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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fenster. Links neben ihm stöhnte jemand leise, von der rechten Seite kam ein penetrantes Schnarchen. Bronstein realisierte, dass er sich in einem Krankenhaus befand. Er versuchte, den Kopf zu heben, doch rasende Schmerzen ließen ihn sofort von diesem Vorhaben Abstand nehmen.
    »Ah, wer kommt denn da wieder zu sich? Guten Morgen, Herr Oberleutnant.«
    Guten Morgen? Wie lange lag er schon da?
    »Sie waren ganz schön lange weg! Gestern um 4 hat man Sie eingeliefert. Jetzt ist es schon bald wieder Mittag. Aber bitte, diese Kommunisten haben Sie auch ganz schön zugerichtet. Sie können von Glück reden, dass nichts gebrochen ist. So kommen S’ mit einer mittleren Gehirnerschütterung davon. In zwei, drei Tagen sind S’ wieder auf dem Damm.«
    Das waren nicht die Kommunisten gewesen, schoss es ihm durch den Kopf, doch er schaffte es nicht, diesen Gedanken zu verbalisieren. Ein kaum hörbares Röcheln war der einzige Laut, den er zustande brachte. Die Krankenschwester tätschelte behutsam seinen Unterarm: »Jetzt gehen wir es einmal ruhig an, gelt, Herr Oberleutnant? Schlafen S’ Ihnen nur ordentlich aus, dann wird alles wieder gut.«
    Alles wieder gut? Wie konnte alles wieder gut werden, wenn er hier ans Bett gefesselt war, während er immer noch nicht wusste, wo sich Jelka befand und wie es ihr ging? Er durfte keine Zeit verschwenden, musste sofort das Spital verlassen, um sich … auf die Suche … nach Jelka … zu machen.
    In Panik riss er die Augen auf. Er konnte rein gar nichts erkennen. Erst allmählich registrierte er ein paar Kontraste. Endlich konstatierte er, dass im Raum nur eine einzelne Funzel brannte, die gegen die Dunkelheit der Nacht keine Chance besaß. Wenigstens waren seine Kopfschmerzen deutlich geringer geworden. Er schaffte es, sich aufzurichten, und saß eine kleine Weile aufrecht im Bett, ehe ihm bewusst wurde, dass er zu einer solchen Stunde ohnehin nichts ausrichten konnte. Also legte er sich wieder hin und beschloss, bis zum nächsten Morgen zu warten.
    Die Wanduhr am Ende des Zimmers zeigte fünf Minuten nach sieben Uhr, als er erneut erwachte. Er fühlte sich merklich besser und riskierte es, sich aus dem Bett zu erheben. Wie er war, begab er sich auf den Flur und hielt nach einer Toilette Ausschau. Dann ging er zum Schwesternzimmer und verlangte seine Effekten.
    »Aber Sie können nicht gehen, Herr Oberleutnant. Sie brauchen noch Ruhe!«
    »Ach was, mir geht’s gut. Ich hab’ schon genug Zeit verplempert mit dem Blödsinn da. Geben S’mir einfach mein G’wand, und ich entlass’ mich selbst.«
    Die Schwester hatte seinem fordernden Ton nichts entgegenzusetzen, und so hielt sie ihm einfach wortlos den Revers unter die Nase, den Bronstein unterschrieb, ohne den Text des Dokuments zu lesen. Zehn Minuten später stand er auf der Straße und ließ sich von einer Mietdroschke ins Präsidium fahren.
    »Ja, Oberleutnant! Dich gibt’s noch! So eine Freud’!« Pokorny schien ehrlich begeistert, seinen Vorgesetzten vor sich zu sehen. »Wir haben schon g’laubt, du schwimmst die Donau abwärts, und die Rumäner fischen dich beim Eisernen Tor aus dem Wasser.«
    »Weißt eh, Unkraut vergeht ned«, replizierte Bronstein knapp, um dann sofort zur Sache zu kommen. »Vorgestern. Diese Demonstration da. Hörlgasse und so. Was wissen wir d’rüber?«
    »Ned viel eigentlich«, maulte Pokorny, »20 Tote, 80 Verletzte auf Seiten der Kommunisten, keinerlei Verluste auf unserer Seite. Die Demokratie hat auf der ganzen Linie gewonnen. Ich sag’ dir, jetzt geht’s nur mehr aufwärts, wo wir die Extremisten von rechts und links … Sag’, warst du da vielleicht auch dabei?« Pokorny realisierte erst jetzt, warum sein Chef einen ganzen Tag abgängig gewesen war. Doch Bronstein verspürte nicht die geringste Lust, seinem Mitarbeiter die ganze lange Geschichte zu erzählen. Die Information, es seien 20 Menschen getötet worden, ließ ihn erneut in Panik ausbrechen.
    »20 Tote? Weiß man auch, wer das ist?«
    »Ja, klar, die liegen alle in der Sensengasse. Da …«
    Bronstein hörte nicht mehr hin. Er stürzte zum Telefon und ließ sich mit Ferdinand Strakosch, der Institution der Wiener Gerichtsmedizin, verbinden. »Servus, Ferdl. Du, ich hab’ eine ganz wichtige Frage an dich: bei den Toten von vorgestern, ist da eine junge Rothaarige dabei?«
    Strakosch verzichtete darauf, die Frage Bronsteins einer inhaltlichen Bewertung zu unterziehen, denn der gehetzte Tonfall seines Gesprächspartners überzeugte

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