Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
mehrfach, worauf sie immer »Mach ich doch« antwortet, aber nicht dergleichen tut. Ich halte mich am Armaturenbrett fest und richte ersatzweise MEINE ganze Aufmerksamkeit auf die Straße, damit ich wenigstens rechtzeitig »Achtung« oder »rote Ampel« rufen kann. Den größten Schreck bekomme ich, als Jenny selbst in schrilles Geschrei ausbricht – aber das tut sie nur, um zu feiern, dass draußen tatsächlich ein Mädchen im bauchfreien Top spazieren geht. »Wusste ich es doch«, ruft sie triumphierend und schaut, um das zu kurze Shirt zu sehen, noch fast zehn Sekunden lang nur nach hinten.
Nach etwa 20 weiteren »Hups, wo kam der denn her?«-Rufen und anschließenden Schockbremsungen hält Jenny vor einem illuminierten Garten. Ich steige angstschweißnass aus der kleinen Ente und muss mich kurz sammeln. Jenny ruft: »Wo bleibst du denn?«, und küsst schon ihre Freunde – während ich beschließe, dass das Taxi, mit dem ich heimfahren werde, nicht unter Extraausgaben Belohnung sondern unter Schutzmaßnahmen fällt und deshalb die 20 Euro, die es bis nach Hause mindestens kostet, von Papas Notfallkonto genommen werden dürfen.
Mit der Party feiert Jennys Freund Georg seinen Abschluss. Ich kenne die meisten Anwesenden und entspanne mich sofort. Und als Jennys Freundinnen sich ehrfürchtig nach unserem Lernpensum und den sagenhaft schweren Prüfungen erkundigen, wachse ich gefühlte 30 Zentimeter angesichts meiner enormen Leistungen.
Der frischgebackene Geologe hat ein Buffet aufgefahren, als sollten wir alle morgen mit ihm zu einer monatelangen Expedition aufbrechen, und einen DJ engagiert. In den Bäumen funkeln Lichterketten und zwischen den Beeten wird getanzt.
Nachdem ich zwei Runden mit ein paar Neu-Geologen gedreht habe, lege ich eine Verschnaufpause ein, setze mich aufdie Stufe des kleinen Gartenhauses, genieße den Anblick und den gemütlichen Lärm. Einen Moment später setzt sich jemand neben mich.
Alex.
Der Mond scheint in sein Gesicht, er lächelt.
»Was machst du denn hier?«, frage ich. »Stalkst du mich?«
Alex grinst zurück. »Klar, was denn sonst?!«
Was soll man darauf antworten?! »Du hast ja nicht angerufen«, sagt Alex, als wäre es selbstverständlich, dass man jemanden, der nicht anruft, dann eben auf einer Geologenparty aufstöbert.
»Du hast gesagt, ich soll mir Zeit lassen«, versuche ich gleichzeitig mein irgendwie nicht so nettes Telefon-Schweigen zu verteidigen und klarzustellen, dass ich trotzdem gern bestimmen würde, wann wir uns sprechen. (Nämlich bitte erst, wenn ich weiß, was ich sagen soll.)
Alex aber lächelt unbekümmert weiter. »Klar, tu das«, antwortet er. »Ich lauf hier nur ein bisschen vor deiner Nase rum, damit ich nicht ›aus den Augen, aus dem Sinn‹ gerate.« Er lacht, steht auf und schlendert zur Bar, ohne sich noch einmal umzudrehen.
»Siehst du«, sagt Jenny fünf Minuten später triumphierend, »DER zeigt, dass er dich mag. Er kämpft um dich. Ich versteh einfach nicht, warum dich das nicht beeindruckt.« Tut es doch. Aber das wohlige Gefühl, dass jemand dich so offensichtlich mag, ist doch keine wahre Liebe, oder?
»Das ist der Richtige«, befindet Jenny entschieden, »auch wenn er es ganz falsch anstellt. Ich an seiner Stelle würde mit einer anderen flirten, bis du Angst kriegst.« Na, das würde die Sache sehr angenehm vereinfachen. Wenn er das täte, hätte ich doch irgendwas, das ICH an ihm falsch finden könnte!
Später zerrt Georg eine Gitarre aus dem Gartenhaus und Alex wird genötigt, ein bisschen zu spielen. Er tut es, erfüllt die albernsten Liedwünsche und lacht, wenn er einen Ton verhaut. Bald grölen alle schrullige 80er-Hits und amüsieren sich herrlich; immer fällt jemandem noch etwas Dümmeres ein. Ich kann gar nicht anders als mitzumachen.
Zwischendurch fange ich Alex’ Blick auf – er zwinkert mir zu. Wenn sich irgendetwas in mir unwohl fühlen wollte, weil Alex hier und zwischen uns alles so ungeklärt ist, er aber tut, als sei alles ganz einfach … dann ist dieses Gefühl spurlos verschwunden.
Als sich der Abend dem Ende nähert und der Garten sich leert, kann ich mich einfach nicht trennen. Ich möchte noch ein bisschen vor dem Gartenhaus sitzen und mir vorstellen, ich würde HIER wohnen, in dem kleinen Häuschen, und meine ganze Lebensaufgabe bestünde darin, auf den Treppenstufen möglichst dekorativ auszusehen.
Georg bringt die vorletzten Gäste zum Tor, ein unermüdliches Paar dreht sich auf der
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