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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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dumm.
    Â»Ich weiß gar nicht, was du willst«, sage ich. »Der ist nicht von mir.«
    Und da schläft sein überhebliches Lächeln enttäuscht ein.
    Beim Mittagessen bin ich geschafft, als läge ein 20-Stunden-Tag hinter mir. Ich bin früher fertig als meine Freundinnen und muss allein essen. Und nicht mal der blauhaarige Ruben hebt meine Laune. Er überreicht mir ein Wassereis und gratuliert zu meinem ersten Patienten. Wo immer er diese Info schon wieder herhat. (Redet die ganze Klinik über jeden Schritt, den ich mache? Kameras? Spione? Psychoexperiment?)
    Und dann sagt er: »Hast es langsam angehen lassen, was? Erst mal was Leichtes ausgesucht.«
    Wie bitte?! Wieso ist Manuel denn »was Leichtes«?!
    Â»Ich bin ja kein Arzt«, lächelt Ruben, »aber an so ’ner Gehirnerschütterung hat man nicht allzu viel zu tun, oder?«
    Nee, du bist kein Arzt, Ruben. Das Problem ist: Ich war auch kein Arzt, als ich das entschieden hab. Und du hast völlig recht. Ich habe noch ein paar Kontrolluntersuchungen angeordnet und etwas gegen die Übelkeit verschrieben. Mehr kann ich im Moment im Fall Manuel Ritter nicht tun. Wahrscheinlich werde ich ihn noch zwei Tage beobachten – und dann entlassen. Das war’s. Aber die Idee, für ihn zuständig zu sein, hatte so einen Reiz für mich, dass ich die Begrenztheit in puncto Erfahrung sammeln gar nicht bedacht habe.
    Ruben lacht. »Aber ich hab gehört, er sieht süß aus!«
    Â»VON WEM?!« Dieser blauhaarige Alleswisser macht mich nervös. Wieso trifft er so brutal den Nagel auf den Kopf?
    Ruben erklärt, die äußere Erscheinung junger Patienten sei für ihn als Nichtarzt das einzig Interessante. Ja, ja, immer drauf, ich kann’s vertragen. »Ein knackiger Sportler … wer sieht sich so was nicht gern an?«
    Ha! Hat er nicht gestern noch behauptet, er stünde nicht auf Jungs? Ich lächle. »Sexualintellekt, was?«
    Er grinst. »Und du darfst ihn nun jeden Tag anfassen. Gut gemacht!«
    Klar, Ruben. Als ob es mir nur darum ging.
    Dann tritt Dr. Ross an den Tresen, begleitet von Dr. Thalheim. Sie grüßt, er nickt nur. Als hätte es die vertraute morgendliche Kaffee-Begegnung nie gegeben. Er trägt immer noch dasselbe Hemd, also schiebt er jetzt schon mindestens 28 Stunden Dienst. Doch mein Mitleid braucht er nicht; Dr. Ross klopft ihm vertraulich auf die Schulter, als sie bei Ruben einen doppelten Espresso bestellt.
    Â»Und mach ihm ein Brot, er muss ja mal was essen.«
    Mann, wieso sind die so dicke?! Und statt dass Dr. Thalheimdiese muttimäßige Einmischung abwehrt – oder wenigstens ignoriert! –, nickt er ihr zu und bedankt sich. Ich schnappe mein geschenktes Eis und verdrücke mich.
    Im Pausenraum der Ärzte herrscht Ruhe. Ich trage in Manuels Akte ein, was ich für abschließende Untersuchungen durchführen möchte. Es ist wirklich nicht viel. Mein Blick fällt auf das schwarze Brett für die PJler. Dort hängt eine Information der Uni-Bibliothek; sie schmeißen alte Bücher raus, man kann sie morgen und übermorgen dort kaufen. Das wird ein Riesengedränge geben, Fachbücher sind unerschwinglich und in den Bibliotheken meistens vergriffen. Es werden sicher höchstens zwei interessante Bücher makuliert, um die sich 500 kaufwütige Medizinstudenten schlagen, aber wir werden trotzdem hingehen. Unten stehen die Öffnungszeiten der Bibliothek. Sie schließt um 22 Uhr. Wo immer Isa gestern Abend war – in der Bibliothek war sie nicht! Warum lügt sie uns an? Sie wird ja wohl weder im Casino noch im Freudenhaus gewesen sein. Welchen Grund gibt es also, über ihre Abendgestaltung zu schwindeln?! Was hat unser Mäuschen für ein Geheimnis? Hilfe, das ist mir alles zu viel!

S chweigen ist Gold, Beherrschung eine unschätzbare Tugend. Ich lasse mir nichts anmerken. Nicht, dass ich nicht vollkommen verwirrt wäre von Isas Geheimnis, von Dr. Ross’ unliebsamer Vertrautheit mit Dr. Thalheim und seiner unseren gemeinsamen Morgen ignorierenden Distanz beim Mittagessen. Normalerweise würde ich jetzt zu meiner Freundin stürzen und ihr brühwarm von meiner Entdeckung erzählen. Vielleicht würde ich sogar Dr. Ross gegenüber eine winzige Bemerkung darüber fallen lassen, dass ich beim Oberarzt Kaffeetrinken war. Aber in letzter Sekunde, als ich schon im Begriff bin, auf Isa

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