Miranda
seine Brust gedrückt hatte.
6
Miranda brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass der Mann, der am Fußende des Bettes stand, nicht Landry war. Und als sie erkannte, wer es war, fin g ihr Herz an zu rasen. Sie unterdrückte den Drang, sich auf den Ellbogen zu stützen und durch die Dunkelheit zu spähen; besser war es, wenn sie sich schlafend stellte. Dann fiel ihr die Waffe ein, von der Landry gesprochen hatte, und sie bedauerte, dass sie sic h diese Waffe nicht geholt hatte.
»Wo ist ihr Mann?«, fragte Mike Houghton barsch. Er wusste also, dass sie wach war; wahrscheinlich hatte sie vor Schreck heftiger geatmet, als sie ihn gesehen hatte.
»Wie sind Sie hereingekommen?«, fragte Miranda. Sie hatte die Tür verriegelt und alle Fenster überprüft, ehe sie ins Bett gegangen war. Und einen Einbruchsversuch hätte sie gehört.
Houghton kicherte. Er war ein großer, formloser Schatten im Dunkeln, aber Miranda konnte seine Umrisse erkennen und seinen sauren Atem riechen, der nach Alkohol stank. »Ich bin durch den Kartoffelkeller gekommen«, antwortete er mit einem gewissen Stolz. »Und jetzt frage ich noch mal: Wo ist dieser Mann von Ihnen?«
Miranda netzte ihre Oberlippe mit der Zunge und versuchte, Zeit zu gewinnen. Sie wusste, dass sie ein großes Problem hatte, aber ihre eigentliche Sorge galt dem kleinen Jesaiah. »Er ist unterwegs, um seine Söhne zu suchen«, sagte sie schließlich, als sie Angst bekam, der Eindringling könnte noch näher kommen. »Ich nehme an, dass er jeden Moment zurückkommt.«
Houghton seufzte. Er hatte offenbar gedacht, dass Miranda und Landry seinen Sohn versteckt hielten, vielleicht irgendwo hier im Haus. Womöglich hatte er schon alles durchsucht.
Miranda wunderte sich, dass sie einen so tiefen Schlaf gehabt hatte, denn sonst wurde sie durch den leisesten Piepser von Jesaiah sofort wach. Houghton war ein großer, etwas grobschlächtiger Mann, also hatte er sicher einigen Lärm gemacht. Miranda vermutete, dass die Anstrengung der letzten Tage sie müde gemacht hatte.
»Ich bin es langsam leid, mich mit Leuten wie euch auseinander setzen zu müssen«, sagte Tobys so genannter Vater mit einem leidvollen Seufzer. »Ich setze mich jetzt an den Tisch und warte darauf, dass Ihr Mann nach Hause kommt. Und Sie stehen auf und machen mir etwas zu essen. Ich verhungere bald.«
Miranda war ungeheuer erleichtert, das Houghton nicht vorhatte, sich ihr aufzudrängen, zumindest nicht sofort. Aber sie dachte voller Angst daran, welchen Empfang er Landry bereiten würde, wenn dieser nichtsahnend mit den Jungen im Schlepp hier auftauchte. Da Miranda den unerwünschten Besucher so weit wie möglich von ihrem Baby weghaben wollte, sagte sie mit fester Stimme: »Sie gehen jetzt aus meinem Zimmer und setzen sich an den Tisch. Ich komme gleich nach und mache Feuer.«
Houghton warf einen Blick auf die offene Tür, die Dank Landrys Pflege nicht einmal in den Angeln gequietscht hatte. Dann wandte er sich wieder zu Miranda um, streckte seinen fleischigen Arm aus und drohte ihr mit dem Finger. »Wehe, Sie versuchen irgendwelche Mätzchen!«, warnte er. »Wenn Sie zum Beispiel mit einer Waffe in der Hand durch diese Tür da kommen, dann können Sie was erleben, und Ihr Mann wird nur noch eine traurige Bescherung vorfinden.«
Miranda lief ein Schauer über den Rücken. Sie wusste, dass es ihm ernst war. Sie musste eine Gelegenheit finden, die Waffe aus dem Schrank zu holen, und sie musste sie schnell finden, wenn sie Mike Houghton überwältigen wollte. Landry hatte gesagt, dass sie in einer Kiste lag, aber es könnte gut sein, dass diese Kiste verschlossen war? Schließlich hatte er zwei Jungen im Haus, die beide neugierig waren. Aber wo konnte der Schlüssel sein? »Ich will mir nur etwas Warmes anziehen, es ist so kalt im Haus.«
Sie hörte, wie eine Pistole entsichert wurde, und sah, wie das fahle Mondlicht auf blau-schwarzem Stahl funkelte. »Keine Dummheiten!«, grollte Houghton.
Miranda nickte erschrocken, und Houghton verließ - irgendetwas Unverständliches vor sich hin grunzend - das Zimmer.
Miranda holte ein paarmal tief Luft, um sich zu beruhigen und darüber nachzudenken, was sie jetzt tun sollte. Am Ende fiel ihr nichts anderes ein, als sich etwas anzuziehen, Houghton ein Essen zuzubereiten und darauf zu vertrauen, dass Landry nicht hereingestolpert kam und sich vor ihren Augen erschießen ließ.
Hilfe!, flehte sie innerlich und eilte in ihr Zimmer, um sich einen Morgenrock zu holen,
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