Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
werden. Er befürchtete jedoch, dass er sich wie ein verliebter Trottel benommen hatte.
Aber man kam besser spät als nie zur Vernunft. Die Illusion war zerstört. Die Augen waren ihm geöffnet worden, und er hatte Adelas wahren Charakter erkannt. Jetzt oblag es ihm, sie nach Italien zurückzujagen, wo sie hingehörte, sodass er sie nie mehr sehen musste.
Beim Essen äußerte Clementina, wie hübsch sie es fände, eine Weile in Ormiston zu sein, wo sie alle Leute kannte.
“Ich stelle fest, dass ich mich sehr schnell zu langweilen begonnen habe”, sagte Miranda. “Ich brauche immer neue Gesichter und Orte um mich. Ich finde nur das Neue aufregend.”
Clementina schien nicht zu wissen, was sie darauf erwidern solle. Leo war über Adelas Äußerungen jedoch nicht überrascht. Sie waren genau das, was er erwartet hatte. Sie quälte ihn, indem sie andeutete, dass sie nie die Absicht gehabt habe, lange in “The Grange” zu bleiben, und auf sein nächstes Angebot warte.
“Ich wundere mich, dass du nicht schon längst zu saftigeren Weidegründen weitergezogen bist”, sagte er in gelangweiltem Ton.
“Das hätte ich getan”, erwiderte sie. “Aber leider bin ich so arm wie eine Kirchenmaus. Doch das ist dir längst bekannt, Leo.”
“Unterscheiden Kirchenmäuse sich von anderen Mäusen?”, warf Clementina ein.
“Alle Arten von Mäusen sind ekelhafte und zerstörerische kleine Geschöpfe.”
Finster schaute Miranda ihn an. Er sah die Verärgerung in ihren Augen. Dann lachte sie, und die Tür, durch die sie ihm einen kurzen Blick in ihre Seele gestattet hatte, fiel wieder zu.
Nach dem Essen erhoben sich die beiden Damen und ließen ihn beim Portwein zurück. Er war froh, allein zu sein. Dieses Kleid, das Adela trug, das um sie schwebte und durch die Farbe den Eindruck erweckte, als würde sie unter Wasser schwimmen, nackt … Leo malte sich aus, wie ihr weißer Leib, ihr langes rotes Haar träge durch die schattige Tiefe glitt. Es fiel ihm überraschend leicht, sich dieses Bild vorzustellen. Aber seine Fantasie war, seit er die sogenannte “dekadente Gräfin” kannte, sehr angeregt worden.
Er hatte sie sowohl für eine abgebrühte welterfahrene Frau als auch für eine entzückend Naive gehalten, doch nun benahm sie sich wieder anders. Sie strahlte etwas Unerreichbares aus, sodass er das Gefühl hatte, sich ihr innerlich nicht nähern zu können, ganz gleich, was er sagte oder tat. Vielleicht hatte er sie innerlich nie wirklich berührt.
Die mit ihr getauschten Küsse waren von ihrer Seite her nicht mehr als Teil eines Spiels gewesen, wohingegen sie Leo noch tiefer in Selbsttäuschung gestürzt hatten. Er hatte das geglaubt und gesehen, was er glauben und sehen wollte. Doch nun hatte er diesen Traum verscheucht und war wieder ins kalte Tageslicht zurückgekehrt.
Jack hatte recht. Adela und Mr Harmon waren ein Gespann. Zweifellos hatten beide vor, Leo auszunehmen und dann “The Grange” gegen saftigere Weidegründe einzutauschen. Nun, beide würden erkennen müssen, dass er ein mageres Schaf war. Er hatte zugelassen, dass die Situation sich so weit entwickelte, und würde ihr jetzt Einhalt gebieten.
Es war jedoch interessant zu sehen, wie weit Adela gehen würde.
Clementina hatte zwischen Miranda und Leo zu vermitteln versucht. Die Freundin hatte ihr jedoch erklärt, der Bruch sei nicht zu heilen.
“Nun, wenn ihr beide euch zerfleischen wollt, dann tut das. Ich ziehe es vor, das nicht miterleben zu müssen. Ich halte es für besser, mich jetzt zurückzuziehen. Ich bin ziemlich müde. Bestimmt kommt Leo gleich her. Ich bin sicher, dass er, im Gegensatz zu mir, den nächsten Schlagabtausch kaum erwarten kann.”
“Oh, bitte, geh nicht, Tina.”
Es war jedoch zu spät. Taub gegen alle Bitten verließ Clementina den Raum. Miranda hörte Stimmen im Gang, und dann betrat zu ihrem Schreck Leo den Salon und schloss hinter sich die Tür.
Er schaute sie wie ein Jäger seine Beute an. Einen Moment lang kam sie sich wie in einer Falle vor. Es gab jedoch keine Alternative. Sie musste das von ihr initiierte Drama beenden.
“Meine Schwester ist schlafen gegangen.”
“Ja.” Miranda bemühte sich, ruhig und gefasst zu wirken. Sie nahm an, dass Leo sie küssen und vorgeben würde, in sie verliebt zu sein. Es war ihre Absicht, noch eine Weile auf dieses Spiel einzugehen und ihm dann einfach zu sagen, er langweile sie. Sie wollte ihm so wehtun, wie er ihr wehgetan hatte, wenngleich sie nicht annahm, ihr
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