Mirandas Monsterwelt
nicht zu. Er konnte uns nur Näheres über die Verletzungen sagen, mit denen die Frau eingeliefert worden war.
»Da muß ein Irrer gewütet haben. Eine Bestie, ein regelrechtes Raubtier, glauben Sie mir.«
»Haben Sie die Kratzspuren näher untersucht?« fragte Suko.
»Sicher, nur liegt noch kein Ergebnis vor. Ein Fachmann will sich darum kümmern. Wir haben die Schwerverletzte von allen Seiten fotografiert und Großaufnahmen machen lassen. In drei bis vier Tagen kann ich Ihnen mehr sagen, Gentlemen.«
Das brauchte er nicht, denn ich wußte, daß die Frau von einem Werwolf angegriffen worden war. Ihn hatte ich ebenfalls in meinen Träumen gesehen, und daß sämtliche Monstren existierten, bewiesen die Aussagen der Angegriffenen.
Wir bedankten uns bei dem Doc und verließen das Krankenhaus. »Ins Büro?« fragte Suko.
Ich lachte kratzig. »Wohin sonst?«
»Du bist sauer, wie?«
»Wärst du das nicht?« Vor dem Hauptportal waren wir stehengeblieben.
Sonnenlicht spiegelte sich in den großen Glasscheiben. »Hör zu, wir wissen, daß sich irgend etwas über unseren Köpfen zusammenbraut. Daß vier Monstren frei in der Stadt umherirren und jeden Augenblick Menschen anfallen können…«
»Das würde ich nicht so sehen. Ein Vampir und auch ein Werwolf sind Geschöpfe der Nacht, John.«
»Ja, gut.« Meine Stimme klang ägerlich. »Nimm es nicht so genau. Du hast ja recht.«
»Und den Zyklopen würde ich ebenfalls dazu zählen.«
»Abwarten.«
Suko lachte und schlug mir auf die Schulter. »Okay, fahren wir zum Yard und warten die Nacht ab.«
»Willst du bei Dunkelheit durch London fahren und Wache schieben? Vielleicht hast du Glück und begegnest einem Monster, wobei ich die Chancen als sehr gering einstufe.«
»Nein, ich verlasse mich auf dein Kreuz. Denk daran, daß du auch das Bild des Mädchens gesehen hast. Wenn du eine Spur zu den Monstren finden willst, dann nur über die Kleine. Du verstehst?«
»Ja.«
»Dann ist alles klar.«
Ich war mir da nicht so sicher, denn wie sollte ich das mir unbekannte Mädchen finden, von dem ich nur das Gesicht kannte. Okay, ich konnte per Computer nachprüfen lassen, ob die Kleine irgendwann einmal aufgefallen war, aber ich glaubte nicht daran. Nein, da mußte es eine andere Lösung geben. Sie und ich waren Gegner. Davon ging ich aus.
Ich wußte von ihr, so konnte es doch auch möglich sein, daß sie über mich informiert war und mich eventuell auch suchte. Schließlich war ich ein Störenfried. Der eine suchte den anderen, nur mußten wir uns eben finden.
Es hörte sich so einfach an und war doch verdammt schwierig. Ich hatte nicht einmal Lust zu fahren und überließ meinem Freund das Lenkrad.
Auch als Suko den Bentley auf den Yard-Parkplatz hinter dem Haus steuerte, waren wir noch zu keinem Ergebnis gelangt.
Suko sah es meinem Gesicht an, deshalb hielt er sich mit einer Frage zurück.
Als wir im Büro eintrafen, stellte ich Glenda sofort meine Standardfrage:
»Hat jemand angerufen?«
»Ja«, erklärte sie zu unserer Überraschung.
»Und wer?«
»Eine Frau. Oder ein Mädchen, denn die Stimme klang noch verhältnismäßig jung.«
»Name, Adresse.«
»John.« Sie schaute mich vorwurfsvoll an. »Ich habe sie alles das gefragt, aber keine Antwort bekommen.«
»Verdammt. Hat sie sonst noch etwas gesagt?«
»Sie wird wieder anrufen.«
Meine Laune besserte sich. »Wann ungefähr?«
»Hat sie nicht gesagt, aber sie wollte nur mit dir sprechen. Einen gewissen John Sinclair.«
Ich hob die Schultern. »Mal sehen, wann sie wieder anruft.«
»Ich kann dir ja einen Nachmittags-Kaffee kochen, John. Du einen Tee, Suko?«
»Gern.«
Beide bekamen wir unsere Getränke, saßen uns gegenüber, und ich sah Suko Lächeln. »Grins nicht so.«
»Wieso? Ich freue mich, daß es endlich vorangeht.«
»Das ist noch nicht sicher.«
»Glaubst du nicht, daß es das Mädchen gewesen ist, das du im Traum gesehen hast? Eine andere Möglichkeit bleibt nicht. Es muß einfach die Kleine gewesen sein, die dich angerufen hat. Du hast ihr Bild gesehen und bist davon ausgegangen, daß es umgekehrt ebenso gewesen sein könnte. Nun ist der Fall eingetreten.«
»Noch ist es nicht sicher.«
»Wer sollte dich denn sonst anrufen?«
»Na, hör mal. Ich kenne schließlich…«
»Meinen Kaffee, und das reicht auch«, erklärte Glenda, die soeben das Büro betrat. »Möchtest du noch eine Tasse?«
»Nein.«
»Dein Pech…«
Das Telefon meldete sich. Endlich! Ich schnappte so schnell nach
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