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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Dabei zeigte Bronsteins Gegenüber nach links.
    So ein Topfen! Wenn da wirklich gerade ein Mörder geflüchtet wäre, dann hätte ich ihn sehen müssen, sagte sich Bronstein. Ein plumpes Ablenkungsmanöver. Natürlich hatte der alte Trottel selbst geschossen. Die Prinzessin wollte ihn abservieren, und das hat er nicht verkraftet, der Schmalspur-Casanova.
    »Na, so helfen S’ mir doch!«, belferte der mutmaßliche Mörder und schickte sich an, in die von ihm angezeigte Richtung zu entschwinden. Doch Bronstein war schneller. Blitzschnell packte er den Mann am Oberarm und riss ihn zurück. Dieser war zwar einige Jahre älter als Bronstein, aber er war offensichtlich weitaus sportlicher. Eine kurze Bewegung, und schon hatte er sich wieder losgemacht. Doch die unvorhergesehene Intervention erschwerte es dem Täter, schnell genug Geschwindigkeit aufzunehmen. Bronstein hechtete nach vor und umfasste seinen Gegner nun mit beiden Händen. Dazu schrie er laut: »Mord! Mord! Zu Hilfe! Zu Hilfe!« Mit immer grimmerer Wut versuchte der Gigolo, sein lästiges Gepäck abzuschütteln, Bronstein machte sich schwer und ließ die Knie einsinken, in der Hoffnung, den Bösewicht so zu Boden zu ziehen. Tatsächlich wurden dessen Schritte unkoordinierter, fahriger. Bronstein beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Er ließ los und stieß im Fallen mit beiden Fäusten in das Knie des Flüchtigen. Der verlor das Gleichgewicht. Bronstein umklammerte nun das rechte Bein des Widersachers und zog es mit aller Kraft nach hinten. Endlich kam der Taumelnde zu Fall. Behände war Bronstein über ihm und begann, dessen Nieren mit Faustschlägen zu traktieren. Als der Widerstand des anderen erlahmte, robbte er auf ihm nach vorn, packte den Kopf, hob ihn schnell an und donnerte ihn dann mit aller Wucht auf die Dielen. Dann brachte er sich in eine sitzende Position.
    Bronstein schnaufte durch. Aus dieser Fesselung entkam der Mörder nicht. Und das anschwellende Stimmengewirr sagte ihm, dass nun endlich Verstärkung kam. Er hatte es geschafft, er hatte einen Mörder gestellt.
     
    Zwei Stunden später saß der Schütze, ein pensionierter Rittmeister mit Namen Felix Gartner von Machtenhofen, wie ein verschüchtertes Häuflein Elend in einem Verhörzimmer auf der Elisabethpromenade. Bronstein und Pokorny beobachteten ihn durch die verspiegelte Wand und tranken Kaffee.
    »Wann willst ihn denn vernehmen?«
    »Ein bissl lass‹ ich ihn noch dunsten. Damit er schön mürb’ wird. Hamma noch einen Kaffee?«
    »Aber sicher.«
    Während er sich eine Zigarette anzündete, schlug er den Aktendeckel noch einmal auf, der alles enthielt, was behördlicherseits zu Gartner zu sagen war. Der Mann war ziemlich genau fünf Jahre älter als Bronstein und hatte ursprünglich die Offizierslaufbahn eingeschlagen. Sonderlich weit war er freilich nicht avanciert, denn während des großen Krieges diente er als Rittmeister in der Etappe. Zuvor war Gartner ein echter Herrenreiter gewesen, hatte er doch der österreichischen Kavallerie angehört. Bronstein konnte sich bildlich vorstellen, wie Gartner an der Sirkecke in seiner schmucken Uniform auf und ab paradiert war und Ausschau hielt nach einem Wäschermädel, dem er den Kopf verdrehen konnte. Wie alle Offiziere war er wohl bald in einem Schuldenberg versunken, und so flüchtete er noch vor dem Krieg in eine ertragreiche Ehe. Als das Vermögen durchgebracht war, verstieß der kaiserliche Reiter seine Frau und heiratete auf’s Neue. Wieder Geld.
    Doch irgendwann stand er wieder vor dem Bankrott. Ob Gartner das Geld der zweiten Gemahlin versoffen, verhurt oder einfach nur verspekuliert hatte, darüber wusste der Akt keine Auskunft zu geben. Fakt aber war, dass Gartner zweifach geschieden war, ehe er sich mit beinahe 50 Lenzen an die junge ägyptische Schönheit herangemacht hatte. Nun war nur mehr zu klären, warum er die Prinzessin ermordet hatte. Aber Bronstein war sich ziemlich sicher, auf diese Frage bereits die Antwort zu kennen.
    Er schloss geräuschvoll den Aktendeckel und blickte auf die Uhr, die über der Tür angebracht war. Es ging gegen Mitternacht. Er stellte den Kaffee ab, dämpfte seine Zigarette aus und sah Pokorny mit einem leichten Augenzwinkern an: »Also. Gemma’s an.«
    Sie öffneten die Tür zum Verhörzimmer, wo Gartner auf ihr Eintreten gehetzt aufsah. Bronstein blieb am Eingang stehen, während Pokorny sich zum Fenster begab, wodurch er direkt hinter Gartner Aufstellung genommen hatte. Der drehte

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