Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
ein netter Drache war, flog er sie zum Feld des Bauern Karli Kohlsupp, das am Ende des Dorfes lag, und die Schnecken hatten fortan ihre Mahlzeiten gesichert. Denn das Gemüsefeld des Bauern war so groß, dass er die zwölf Brüder gar nicht bemerkte. Und Miras Salat war gerettet! Dann malte ich eine letzte Szene, in der Klein-Rosalinde Mira ablenkte, damit sie nicht merkte, dass ihr Steindrache noch im Anflug war, denn fliegende Gartendrachen gibt es ja nicht in der Welt der Menschen.
Und so verbrachte ich fortan jede freie Minute dieses Sommers mit dem Zeichnen und Schreiben von Gartenabenteuern für kleine Kinder. Ich dachte dabei an die Drei- bis Fünfjährigen als „Leser“, der kleine Junge aus dem Kindergarten vom Engelfest ging mir dabei durch den Kopf.
Es war ein schönes Jahr für mich. Ich kam mir selbst immer näher.
Im nächsten Winter, als es im Garten nichts mehr zu tun gab, überkam mich das Bedürfnis zu schreiben. Ich wollte alles, was mir an Gutem und Schmerzlichem widerfahren war im Leben, schriftlich festhalten und darüber reflektieren.
Und so griff ich mir mein Netbook, öffnete ein neues Worddokument und schrieb: „Ich bin Melissa Fink und möchte Ihnen eine Geschichte erzählen. Damals, es war ein Montag im Juli und mein 29. Geburtstag, sollte mein Leben sich massiv verändern“ […]
Ausklang
Gegenwart
Ich bin Melissa Winter, geborene Fink und will Ihnen nun, einige Jahre später, das Ende meiner Geschichte erzählen.
Es ist Hochsommer und ich sitze gemütlich unter dem Lindenbaum auf der Gartenbank neben Thaddäus, dem Steindrachen. (Ich könnte schwören, dass er manchmal lächelt, für den Bruchteil einer Sekunde, aber das bilde ich mir sicher ein. So was gibt es doch nun wirklich nicht!) Im Garten spielen unsere kleinen Töchter. Wir haben sie nach „meinen Müttern“ benannt. Hannah, die Ältere, hat rotblondes Haar und blaue Augen. Miranda, dieser kleine Wildfang, ist unsere Zweitgeborene und hat rabenschwarzes Haar und grüne Augen, so wie mein Mann.
Wie ich meinen Mann und somit den Vater meiner Kinder kennen und lieben gelernt habe, ist eine andere Geschichte und kann ein andermal erzählt werden (wenn Sie aufmerksam gelesen haben, dann wissen Sie, wann wir uns das erste Mal begegnet sind – aber die Liebe kam erst später).
Mira und ich wohnten drei wundervolle Jahre zusammen. Nachdem Mira das Zeitliche gesegnet und ihre letzte Reise angetreten hatte, kauften mein Mann und ich das Lindenhaus und renovierten es nach unserem Geschmack. Wir hatten wenig später überraschend geerbt, ein nicht unbeträchtliches Erbe sogar, von einem entfernten Verwandten, der keine eigenen Nachkommen hatte und sein Vermögen meinem Mann hinterließ. So waren wir in der Lage, den Kredit vom Hauskauf abzulösen und auch noch das Grundstück hinter dem Haus dazuzukaufen. Womit wir dieses Glück verdient haben, ist mir bis heute ein Rätsel. Manchmal öffnet Fortuna ihr Füllhorn eben doch! Ich fühle jeden Tag große Dankbarkeit und staune über die Entwicklung, die mein Leben genommen hat.
Mein Mann Robert ist selbständiger Landschaftsgärtner. Das Firmenlogo besteht aus zwei nebeneinander liegenden Kreisen: einem himmelblauen und einem grasgrünen. Dort, wo beide Kreise sich überschneiden, prangt eine blühende Lavendelpflanze. Ich kann sagen, mein Mann trägt mich auf Händen und ich bin eine glückliche Frau und Mutter. Und noch mehr: Ich arbeite freiberuflich als Kinderbuchillustratorin für den Sonnenkäfer-Verlag, wo ich als Sekretärin arbeitete, bevor ich Mutter zweier Töchter wurde. Der Verlag hat übrigens aus meinen „Rosalinde-Gartenabenteuern“ ein echtes Buch gemacht! Es verkauft sich ganz gut.
Hinter dem Haus haben wir einen großen Kräutergarten angelegt und nach Feng Shui-Prinzipien gestaltet, mit allem was ein grünes Gärtnerherz begehrt. Er ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für seine Schönheit. Ich mache für Gruppen Führungen durch den Garten, koche heilende Salben mit meinen Besuchern, stelle Tees zusammen und bringe ihnen die Kräuterwelt und ihre heilenden Kräfte nahe. Über mangelnde Arbeit kann ich mich wirklich nicht beklagen. Meine Tage sind erfüllte Tage. Ja, ich habe meine Berufung gefunden. Erinnern Sie sich noch an die Tarotkartenlegung, die Mira für mich vor dem Engelfest machte? Es ist alles, alles eingetroffen!
Nur eben etwas anders, wie ich damals dachte. Valerius, den ich immer noch lieb habe wie einen guten
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