Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
ich sehr überrascht, wenn er das unterlassen hätte.”
Miranda riss die Augen auf. “Sie kennen ihn gut?”, flüsterte sie. “Ich entsinne mich, dass ich an dem Abend im Hotel den Eindruck hatte, er würde Sie kennen. Das hatte ich jedoch vergessen.”
Frederick wusste, dass er Mrs Fitzgibbon jetzt am Haken hatte. Statt jedoch triumphierend zu lächeln, sagte er noch einschmeichelnder: “Ja, ich kenne Seine Gnaden gut, wenngleich er das nicht gern zugibt. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Jetzt trägt er jedoch die Nase viel zu hoch, um mit mir zu verkehren. In Bezug auf das schöne Geschlecht war er immer … Nun, ja, er hätte die Universität verlassen müssen, wären seine Eltern nicht so einflussreich gewesen. Neuerdings heißt es über ihn, er habe kein Herz, und das sagen selbst seine Freunde. Lassen Sie sich von seinem gerissenen Benehmen oder seiner Freundlichkeit nicht in die Irre führen. Mitleid kennt er nicht. Was er haben will, bekommt er. Das empfindet er als sein Recht.”
Miranda hob die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Aufschrei.
“Ich habe gesagt, dass Adela mir geschrieben hat. Sie befürchtet, Sie könnten in seinen Bann geraten, wie ein hübscher kleiner Fisch von ihm geangelt, an Land geworfen und dem nächsten Fang zuliebe achtlos liegen gelassen werden. Glauben Sie mir, Mrs Fitzgibbon, das habe ich Ihnen sehr widerstrebend mitgeteilt, weil ich der Meinung bin, dass Sie das schmerzen muss, aber so ist es eben.”
Miranda erkannte nicht, wie widersprüchlich Mr Harmons Geschichte klang. Durch alles, was seit ihrer Rückkehr nach England geschehen war, verwirrt und verstört, legte sie ihre Hände in Mr Harmons. In diesem Augenblick erinnerte sie sich all ihrer Träume und der zuversichtlichen Stimmung, in der sie nach dem Erwachen gewesen war. Das schien jetzt alles zu versickern und sie mit einem Gefühl der inneren Leere zurückzulassen, wie eine leblose Hülle. Betroffen fragte sie sich, wie Leo ihr das antun konnte.
“Ich glaube Ihnen nicht”, flüsterte sie.
Eine innere Stimme machte sie jedoch sogleich darauf aufmerksam, dass alles, was Leo getan und gesagt hatte, auch gegenteilig interpretiert werden konnte, in Mr Harmons Sinn. Und wenn das zutraf, dann lag Leo wirklich nur daran, sie zu erobern. Aber dennoch musste sie sich ehrlich eingestehen, dass auch sie zum Teil schuld war.
Wie konnte er in Anbetracht des Spiels, das sie mit ihm getrieben hatte, und der ihm erzählten Lügen annehmen, sie sei einem kleinen Abenteuer nicht abgeneigt? Bei mehr als einer Gelegenheit hatte sie sich willig von ihm küssen lassen und seine Küsse sogar erwidert. Ja, auch sie war schuld. Und dennoch waren das für sie ganz besondere Momente gewesen. Wie konnte es sein, dass er das in vollkommen anderem Licht sah? Flüchtig dachte sie an die schmerzliche und verwirrende Möglichkeit, dass seine Worte und Küsse für ihn nur bedeutungslose Markierungspunkte auf dem von ihm beschrittenen Weg der Verführung sein konnten.
“Es tut mir leid.” Frederick Harmon beugte sich noch näher, und aus seinen braunen Augen sprach Mitgefühl. “Das ist meine Schuld. Ich bin zu spät gekommen. Sie haben bereits ein Faible für Leo.”
Ruckartig hob Miranda den Kopf und kämpfte gegen die Tränen an. Jetzt hieß es, den Stolz zu bewahren. Leo durfte nie erfahren, wie sehr er ihr wehgetan, wie schnell sie sich in ihn verliebt hatte. Das durfte auch sonst niemand wissen. Leo durfte sich nie seines Sieges über sie bewusst werden. Soweit er wusste, war sie die sogenannte “dekadente Gräfin”. Und das würde sie bleiben.
“Nein, das stimmt nicht, Sir”, erwiderte sie tapfer.
Hastig lehnte Mr Harmon sich zurück und kaschierte sein Zusammenzucken mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln.
“Leo war stets nett zu mir. Indes habe ich kein Faible für ihn. Ich bin Ihnen jedoch sehr dankbar dafür, Mr Harmon, dass Sie mich vor ihm gewarnt haben. Ich werde sorgsam darauf achten, dass ich nicht solche Gefühle für ihn entwickele wie die, über die wir soeben geredet haben.”
Mr Harmon nickte, als glaube er ihr, derweil er sich in Gedanken die Hände rieb. Sein Glück war vom Duke of Belford ruiniert worden. Wenn er jetzt Glück hatte, dann ruinierte er das Glück Seiner Gnaden. Und außerdem stand immer noch die Angelegenheit “The Grange” an.
Miranda erkundigte sich nach der Stiefmutter und hörte höflich lächelnd zu, während Frederick Harmon über den Inhalt eines Briefes redete,
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