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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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einer Faust herzurühren.
    »Der Abdruck der einzelnen Knöchel ist aber in neunund-neunzig Prozent der Fälle gut sichtbar«, sagte Dr. Dewhurst und fügte dann vorsichtig hinzu: »Es gibt natürlich das eine Prozent, in dem die Dinge anders liegen.«
    Welche Beule zuerst entstanden war, konnte man nicht
    sicher erkennen. Sie lagen beide an der Seite des Schädels, also nicht oben, vorn oder im Nacken. Die rechte Verletzung befand sich eher oben und hinten, die linke dagegen etwas weiter vorn, aber durchaus noch hinter dem Haaransatz. Letztere machte einen aufgerissenen, abgeschabten Eindruck, obwohl das Blut nach dem Eintritt des Todes in den Hinterkopf gegangen sein mußte.
    »Das muß doch geblutet haben«, sagte Alec.
    »Ja, aber nicht stark. Es ist eher eine Schürfwunde als eine Platzwunde. Das Blut tröpfelt bei solchen Verletzungen nur leicht, ohne zu fließen. Als Arzt sieht man so was, aber bei Laien erregt es keine Aufmerksamkeit. Insbesondere nicht bei so dunklem Haar, da verliert es sich völlig.«
    »Und diejenigen, die ihn an dem Abend erlebt haben,
    schliefen ja noch halb. Das wäre dann also die Sekundärver-letzung, oder was meinen Sie?« schlug Alec vor. »Sieht so aus, als sei er gefallen und dann über eine rauhe Fläche gerutscht.«
    Dewhurst pflichtete ihm bei. »Außerdem ist die Schwellung hier geringer. Als wäre sie durch einen Sturz aus geringer Höhe verursacht, nicht durch einen kräftigen Schlag. Zudem hat er noch einige blaue Flecken an der linken Hüfte und …«
    »Das glaub ich Ihnen gerne, brauch ich mir gar nicht anzuschauen«, sagte Alec hastig, als der Arzt anfing, das Tuch zurückzuziehen. Es fiel ihm schon schwer genug, die Fassung zu bewahren, wenn er den Kopf eines Toten zu begutachten hatte. Da brauchte er nicht noch den ganzen mitleiderregen-120
    den nackten Leichnam zu sehen. Er sog an seiner Pfeife, obwohl diese Leiche, im Gegensatz zu vielen anderen, gar keinen Gegenreiz der Geruchsorgane nötig machte. Gott sei’s gedankt.
    Auch der Doktor paffte seine Pfeife und redete dann, die Pfeife im Mund: »In der zweiten Wunde befinden sich einige winzige Holzsplitter, wie auch in der linken Hand«, bemerkte er.
    »Stammen die von einem Holzboden? Dielen, kein Par-
    kett?«
    »Das müssen Sie wohl herausfinden, Chief Inspector, aber es wäre für mich eine naheliegende Schlußfolgerung. Mir fällt übrigens keine Waffe ein, die solche Spuren hinterläßt. Aber auch das ist Ihre Angelegenheit. Andererseits scheint die rechte Parietal-Verletzung von irgendeinem stumpfem Gegenstand herzurühren, eher flach als abgerundet, würde ich sagen, glatt und nicht rauh. Keine Blutung.«
    »Der Schlag erfolgte also von hinten, ausgeführt von einem Rechtshänder«, schloß Alec.
    »Von hinten und schräg oben.«
    Alec runzelte die Stirn. »Das Opfer ist doch recht groß, oder?«
    »Ein Meter neunundachtzigeinhalb.«
    »Ganz schön. Hatte sich DeLancey gebückt?« Lauerte er im Bootshaus jemandem auf?
    »Blauer Fleck an der Hüfte«, entgegnete Dr. Dewhurst. »Er muß aus größerer Entfernung darauf gelandet sein, nicht aus kniender oder kauernder Position.«
    »Hmmm. Man hat ihn bewußtlos geschlagen, nehme ich
    an.«
    »Nicht unbedingt. Die Auswirkungen in dem Augenblick
    selbst können ganz unbedeutend gewesen sein. Eine An-
    schwellung im Schädel selbst, eine Blutung, möglicherweise ein Gerinnsel, hat ihn umgebracht.«
    »Dann hat sein Angreifer vielleicht gar nicht gewußt, wie schwer sein Opfer verletzt war.«
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    »Es würde mich überraschen, wenn sich DeLancey nicht
    ziemlich groggy gefühlt hat«, sagte der Arzt. »Gehirnverlet-zungen sind jedoch eine merkwürdige Sache. Es ist genausogut möglich, daß er aufgestanden und einfach weggegangen ist.«
    DeLancey hätte also gut aus eigener Kraft vom Bootshaus zurück ins Haus finden können. »Gibt es sonst noch etwas, was ich bedenken muß?« fragte Alec. »Ach so, noch eins.
    Werden Sie die gerichtlich angeordnete Untersuchung der Todesursache durchführen, Sir?«
    »Wenn Sie das möchten. Ich glaube kaum, daß man sich um die Zuständigkeit für diesen Fall streiten wird, und in Reading habe ich ein gutausgestattetes Institut. Wenn Sie die Leiche heute nachmittag dorthin schicken, dann kann ich mich gleich damit befassen.«
    »Je rascher das geschieht, desto besser, würde ich sagen. Es ist schließlich ganz schön heiß. Wenn Sie die Untersuchung machen, könnten Sie dann auch gleich den Coroner vor Ort informieren? Vielen

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