Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Workshop Konzept darauf abstimmen kann. Ich denke, Ende November wird er stattfinden.“
Mira nickte zustimmend und dann kümmerten sich beide Frauen mit Hingabe um die Kuchenreste. Als die letzten Krümel vertilgt waren, verabschiedeten sie sich herzlich voneinander, und Mira machte anschließend einen Spaziergang zum Briefkasten.
Wer bist du?
Es war mittlerweile Herbst geworden. Blätter fielen lautlos und bildeten einen bunten Teppich auf dem Asphalt.
Von meinem Fenster aus blickte ich an diesem Sonntagnachmittag mutlos nach draußen in die Oktoberwelt. Bei mir war die sprichwörtliche Luft raus. Ich hatte noch keinen Job gefunden, ich fühlte mich einsam, so wie damals, als ich ein kleines Mädchen war, das um seinen Papa trauerte. In der Redaktion war schlechte Stimmung. Alle waren gereizt, arbeiteten lustlos und Linda führte sich besonders eklig auf. Sie ließ uns wenigstens zweimal am Tag wissen, dass sie einen Vertrag als Medien- und Verlagsfachwirtin in der Tasche hatte und damit in ihre nächsthöhere „Karriereebene“ aufsteigen würde.
Ich zog in Erwägung, mir einen Zwerghasen zu kaufen. Aber ließ sich denn die Zeit zurückdrehen? Würde ich dasselbe Trostgefühl verspüren können, wie ich es damals bei Wölkchen hatte?
„Ach, Kinderkram“, wies ich mich selber zurecht. „Ich muss nur meinen Hintern endlich hochkriegen, das ist alles.“
Doch diese spärliche Aufmunterung motivierte mich auch nicht. Es waren hohle Worte, ohne Kraft.
Mein Handy summte und gab ein Signal. Eine SMS von Valerius! „Möchte meinen Engel wiedersehen. Call me!“
Ich brauchte nicht lange überlegen, ich wollte nichts lieber als das und drückte die Kurzwahltaste.
Eine gute halbe Stunde später spazierten wir Hand in Hand durch den Stadtpark. Was Ansgar vor einiger Zeit so rüde unterbrochen hatte, holten wir nun mit Hingabe nach. Wir standen am Rande des Parksees unter den mächtigen Ästen einer sehr alten Trauerweide, vor den Augen anderer Spaziergänger weitgehend verborgen. Wenn sich unsere Lippen mal voneinander lösten, dann flüsterte Valerius mir die süßesten Kosenamen in mein Ohr. Ich weiß nicht, wie lange wir dort standen, war es ein Moment, war es eine kleine Ewigkeit? Es war außerhalb der Zeit! Nur er und ich. Und die Weide war Schirmherrin unseres Liebesgeflüsters. Daraus bestand unser Universum, und es war vollkommen.
Der Zauber brach wieder, aber diesmal sanft, durch das Lachen und Kreischen dreier kleiner Kinder, die erwartungsfroh mit Tüten voller Entenfutter über den Rasen zum Seeufer liefen. Ihre Eltern folgten mit einem vierten Kind in der Karre. Der Vater zwinkerte uns wissend zu, während die Mutter vorgab, uns nicht bemerkt zu haben und ihre Kinder ermahnte, sich nicht zu weit an den See heranzuwagen.
Valerius und ich gingen langsam mit ineinander verschränkten Händen über die Wiese auf den Weg zurück. Es wurde allmählich kühl und wir machten uns auf den Heimweg zu mir, weil Valerius mit Eltern und Schwestern eine Wohnung teilte, solange er für sein Studium sparte.
Zuhause angekommen, kochte ich uns eine große Kanne Schwarzen Tee von der „Friesenmischung“, die Mutter mir aus Sylt mitgebracht hatte. Ich zündete einige Kerzen an, holte Kekse aus dem Schrank und dann kuschelten wir uns auf das Sofa und genossen die Wärme, die wir einander durch unsere Nähe gaben. Ich spürte bei dem Gedanken, er würde wieder fortgehen, einen leisen, ziehenden Schmerz in meiner Magengegend. Ich wünschte mir, er bliebe für immer an meiner Seite.
„Valerius, ich weiß so wenig über dich, erzähl mir doch bitte von dir. Was machst du gerne und wovon träumst du? Was ist dein Ziel?“
Valerius lachte. „Ich küsse dich gerne, ich träume davon, dich wieder und wieder zu küssen, und mein Ziel ist, der Einzige in deinem Herzen zu sein.“
Ich gab ihm einen kleinen Kuss und blickte ihn dann gespielt streng an: „Mein lieber Herr Mergenthaler, du hast meine Fragen nicht beantwortet.“
„Doch, habe ich. Ganz ehrlich sogar. Aber abgesehen von deinen weichen roten Lippen habe ich tatsächlich noch einige andere Ziele. Das wichtigste ist mein Studium in Australien. Ich will zuerst den Bachelor of Science in Meeresbiologie machen. Vielleicht schreibe ich irgendwann auch eine Doktorarbeit. Das ist mein großer Traum. Dann will ich die Tropischen Meere und das Leben in ihnen studieren und sie schützen lernen. Im Februar beginnt das erste Semester. Die Uni liegt in
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