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Miranda

Miranda

Titel: Miranda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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die Bänke im Saal. J acob, der zunächst nicht sprechen konnte, stand erschüttert, aber erhobenen Hauptes vor der kleinen Gemeinde, bis er schließlich den Gottesdienst mit einem Gebet eröffnete. Es war ein sonniger und angenehm milder Oktobertag, und die Tür stand weit offen. Aber als Mike Houghton über die Schwelle trat, schien ihn ein eisiger Winterwind zu umwehen.
    Die Gemeinde hatte gerade ein Kirchenlied angestimmt, doch jeder wandte sich während des Singens nach ihm um, und nach und nach erstarben die Stimmen, bis nur noch Mikes höhnisches Händeklatschen zu hören war.
    Er war ein großer, brutaler Mann, stark wie ein Ochse, und Miranda dachte, dass der Teufel kaum größeren Eindruck auf die Versammlung gemacht hätte. Er trug eine schmutzige Lederweste über einem verwaschenen Hemd, Cordhosen und Stiefel. Sein Hut sah aus, als hätte er zwei Wochen in der Gosse gelegen.
    »Komm herein«, begrüßte ihn Jacob, wie er jeden anderen Mann eingeladen hätte, »und nimm mit uns am Gottesdienst te il .«
    Houghton taumelte in dem Raum, ohne sich die Mühe zu machen, seinen Hut abzusetzen; und Miranda sah, wie Landry die Zähne zusammenbiss, als er den Mann beobachtete. Auch wenn ihr Mann ihr noch fremd war, Wusste sie, dass das kein gutes Zeichen war.
    »Stinktier!«, rief jemand, und Miranda erkannte die Stimme der alten Granny Johnson. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte sie gelacht. Die alte Frau sagte immer, was ihr gerade in den Sinn kam, und nicht einmal Petrus persönlich hätte sie dazu bewegen können, etwas Gesagtes wieder zurückzunehmen.
    »Was ist das denn für ein christlicher Willkommensgruß«, bemerkte Mike Houghton, nahm endlich seinen Hut ab und enthüllte sein kahl werdendes Haupt. Er presste den Hut in höhnischer Demut an seine Brust und musterte die Gesichter der Anwesenden.
    Miranda suchte Toby - er hatte zuletzt zwischen Jamie und Junebug gesessen und trotzig ausgesehen aber jetzt war nichts von ihm zu sehen. Auch Jamie und Marcus waren, wie sie mit Erschrecken feststellte, plötzlich verschwunden. Ein Blick auf Landry verriet ihr, dass auch er ihre Abwesenheit bemerkt hatte.
    Jacob hatte inzwischen seinen Platz vor dem Kamin verlassen, um Mike Houghton entgegenzugehen. »Setz dich, Bruder, und bete mit uns. Deine Geschäfte hier können warten.«
    »Ich bin gekommen, um meinen Jungen zu holen.« H oughton sah sich um, als hätte Jacob nichts zu ihm gesagt. »Wo ist er?« Er sah Jacob an. »Du hast ihn irgendwo versteckt. Sag mir wo, Prediger, damit ich nichts tun muss, was die guten Leute hier aufbringt.« , Wie auf ein Stichwort erhoben sich jetzt Landry, Tom, Trey, Scully Wainwright und Doc Parrish, um aus allen Richtungen zu kommen und sich neben Jacob zu ; stellen. Auch wenn Miranda sich vor Gewalt fürchtete - daraus war noch nie etwas Gutes erwachsen war sie so stolz wie noch nie, dass Landry ihr Mann war. Auch wenn er es nur vor dem Gesetz war.
    Houghton blieb stehen, rieb sich das Kinn und setzte eine gekränkte Miene auf, als wäre er in Erwartung eines herzlichen Willkommens hierher gekommen und jetzt enttäuscht worden. »Ich will nur meinen Jungen h aben«, sagte er. Diesmal klang er Mitleid erregend, und wenn Miranda die Hintergründe nicht gekannt hätte, hätte er ihr jetzt leidgetan.
    Jacob suchte den Saal in echter Sorge nach Toby ab, und Junebug verkrampfte die Hände im Schoß. Ein Raunen erhob sich unter den Versammelten, als sie erkannten, dass der junge Houghton wirklich verschwunden war, und nur die fünf Männer hinter Jacob b lieben wachsam auf ihrem Posten.
    »Als der Gottesdienst begann, war er noch hier«, stellte Jacob ruhig fest . Er erwiderte Houghtons Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir werden ihn finden, sobald der Gottesdienst vorbei ist.«
    Lange Zeit sahen J acob und Houghton einander an wie ein Erzengel und ein Dämon im Streit um eine Seele. Dann setzte sich Tobys lange verschollener Vater in die erste Reihe. Sue Bellwater rückte steif beiseite, um Platz für ihn zu machen. Die Sonntagshaube verbarg ihr Gesicht, aber Miranda konnte sich denken, dass sie ihren Sitznachba rn nicht willkommen hieß.
    Das Lied wurde nicht beendet, und Jacob begann mit der Predigt; aber die Leute waren so gespannt, was Mike Houghton jetzt tun würde, dass sie Jacob nicht zuhörten. Landry und die anderen blieben, wo sie waren, als Jacob gezielt über die Liebe zwischen Abraham und Isaak sprach.
    Miranda hielt weiter Ausschau nach ihren

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