Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
Puppen unterwegs, was?«
»O nein, wir sind früh hingegangen. Wir haben bei meiner Wirtin Tee getrunken – High Tea, das hat extra gekostet wie das Picknick auch. Aber ich hab Horace gesagt, ich lad ihn ein. Schadet ja nichts, wenn man sich mal etwas gönnt.«
»Ganz und gar nicht«, stimmte ihr Tring voller Überzeugung zu.
»Also. Nach dem Tee sind wir auf den Rummel gegangen, sind aber nicht lange geblieben, weil Horace ja den ganzen Weg zu Fuß zurück zu den Cheringhams mußte.«
»Wie albern!« sagte Daisy. »Er hätte doch mit uns allen zurückkommen können. Warum hat er denn nichts gesagt, als wir uns auf dem Rummel begegnet sind?«
»Er wollte niemanden um einen Gefallen bitten«, entgegnete Susan voller Würde. »Außerdem wollte er mich zuerst nach Hause bringen. Das ist für ihn besonders wichtig, mich 220
zurückzubringen. Ach, Horace!« In ihren Augen glitzerten Tränen, als sie sich zur reglosen Gestalt im Bett wandte.
»Und er wird Sie noch viele Male in Ihrem Leben nach
Hause begleiten, Miss«, versicherte ihr Tom. Allerdings lag in seiner Stimme mehr Hoffnung als Sicherheit, schien Daisy.
Die Ankunft einer Schwestern-Schülerin mit einem Früh-stückswagen bedeutete für alle Beteiligten eine Erleichterung.
In der Zwischenzeit fuhr Alec zurück in Richtung Crowswood Place. Er hatte sich langsam damit abgefunden, daß Daisy es immer schaffte, ihren Willen durchzusetzen, und auch noch so, daß es ihm vollkommen unmöglich war, dagegen zu protestieren. Ihr Glück, daß er moderne Ansichten über die Ehe als Partnerschaft hatte, dachte er etwas säuerlich bei sich. Ein viktorianischer Paterfamilias hätte sich mit Daisy als Ehefrau wahrscheinlich irgendwann entscheiden müssen, ob er lieber verrückt oder ein Mörder werden wollte.
Aber was ihn wirklich zur Verzweiflung brachte: zugeben zu müssen, daß sie bei den Morduntersuchungen, in die sie sich permanent einmischte, gelegentlich sogar eine Hilfe bedeutete. Wenn sie nicht alle ihre Sinne beisammen gehabt hätte, als sie mitten auf dem Fluß von ihren beiden Begleitern verlassen wurde, dann hätte er nicht die geringste Ahnung, wo nach Botts Angreifer zu suchen wäre.
Es war ein Jammer, daß sie Lord DeLancey nicht erkannt hatte. Aber daß irgend jemand anderes auf Crowswood ein Interesse an Bott hatte, war äußerst unwahrscheinlich.
Andererseits hatten Daisys Überlegungen zum Treffen im Morgengrauen durchaus Hand und Fuß. DeLancey mochte
auf Rache aus sein, aber warum sollte Bott einem solchen Treffen zustimmen? Gut, möglicherweise wollte er DeLancey von seiner Unschuld überzeugen – nur, wieso auf einer ver-lassenen Insel im Morgengrauen? Konnte es sein, daß beide Unterschiedliches im Schilde führten?
Als erstes, so beschloß Alec, war Lord DeLancey dazu zu bringen, seine Anwesenheit auf Temple Island zu gestehen.
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»Ernie, sehen Sie bitte zu, daß Ihre Notizen bei dieser Unterredung möglichst genau sind.«
»Sind sie doch immer, Chief«, sagte Piper beleidigt.
»Dann passen Sie bitte besonders auf. Meine exakten Worte müssen schriftlich vorliegen, damit kein Rechtsanwalt mir vorwerfen kann, ich hätte Lord DeLancey hinters Licht ge-führt. Wenn er das, was ich sage, falsch versteht, dann ist das eben sein Problem.«
Piper grinste. »So ist das also, Chief? Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Notizen. Und wenn Ihnen da was raus-rutscht, muß ich das ja nicht notiert haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Nicht schummeln«, sagte Alec milde. »Wir werden das
schon auf ehrliche Weise hinkriegen. Und wir wollen hoffen, daß wir noch anderswo Beweise finden, wenn ich kein Ge-ständnis von ihm bekomme. Da wären wir also.«
An diesem Morgen war das Tor von Crowswood Place ge-
schlossen. Ohne Schwierigkeiten identifizierte Alec die beiden dubiosen Gestalten davor als Angehörige des Vierten Standes.
Einen kannte er sogar, den Reporter des Daily Graphic. Und leider erkannte der auch Alec.
Der Austin hatte noch nicht einmal ganz angehalten, da stand Dugden schon neben ihm. »Ach, wen haben wir denn da? Chief Inspector Fletcher vom Yard«, sagte er fröhlich und machte eine Photographie, während der andere Mann an seine Seite eilte. »Schon irgendwelche Fortschritte zu vermelden, Chief Inspector? Sind Sie gekommen, um Seiner Lordschaft zu sagen, wer seinen Bruder umgebracht hat?«
»Wenn ich das vorhätte, wäre Seine Lordschaft der erste, der es erführe. Seien Sie so freundlich, Dugden, klopfen Sie
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