Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Welt! Ich habe für Sie einen eigenen Fernseher mitgebracht.“
Er trug ihn in die Ecke auf eine flache Kommode und begann geschickt, mit den Kabeln zu hantieren.
„Wissen Sie, das Haus ist alt, aber die Elektrifizierung einigermaßen neu. Darum kann man hier oben auch Fernseher und Radio ans Kabel anschließen. Ah, soll ich Ihnen den DVD-Player auch gleich anschließen?“ Er wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern schritt zur Tat. „Sie könnten sogar einen PC hier aufstellen und über einen Router ins Internet gehen, alles kein Problem, aber ich weiß von Mutter, dass Sie ein Netbook mit Surfstick haben.“ Er grinste in sich hinein. „Sie hat das natürlich anders ausgedrückt: Melissa hat einen Computer mit einem funkenden Internet-Stab. Ich könnte mich jedes Mal beömmeln, wenn ich so was von ihr höre.“
Ich lachte amüsiert über diese Wortschöpfungen von Mutter und Sohn. „Ihre Mutter ist echt ´ne Marke! Ich mag sie sehr. Das ist wirklich bemerkenswert, dass sie in ihrem Alter noch gelernt hat, überhaupt mit einem PC umzugehen. Sie hat mir erzählt, dass Sie ihr alles beigebracht haben.“
„Ja, das hält den Geist frisch. Außerdem hatte sie so immer einen Ansprechpartner. Ich kann zwar nicht oft hier sein, aber wir halten ständig Kontakt, so kann ich immer helfen oder für externe Hilfe sorgen. Apropos: Auf dem Küchentisch liegen eine Einkaufsliste und 100 €. Das sollte für die ersten Tage reichen. Danach fahren Sie meine Mutter bitte zur Sparkasse, wenn Geld benötigt wird. Ich habe auch die Summe, die wir für Ihre Dienste vereinbart haben, auf Mutters Konto überwiesen. Sie kann sie dann auszahlen. Mit der Katze kommen Sie doch klar, oder? Futter und Streu finden Sie in der Vorratskammer, auch einen Transportkorb, falls die Kleine mal zum Tierarzt muss. Tja, ich glaube, ich habe an alles gedacht… fällt Ihnen noch was ein?“
Ich schüttelte verneinend den Kopf. „Alles Weitere wird sich schon ergeben. Ich habe ja auch Ihre Handynummer. Machen Sie sich keine Sorgen, Ihre Mutter ist bei mir gut aufgehoben.“
Markus schaute auf seine Uhr, es wurde Zeit, dass er sich auf den Weg zum Flughafen machte. „Ich schicke Ihnen noch eine SMS, wann genau Mira entlassen wird und nach Hause kommt. Bitte heizen Sie gut ein, sie friert so leicht. Die Krankenschwester von der Diakonie wird dreimal am Tag kommen, der Arzt wird auch häusliche Krankengymnastik rezeptieren. Die Termine müssen noch organisiert werden. Die Blutdrucktabletten gehen bald zur Neige, habe ich gesehen und…“
Ich unterbrach ihn lächelnd. „Markus! Ich schaff das schon, gehen Sie ruhig. Mira kann mir sicher selber sagen, was sie braucht und will. Ich werde für sie sorgen, als sei sie meine eigene Mutter – oder Großmutter. Sie verpassen noch Ihr Flugzeug!“
„Sie haben Recht, ich sollte mehr Vertrauen haben, dass alles wieder gut wird für Mutter. Vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, Melissa. Mutter wird wissen, warum sie gerade Sie im Haus haben will und nicht jemanden von den Engelfreunden, wie ich angenommen hatte. Ich fahr dann mal. Auf Wiedersehen!“
„Gute Reise!“
Markus Mertens verließ nun das Haus und fuhr mit seinem Mercedes davon. Und ich kochte mir einen heißen Kakao und machte es mir dann auf dem Bett gemütlich mit der neuen DVD von den „True Gregorian Singers“. Ich liebte diese Musik! In dieser Nacht gehörte das Haus mir allein.
Aus der Küche kommend hatte ich mir noch das Buch „Lebenslicht“ aus dem Regal in der Diele gefischt und die Treppe mit hochgenommen. Ich wollte es weiterlesen, so lange ich noch Zeit und Ruhe hatte.
Als ich meinen Becher ausgetrunken hatte und die Musik verklungen war, schlug ich das Buch auf und suchte die Stelle, an der ich damals aufgehört hatte zu lesen. Ich fand sie recht bald:
Seine letzten Worte waren:
„Ich kann nicht mehr.“
Die Pflegerin des Hospizes brachte eine Kerze und zündete sie an, meine Freundin öffnete nach altem Brauchtum die Terrassentür, damit die Seele "leichter aufsteigen könne". Ich küsste seine Lippen und seine Stirn. Ein allerletztes Mal. Dann zogen wir ihm seine Lieblingskleidung an, hängten seinen Beutel mit den Heilsteinen um seinen Hals und legten in seine Hand eine Engel-Figur. Er sollte mit Martin zusammen in den Himmel fliegen.
Ich las, dass Mira von den Tagen vor der Beerdigung berichtete, von der harten Zeit danach und wie unwirklich alles für sie war. Sie beschrieb die Taubheit im Inneren,
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