Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
Entfernung darauf gelandet sein, nicht aus
kniender oder kauernder Position.«
»Hmmm. Man hat ihn bewußtlos geschlagen, nehme ich
an.«
»Nicht unbedingt. Die Auswirkungen in dem Augenblick
selbst können ganz unbedeutend gewesen sein. Eine An- schwellung im Schädel selbst, eine Blutung, möglicherweise
ein Gerinnsel, hat ihn umgebracht.«
»Dann hat sein Angreifer vielleicht gar nicht gewußt, wie
schwer sein Opfer verletzt war.«
»Es würde mich überraschen, wenn sich DeLancey nicht ziemlich groggy gefühlt hat«, sagte der Arzt. »Gehirnverlet- zungen sind jedoch eine merkwürdige Sache. Es ist genauso- gut möglich, daß er aufgestanden und einfach weggegangen ist.«
DeLancey hätte also gut aus eigener Kraft vom Bootshaus zurück ins Haus finden können. »Gibt es sonst noch etwas, was ich bedenken muß?« fragte Alec. »Ach so, noch eins. Werden Sie die gerichtlich angeordnete Untersuchung der Todesursache durchführen, Sir?«
»Wenn Sie das möchten. Ich glaube kaum, daß man sich um die Zuständigkeit für diesen Fall streiten wird, und in Reading habe ich ein gutausgestattetes Institut. Wenn Sie die Leiche heute nachmittag dorthin schicken, dann kann ich mich gleich damit befassen.«
»Je rascher das geschieht, desto besser, würde ich sagen. Es ist schließlich ganz schön heiß. Wenn Sie die Untersuchung machen, könnten Sie dann auch gleich den Coroner vor Ort informieren? Vielen Dank, Herr Doktor.«
Auf dem Weg zum Haus traf Alec den Constable, den er am Telephon zurückgelassen hatte. »Das Polizeirevier hat ge- rade angerufen, Sir«, meldete der. »Also die Polizei von Hen- ley, meine ich. Miss Hopgoods Vermieterin sagt, sie hätte den beiden ein Picknick bereitet, also der jungen Dame und Mr. Bott, und die beiden hätten davon geredet, daß sie einen Spaziergang flußaufwärts machen wollten, in Richtung der Schleuse von Marsh.«
»Die Strecke führt doch weg von der Regatta?«
»Ganz genau, Sir. Die Schleuse ist ungefähr zwei Kilometer oder so von der Brücke weg. Die wollen jetzt wissen, ob je- mand Bott folgen soll?«
Diese Frage bedachte Alec, während sie durch einen Sei- teneingang ins Haus gingen. Er sah nicht, wie Bott von De- Lanceys Tod hätte erfahren können, also gab es gar keinen Grund für ihn, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Es würde auch nichts schaden, vor einer Unterredung mit ihm noch mehr Informationen einzuholen. Die Dinge standen schlecht für den Steuermann. Alec konnte sich vorstellen, daß Frieth oder der junge Fosdyke oder Cheringham sich auf einen Faustkampf einließen, aber jemanden von hinten mit einer Waffe zu attackieren, das entsprach ganz und gar nicht dem Eherenkodex eines Gentleman.
Dennoch hätte er nicht zulassen dürfen, daß Cheringham mit den Mädchen ins Haus zurückkehrte. Damit hatte er reichlich Gelegenheit gehabt, alle erdenklichen Indizien zu vernichten.
»Alec!« Daisy kam auf ihn zu, als er durch den Flur zur Bi- bliothek ging. »Gerade hab ich dich gesucht.«
»Ach, Daisy. Bott wird doch hier zurückerwartet, oder nicht?«
Das war ja eine wirklich liebevolle Begrüßung! dachte sie, während sie praktisch neben ihm herlaufen mußte, um Schritt zu halten. »Ja. Er hat sich Sorgen gemacht, Tante Cynthia könnte von ihm erwarten, daß er das Haus verläßt, weil der Achter ja nicht mehr im Rennen um den Thames Cup dabei ist. Aber natürlich tut sie das nicht.«
»Gut so.«
»Er wollte noch bleiben wegen Miss Hopgood, und weil es unmöglich ist, in der Stadt ein Hotelzimmer zu bekommen. Wenn sie morgen abend nach London zurückfährt, will er wandern gehen und im Zelt übernachten. Aber ich weiß, daß er seine ganze Ausrüstung hiergelassen hat. Leigh hat ihn über den Fluß gerudert – auf dem Treidelpfad ist der Weg kür- zer als auf der Landstraße –, und dann sind die beiden direkt nach dem Frühstück aufgebrochen. Alec, ich …«
»Einen Augenblick noch, Liebling. Die Polizei von Henley erwartet meinen Rückruf.«
Daisy blickte auf ihre Armbanduhr. Es blieben ihr noch ein paar Minuten. Ungerührt hörte sie zu, wie Alec dem dienst- habenden Beamten mitteilte, es sei nicht notwendig, Horace Bott von seinem Ausflug zurückzuholen.
»Aber weisen Sie den für den Bereich zuständigen Bobby bitte an, er soll die Unterkunft von Miss Hopgood im Auge behalten. Und man soll mir Mitteilung machen, wenn die bei- den zurück sind.« Er lauschte in den Hörer, und sein Gesicht entspannte sich. »Am Bahnhof? Sehr gut. Ich hol sie selber ab. Können
Weitere Kostenlose Bücher