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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Natürlich verwehre ich mich energisch gegen diese Bezeichnung, aber insgeheim tut es natürlich doch gut. Im Gegenzug bestätige ich Jenny, dass es wirklich unverschämt ist, dass sie jeden Tag den Laborgang erledigen muss, statt die verdiente Pause zu genießen. Von dem Teddy für Manuel erzähle ich erst mal nichts; ich glaube, dass meine Freundinnen diese Kurzschlusshandlung beide nicht gutheißen würden – Isa, weil es zu viel, Jenny, weil es das Falsche signalisiert. Auch dass ich über Isas Bibliotheksgeheimnis Bescheid weiß, verschweige ich tapfer. Mal sehen, Lena, wie lange du das für dich behalten kannst …
    Isa ist heute erstaunlich locker. Sie lässt sich sogar dazu hinreißen, eine boshafte Bemerkung zu machen! Nachdem sie eine Weile unseren Schmähungen über Marie-Luise gelauscht hat, sagt unser braves Küken, von dem man noch nie eine winzige Gemeinheit hörte, in Jennys Atempause nur ein einziges Wort: »Wasserstoffhaare.«
    Jenny und ich starren uns an und kichern los. Als Lästerei ist »Wasserstoffhaare« allerunterste Liga, aber es klang so vernichtend –und Isa ist über die ihr entschlüpfte Gemeinheit so erschrocken –, dass wir einfach lachen müssen.
    Â»Bist du süß!« Jenny kriegt kaum noch Luft. »Du hast noch nie im Leben über jemanden was Fieses gesagt, oder?!«
    Isa sieht verschämt beiseite. »Nun ja«, meint sie treuherzig, »das kann ich ja noch lernen.«
    Jenny schlingt glucksend die Arme um Isa. »Jawoll, Süße, das lernst du bei uns ganz schnell!«
    Isa wird bei der Umarmung verlegen, Jennys vereinnahmende Art ist wohl ein bisschen viel für sie. Zum Glück klingelt in diesem Moment Jennys Handy. Während sie aufgeregt ins Telefon schwatzt, strecke ich mich zufrieden auf dem Bett aus. Wie klug, in eine Ärzte-WG zu ziehen. Ich mag gar nicht daran denken, wie es wäre, mit all dem Neuen allein fertigwerden zu müssen! Ich lasse mich vom Fernsehton und Jennys Geplapper berieseln und sehe mich mit halb geschlossenen Augen in ihrem Zimmer um. Es ist karg möbliert: das breite Bett, ein Schreibtisch, ein riesiger Kleiderschrank – mehr braucht sie offenbar nicht. Obwohl ich mich frage, wozu sie den Schrank benutzt, denn überall auf dem Fußboden liegen Klamottenstapel. Isa wechselt den Sender, Nachrichten. Tut mir leid, ich bin heute irgendwie zu müde dafür. Darf man das? Jenny quatscht immer noch. Ich sollte dringend auch mal wieder zu Hause anrufen; seit drei Tagen habe ich mich bei Mama und Papa nicht gemeldet. Morgen, vertröste ich mich mit schlechtem Gewissen. Denn auch für den Elternanruf zu müde zu sein, ist echt grenzwertig! Aber ich bin so geschafft, ich könnte hier auf der Stelle einschlafen …
    Â»Hopp, hopp!« Ich schrecke hoch, als ein breiter Gürtel auf meinen Bauch knallt. Ich bin wohl wirklich eingedöst. Jenny steht vor ihrem Schrank und wirft mit Klamotten nach mir, auf den Gürtel folgt ein glitzerndes Top – weniger schmerzhaft, aber genauso irritierend. Warum steht sie da und schmeißt Sachen nach mir?
    Â»Mach schon«, drängelt Jenny. »Wir müssen los. Im Turnverein ist die Party des Jahres!«
    Hat sie Turnverein gesagt? Ich soll mitten in der Nacht …
    Â»Mann, Lena!« Jenny lacht über mein verdutztes Gesicht. »Der Turnverein ist DER Club im Moment. Noch nie davon gehört?!«
    Wo denn, in Lübeck?! Jenny zieht hastig Röcke aus dem Schrank, prüft sie kurz und wirft sie auf den Fußboden.
    Â»Jedenfalls stehen wir auf der Gästeliste. Das ist ein Jackpot!« Sie hat den richtigen Rock gefunden und steigt eilig aus ihrer Jeans und in den knappen Mini.
    Ihr Tempo ist mir gerade echt zu hoch. »Wie können wir auf der Gästeliste sein?«
    Jenny dreht sich nicht um. »ICH bin auf der Liste, das reicht doch!« Schon wühlt sie sich durch die Oberteile, die auf dem Boden herumliegen.
    Â»Und was soll DAS?« Überfordert hebe ich den Klamottenberg an, der auf meinem Bauch gelandet ist.
    Â»Das ziehst du an.«
    Moment! Jetzt bin ich wach. Ich sitze verwirrt auf dem Bett und sehe zu, wie Jenny sich in ein Oberteil zwängt, das zwar riesige weite Ärmel hat, aber am Körper so eng anliegt, dass sie sich hineinwinden muss wie in eine Zweithaut. Wieso geht sie davon aus, dass ich mitten in der Nacht aufstehen und in

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