an. Der Ausweis des Zellenführers identifizierte den Träger als professionellen Kamel-Anus.
    Die Kreuzzügler fuhren weiter nach Gaziantep, wo sie einen Führer anstellten, der sie in die VAS schmuggeln sollte. Der Führer sah sich ihre Ausweise an und begriff, dass man sie für dumm verkauft hatte, aber da sie es schon fertiggebracht hatten, auch ihn zu beleidigen, sagte er nichts. Er tat, wofür sie ihn bezahlt hatten, schmuggelte sie nachSyrien und setzte sie vor einer Arbeiterherberge in Aleppo ab.
    Die Leute vom Internationalen Kulturaustausch tauchten mitten in der Nacht auf. Durstig und unfähig einzuschlafen, hatte sich Joe Simeon auf die Suche nach einem Getränkeautomaten gemacht und war nicht im Zimmer, als die Beamten der Einwanderungsbehörde die Tür eintraten. Er hörte Geschrei und dann Schüsse und floh, die Hand um eine Limonadenflasche gekrampft, in die Dunkelheit.
    Er spielte mit dem Gedanken, wieder nach Hause zu fahren, aber er war fast völlig pleite, und selbst wenn er es über die Grenze geschafft hätte, wäre er in der Türkei völlig aufgeschmissen gewesen. Er beschloss, allein nach Bagdad weiterzufahren, wo angeblich weitere Verschwörer warteten, auch wenn er nicht wusste, wer sie waren, noch wie er sie kontaktieren konnte. Zu Gott um Führung betend, ging er zur Autobahnauffahrt und hielt den Daumen raus.
    In Bagdad fand er, draußen am Flughafen, ein billiges Motel. Er benutzte nach wie vor seinen Prinzessin-Isebel-Ausweis, aber der Mann an der Rezeption, der am 9.11. einen Bruder verloren hatte, war nicht zum Lachen aufgelegt und verzog keine Miene. Er gab dem Kreuzzügler einen Zimmerschlüssel und rief das Hinweistelefon des Ministeriums für Heimatschutz an.
    Als Joe Simeon anderthalb Stunden später aufwachte, stand ein breiter Araber über seinem Bett. »Steh auf«, sagte der Mann. »Die Bullen sind auf dem Weg hierher, um dich festzunehmen.«
    »Wer sind Sie?«
    »Du kannst mich Siraj ad-Din nennen. Ich bin ein Freund.« Er unterließ es zu erwähnen, dass er außerdem auch ein Mitglied von al-Qaida war und dass ihn Idris Abd al-Qahhar schickte.
    Siraj ad-Din brachte Joe Simeon zum Zawra-Park-Hotel und besorgte ihm ein anderes

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