Mischpoche
Überblick, wie viel der Täter überhaupt mitgehen hat lassen?«, wurde Bronstein wieder sachlich.
»Nach Meinung der Herrschaft fehlt eigentlich nicht viel. Der ganze Schmuck von der gnädigen Frau, der was an sich schon eine Lawine wert ist. Aber sonst nichts. Vor allem hat der Täter das Geldversteck ned g’funden. Aber das dürfte eben damit zusammenhängen, dass er von der Sevcik erwischt worden ist.«
Also doch Schmuck! Aber hätte Deutsch den Einbruch begangen, dann wäre das Diebesgut sicher irgendwo im Café Klein aufgetaucht. Und die Hausdurchsuchung, die Bronstein gleich nach der Verhaftung von Deutsch hatte durchführen lassen, war ergebnislos geblieben. Auch in seinen üblichen Verstecken herrschte, wie sich zeigte, gähnende Leere. Wenn Deutsch die Sore nicht einfach weggeworfen hatte, dann wäre sie irgendwo zutage getreten. Und dass man nicht fündig geworden war, das sprach ebenfalls für Deutschs Unschuld.
»Wie g’sagt, ich glaub nicht, dass er es war. Wir sollten auch noch in andere Richtungen ermitteln.« Bronstein überlegte kurz. »Das mach ich selber. Den Deutsch kastelt ihr mir ein. Der bleibt vorerst da.« Dann blickte er auf die Uhr: »Heut’ geht eh nix mehr. Machen wir Feierabend, meine Herren. Und morgen schau ich mir dann selber die Sperlgasse an.«
Am nächsten Morgen schlenderte Bronstein, bewaffnet mit einer Fotografie der Sevcik, durch die Kleine Sperlgasse. Wer, so fragte er sich, mochte die Haushälterin gekannt haben? Nun, andere Haushälterinnen, mutmaßte er. Vielleicht auch die Geschäftsleute, bei denen sie für ihre Herrschaft einkaufte.
Die Milchfrau zum Beispiel. Die war sicher eine gute Adresse. Solche Leute waren in der Regel immer gut informiert. Bronstein sah sich um und fand einen Milchladen genau gegenüber von Sevciks letzter Wohnstätte. Kurz entschlossen trat er ein und zeigte der Dame hinter der Budel das Foto.
»Kennen S’ die?«
»Die Gitti. Aber sicher. Die hat zehn Jahr‹ bei mir einkauft. Grausliche G’schicht‹, ich sag’s Ihnen. Direkt weinen könnt’ man.«
»Sehen S’, ich hab da ein Problem, das ein bissl heikel ist. Mein Chef ist absolut davon überzeugt, dass ein alter Griasler die Gitti g’macht hat. Jetzt kenn ich den ein bissl, und ich denk’ mir, der war’s nicht. Aber ich kann ihm ned helfen, wenn ich nicht irgendetwas über die Gitti da herausfind‹, was die G’schicht‹ in einem anderen Licht erscheinen lasst. Verstehen S’ das?«
Die Milchfrau machte ein mitfühlendes Gesicht: »Was wollen S’ wissen, Herr Inspektor?«
Bronstein war erstaunt: »Woher wissen S’ …?«
»Sonst täten S’ ned so fragen! Alsdern, wonach suchen S’?«
»Nun ja, zuerst einmal: wie war das Verhältnis zwischen der Frau Sevcik und ihrer Herrschaft?«
»Korrekt, würde ich sagen. Sie hat jedenfalls nie ein schlechtes oder auch nur abfälliges Wort fallen lassen über den alten Herrn. Die Frau Gemahlin dürft’ ein bissl hantig sein, aber ned bösartig, wenn S’ wissen, was ich mein’.«
»Ja. Versteh‹ schon. Und, sagen S’, wissen S’, was die Frau Sevcik g’macht hat, wenn’s ihren freien Tag g’habt hat?«
»Jo mei, was man halt so macht in unseren Kreisen. In d’ Lichtspiele. Oder ins Kabarett. Hie und da zum Heurigen. So Sachen halt.«
»Und mit wem is’ sie da hing’gangen? Mit einer Freundin? Oder war sie allein unterwegs?«
Die Milchfrau schien mit sich zu kämpfen. Doch dann gab sie sich einen Ruck. »Früher ist sie immer mit der Fanni Franta ausg’gangen. Das ist die Haushälterin vom alten Vavrinek, drüben in der Hollandstraße. Aber seit drei Monat’ hat’s einen Gschamsterer g’habt, die Gitti. Überglücklich war sie, und die ganze Zeit hat’s grinst wie ein frischlackiertes Hutschpferd. Jo mei, ich sag’ Ihnen das ja nur, weil des ein unguter Patron ist, dem was die Gitti da aufg’sessen ist. Der hat sie nach Strich und Faden ausg’nutzt, wenn S’ mich fragen. Den sollten S’ Ihnen einmal anschauen. Ich glaub ned, dass der ganz koscher ist, der Filou, der.«
Bronstein merkte auf: »Aha. Und wissen wir auch den Namen dieses Hallodris?«
»Na, eh klar. Wickerl Koller heißt er. Angeblich ist er Marqueur im Café Dogenhof. Aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass er schon seit Monaten arbeitslos ist. Und davor war er ned im Dogenhof, sondern im Klein. Und man weiß ja genau, was dort für Leut’ verkehren.«
»Die Adress’ von dem Koller wissen S’ ned zufällig auch
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