Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
Dank, Herr Doktor.«
Auf dem Weg zum Haus traf Alec den Constable, den er
am Telephon zurückgelassen hatte. »Das Polizeirevier hat gerade angerufen, Sir«, meldete der. »Also die Polizei von Henley, meine ich. Miss Hopgoods Vermieterin sagt, sie hätte den beiden ein Picknick bereitet, also der jungen Dame und Mr. Bott, und die beiden hätten davon geredet, daß sie einen Spaziergang flußaufwärts machen wollten, in Richtung der Schleuse von Marsh.«
»Die Strecke führt doch weg von der Regatta?«
»Ganz genau, Sir. Die Schleuse ist ungefähr zwei Kilometer oder so von der Brücke weg. Die wollen jetzt wissen, ob jemand Bott folgen soll?«
Diese Frage bedachte Alec, während sie durch einen Sei-teneingang ins Haus gingen. Er sah nicht, wie Bott von DeLanceys Tod hätte erfahren können, also gab es gar keinen Grund für ihn, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Es würde auch nichts schaden, vor einer Unterredung mit ihm 122
noch mehr Informationen einzuholen. Die Dinge standen schlecht für den Steuermann. Alec konnte sich vorstellen, daß Frieth oder der junge Fosdyke oder Cheringham sich auf einen Faustkampf einließen, aber jemanden von hinten mit einer Waffe zu attackieren, das entsprach ganz und gar nicht dem Eherenkodex eines Gentleman.
Dennoch hätte er nicht zulassen dürfen, daß Cheringham mit den Mädchen ins Haus zurückkehrte. Damit hatte er reichlich Gelegenheit gehabt, alle erdenklichen Indizien zu vernichten.
»Alec!« Daisy kam auf ihn zu, als er durch den Flur zur Bibliothek ging. »Gerade hab ich dich gesucht.«
»Ach, Daisy. Bott wird doch hier zurückerwartet, oder nicht?«
Das war ja eine wirklich liebevolle Begrüßung! dachte sie, während sie praktisch neben ihm herlaufen mußte, um Schritt zu halten. »Ja. Er hat sich Sorgen gemacht, Tante Cynthia könnte von ihm erwarten, daß er das Haus verläßt, weil der Achter ja nicht mehr im Rennen um den Thames Cup dabei ist. Aber natürlich tut sie das nicht.«
»Gut so.«
»Er wollte noch bleiben wegen Miss Hopgood, und weil es unmöglich ist, in der Stadt ein Hotelzimmer zu bekommen.
Wenn sie morgen abend nach London zurückfährt, will er wandern gehen und im Zelt übernachten. Aber ich weiß, daß er seine ganze Ausrüstung hiergelassen hat. Leigh hat ihn über den Fluß gerudert – auf dem Treidelpfad ist der Weg kürzer als auf der Landstraße –, und dann sind die beiden direkt nach dem Frühstück aufgebrochen. Alec, ich …«
»Einen Augenblick noch, Liebling. Die Polizei von Henley erwartet meinen Rückruf.«
Daisy blickte auf ihre Armbanduhr. Es blieben ihr noch ein paar Minuten. Ungerührt hörte sie zu, wie Alec dem diensthabenden Beamten mitteilte, es sei nicht notwendig, Horace Bott von seinem Ausflug zurückzuholen.
»Aber weisen Sie den für den Bereich zuständigen Bobby 123
bitte an, er soll die Unterkunft von Miss Hopgood im Auge behalten. Und man soll mir Mitteilung machen, wenn die beiden zurück sind.« Er lauschte in den Hörer, und sein Gesicht entspannte sich. »Am Bahnhof? Sehr gut. Ich hol sie selber ab. Können Sie mir sagen, wie ich hinkomme? Und geben Sie mir doch bitte die Telephonnummer dort.«
»Tring und Piper?« Daisy formte die Frage lautlos mit den Lippen, und er nickte. Sie wartete, während er die Nummer aufschrieb und dann das Gespräch beendete, um schließlich zu sagen: »Wenn du in die Stadt fährst, könntest du mich mitnehmen?«
»Wohin denn genau?« fragte er und wählte schon wieder.
»Ich hab einen Termin …«
»Hallo. Hier spricht Detective Chief Inspector Fletcher.«
»… mit einem Freund, der mich …«
»Ganz genau. Sagen Sie den beiden doch bitte, daß ich sie in einer Viertelstunde abhole.«
»… jemandem vorstellen will …«
»Ja, vielen Dank.«
»… nämlich Prince Henry, dem Duke of Gloucester.«
»Wie beliebt, Daisy? Dem Duke of Gloucester?«
»Für meinen Artikel. Wenn ich zu Fuß da hingehe, dann muß ich jetzt sofort aufbrechen. Oder ich muß mich beeilen, und dann wird mir ganz heiß, und ich klebe überall. Rollo meinte, er könnte mich auch fahren, aber vermutlich wirst du ihn hierbehalten wollen. Es ist doch in Ordnung, wenn ich fahre, oder? Ich bin ja schließlich keine Tatverdächtige.«
»Nein?« grinste Alec sie an.
»Nein«, sagte Daisy mit fester Stimme und führte ihn in die Eingangshalle. »DeLancey hat mich nie beleidigt. Schließlich bin ich genauso eine Honourable, wie er einer war.«
»Und dabei noch ehrbarer, will ich
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