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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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scheinen sich ja gar nicht zu bewegen!«
    »Aus dieser Entfernung kommen sie einem wirklich ziemlich langsam vor«, stimmte Tish zu. »Bitte sehr, du bist mal mit dem Fernglas dran, Daisy.«
    Daisy schaute kurz hindurch, stellte es etwas schärfer ein und linste noch einmal hindurch. Da waren sie, die beiden Boote. Sie krochen den Fluß hinauf. Sie schaute zu Phyllis Court hinüber, auf dessen Tribüne noch weniger Menschen standen als hier, und sah sich dann die Flotte kleinerer, überall auf dem Fluß verstreuter Boote an. Rennboote wanden sich zwischen ihnen hindurch stromabwärts zum Start.
    Sie wendete sich wieder der Rennstrecke zu. Deutlich waren jetzt die einzelnen Männer zu erkennen, wie sie sich an den Rudern abmühten. Aus ihrem Blickwinkel war es schwer, Genaueres auszumachen, aber ihr schien, das Boot von Marlow hätte die Nase vorn.
    Die Ambrose-Mannschaft beschleunigte ihren Schlag.
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    Quälend, Zentimeter um Zentimeter, näherten sie sich wieder dem Boot von Marlow.
    Plötzlich, ohne Vorwarnung, beugte sich Bott über den Bootsrand und übergab sich heftig.
    »Ach, um Himmels willen!«
    »Was ist denn?« wollte Tish wissen. »Schau mal, die schlin-gern ja nach links und rechts. Was ist denn passiert?«
    »Die haben die Sperrkette touchiert«, sagte Dottie resigniert, während Daisy Tish das Fernglas reichte. »Das können die doch nie wieder aufholen.«
    »Dem Steuermann geht es ja richtig dreckig«, sagte einer der Männer vom Leander-Club vor ihnen. »So sah am Mitt-woch doch auch einer der Männer von Oriel aus.«
    Der andere nickte. »Die sind wohl wirklich raus – wie tot im Wasser. Verdammt schade. Wie steht’s denn mit dem nächsten Durchlauf?«
    Daisy beobachtete, wie das Boot von Marlow rasch seine hoffnungslos abgehängten Gegner hinter sich ließ. Die Mannschaft von Ambrose hatte sich wieder so weit gefangen, daß sie gegen den Strom ankam – aber nicht besonders erfolgreich. Bald konnte sie mit bloßem Auge erkennen, daß Bott sich im Heck zu einem unglückseligen Ball zusammen-gekrampft hatte. Er hielt wohl das Ruder gerade, während Cherry im Bug den Ruderern die Befehle zurief, so daß sie mehr oder minder in der Spur blieben.
    »Laßt uns zur Ziellinie hinuntergehen«, schlug Tish mit enttäuschter Miene vor. Sie erreichten die am Ufer veranker-ten Anlegestellen im selben Augenblick, als das Boot von Marlow das Ziel passierte. Schwacher Applaus war zu hören, taktvollerweise keine Hurra-Rufe. Marlow hatte es in die nächste Runde geschafft, doch konnte sich die Mannschaft auf diesen Sieg wahrlich nichts einbilden.
    Das Boot von Ambrose kämpfte sich traurig die Strömung hinauf. Gegenwärtige und ehemalige Mannschaftsmitglieder, kenntlich an den weinroten Blazern, kamen heran und äußerten ihr Beileid. Zwei ganz junge Studenten gingen in die 47
    Hocke, um das Boot zu halten, während Rollo das Ausstiegs-manöver kommandierte. Niedergeschlagen kletterten die acht Ruderer heraus. Cherry und Rollo schnitten den Mädchen ironisch-enttäuschte Grimassen.
    Rollo und die Ruderer mit den Nummern drei bis sieben, begleitet von Tish und anderen Zuschauern, machten sich mit den Rudern auf den Weg zu den Gestellen an den Zelten.
    »Nächstes Jahr gibt es ja wieder ein Rennen«, sagte Meredith gelassen.
    »Und du bist ja n-noch mit dem V-vierer dran, Frieth«, trö-
    stete Poindexter seinen Mannschaftskapitän Rollo.
    Bott wurde von allen ignoriert. Er saß im Heck, den Kopf in die Hände vergraben. Viele Menschen hielten das Boot fest, als Cherry auf ihn zuging.
    »Komm schon, Alter. Jetzt ist nichts mehr daran zu ändern.« Er streckte Bott die Hand entgegen. Der nahm die Hilfe an und stieg ungeschickt aus dem Boot. Schwankend stand er auf dem Außenpier, die Augen geschlossen, das Gesicht ohne jede Farbe. »Es war diese ganze Bewegung«, murmelte er, »und die grelle Sonne auf dem Wasser. Ich hab euch doch gesagt, daß ich nicht fit genug bin heute.«
    »Nicht fit!« explodierte DeLancey, der sich mit anderen Männern unterhalten hatte und jetzt herumwirbelte. »Du bist nicht fit genug, um mit Gentlemen zu verkehren, du gräß-
    licher Idiot! Proleten wie dich sollte man gar nicht erst aus ihren stinkigen Hütten lassen.«
    Er drängte an Cherry vorbei und stieß Bott heftig vor die Brust. Der Steuermann kippte rückwärts in den Fluß.
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    4

    Speiend kam Bott wieder an die Wasseroberfläche. Von Panik ergriffen, schrie er: »Hilfe! Ich kann doch nicht schwimmen!«
    Daisy griff sich

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