Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
an den Oberarm. „So, du findest mich also zu dick? Na warte!“
„Gnade! Lass mich ausreden! Du hast ein ganz schönes Gewicht, obwohl du schlank bist!“ Valerius lachte mich herzlich aus. „Es ist so leicht, dich in Wut zu versetzen, die alte Frau hat wirklich Recht, wenn sie sagt, du solltest lernen, dich zu zügeln. Andererseits mag ich es, wenn du wütend wirst. Deine Nase kräuselt sich dann und du hast so viel Feuer in den Augen. Du bist einfach entzückend.“
Ich strich mir verunsichert über den Nasenrücken. War das wirklich so, meine Nase wurde kraus?
„Was ich also sagen wollte: Mira hat eine Vision gehabt damals, sie betraf eigentlich weniger mich als meine Familie. Es ist unglaublich, was da zutage kam! Ich habe einen verstorbenen Bruder, von dem ich gar nichts wusste. Meine Mutter hatte das verschwiegen, sogar vor meinem Vater. Kannst du dir das vorstellen?“
„Ich nehme an, sie hat ihre Gründe gehabt?“
„Sicherlich. Aber wer weiß, was sie noch verschweigt“, meinte ich nachdenklich.
Sollte ich ihm von Hardy erzählen? Ich fühlte mich nicht wohl bei diesem Gedanken und beschloss, nichts zu erzählen, es sei denn, er würde mich direkt fragen, ob ich schon feste Beziehungen gehabt hatte. Zum Glück hatte ich seine Sachen alle weggeräumt, so konnte Valerius nicht merken, dass ich hier bis vor einiger Zeit mit einem Mann gelebt hatte.
Ich schenkte uns Tee nach und kuschelte mich dann wieder bei Valerius ein. Nur die Gegenwart zählte!
Es war Herbst. Ende Januar schon würde er fortgehen, um ein neues Leben zu beginnen am anderen Ende der Welt. Ich hatte die Liebe meines Lebens gefunden, nur um sie wenig später wieder gehen lassen zu müssen. Meine Augen wurden feucht, ich konnte es nicht ändern. Warum war das Leben so gemein zu mir?
Von Beichten und Brücken
Es war soweit! Ich packte meine Siebensachen, lud sie ins Auto und fuhr zur Wohnung meiner Mutter, die jetzt offiziell meine Mietwohnung sein würde. Den Schlüssel zur alten Wohnung schickte ich Herrn Riemann per Einschreiben mit Rückschein, mit der Anmerkung, dass noch einige persönliche Gegenstände von Herrn Nickel in der Wohnung seien. Ich würde mich ganz bestimmt nicht darum kümmern und schon gar nicht um eine Renovierung!
Meine Mutter hatte sich gestern von mir verabschiedet und war jetzt schon seit einigen Stunden unterwegs nach Sylt mit einem kleinen, gemieteten Möbelwagen. Vor ihr lagen über 900 km Autobahn und Landstraße! Es war mir eine Beruhigung, dass sie sich einen Beifahrer gegen Bezahlung engagiert hatte, mit dem sie sich am Steuer abwechseln konnte. Ich denke, für uns beide war es ein seltsames Gefühl, dass künftig diese große räumliche Entfernung zwischen uns liegen würde. Immerhin war sie dort an ihrem neuen Wohnsitz nicht alleine. Tante Ursula und Onkel Walther würden sie schon auf Trab halten, da brauchte ich mir keine Sorgen zu machen. Aber dennoch, es war für meine sonst eher ängstliche und traurige Mutter ein untypisches Verhalten. Vielleicht waren meine Sorgen unbegründet?
Ich hoffte auch, dass mein ungutes Gefühl, was meinen Einzug in Mutters Wohnung anging, nur auf Stress zurückzuführen war. Irgendwie stimmte zwischen mir und der Wohnung „die Chemie nicht“. Aber nun war es zu spät, mir darüber groß Gedanken zu machen.
Die Zeit verging so schnell. Valerius und ich verbrachten jedes Wochenende miteinander. Wir hatten so viel Spaß, es war eine herrliche Zeit und manchmal gelang es uns zu vergessen, dass sie bald vorüber sein würde. Wie sollte es mit uns weitergehen? Hatte unsere Beziehung eine Zukunft? Würde die immense räumliche Entfernung uns auch innerlich voneinander entfernen?
Es war ein Freitagabend, ich bereitete gerade das Abendessen für später vor. Valerius würde heute von mir sein Lieblingsessen bekommen: Pfannkuchen mit Ahornsirup, Orangenzesten und gerösteten Nüssen. Zu meiner großen Erleichterung war es ein einfaches Gericht, das selbst ich hinbekommen konnte. Ich war nun mal keine so begnadete Köchin wie Mira.
Als es an der Tür schellte, legte ich den Rührlöffel an den Rand der Teigschale und ging zur Tür. Es war ungewohnt früh für Valerius, eigentlich musste er noch arbeiten. Er fuhr jetzt bis zum Jahresende ein Taxi. Hatte er seinen Schlüssel liegen lassen, oder warum machte er die Tür nicht selber auf?
„Ich komme schon!“
Ich öffnete mit Schwung die Tür und sah nur rote Rosen. Eine Männerhand hielt mir
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