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Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)

Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)

Titel: Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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einer Platzwunde am Kopf.
    Ich nehme sie mit in den Behandlungsraum und versorge die Wunde. »Ausgerutscht«, sagt sie, »in der Küche. Einfach so. Ganz blöd.«
    Sie sagt es, ohne mich anzusehen. Ich glaube ihr kein Wort.
    Dann hole ich Dr. Feinmann dazu. Während er die Wunde näht und ich ihm assistiere, fragt er Frau Scherer: »Und? Wie ist es diesmal passiert?« Sein Tonfall ist grob. Frau Scherer erzählt von der Küche. Ich glaube ihr auch beim zweiten Mal nicht.
    »Sie scheinen in einem gefährlichen Haus zu leben«, sagt Dr. Feinmann, bevor er den Raum verlässt.
    »Frau Scherer«, beginne ich, »Sie kommen immer wieder mit Verletzungen her. Können Sie verstehen, dass wir Ihre Erklärungen nicht richtig glauben können?«
    Sie lächelt wieder, dieses dünne Lächeln. »Ja, mir passiert auch viel … Mist«, sagt sie.
    »Vielleicht liegt es nicht an Ihnen?«, frage ich. Wie fragt man denn »Schlägt Sie Ihr Mann?« ?!
    »Doch«, antwortet sie. »Doch. An mir.«
    »Tut Ihnen jemand … diese Sachen an?«
    »Um Himmels willen«, wehrt sie ab. Aber ich habe ihren Blick gesehen.
    Verdammt. Ich will nicht, dass es so was gibt. Ich will nicht, dass sie hier sitzt und »Nein« sagt. »Um Himmels willen«!
    »Falls es doch so sein sollte«, sage ich, »können Sie Hilfe bekommen. Sie müssen nur jemandem sagen, was los ist.«
    Sie schüttelt den Kopf. »Kann ich jetzt gehen?«
    Nein. Ich werde sie nicht gehen lassen.
    Ich weiß nur nicht, was ich tun soll. Ich brauche jemanden, der es mir sagt. Der mir hilft, das Richtige zu tun.
    »Leider nein«, sage ich, »wir sollten noch einen Moment warten. Es kann sein, dass wir noch eine Kontrollnaht setzen müssen.«
    So was gibt es nicht. Aber Frau Scherer glaubt es. Sie bleibt sitzen. Ich bitte sie, zu warten. »Ich komme in zehn Minuten wieder und kontrolliere die Naht. Wenn dann alles okay ist, dürfen Sie gehen.« Sie nickt.
    Zehn Minuten. Damit mir irgendetwas einfällt.
    Ich weiß nicht, wen ich fragen soll. Dr. Feinmann scheint mir nicht der Richtige. Dr. Gode ist im Haus, aber… In diesem Moment fällt es mir ein. Dr. Al-Sayed. Die Oberärztin der Gynäkologie. Kaum eine Nacht, in der sie nicht hier ist.
    Sie ist in ihrem Büro. »Ich habe eine Patientin, von der ich glaube, dass sie geschlagen wird. Oder sonst wie misshandelt. Sagen Sie mir, was ich tun soll!«
    Dr. Al-Sayed ist schon bei meinen ersten Worten aufgestanden. Doch noch bevor ich den Satz beendet habe, hält sie inne.
    »›Oder sonst wie‹?« wiederholt sie fragend. Ich erkläre, dass ich es nicht weiß. Dass Frau Scherer nichts dazu sagen will.
    Dr. Al-Sayed bleibt stehen. »Haben Sie die Frau versorgt?«
    Ich nicke. »Aber jetzt will sie wieder nach Hause.«
    »Frau Weissenbach …«, sagt sie, »wir sind kein Schutzhaus. Und Sie können die Frau nicht hier festhalten.«
    Das habe ich nicht erwartet. Das ist keine Antwort, die ich akzeptieren kann.
    »Setzen Sie sich«, sagt Dr. Al-Sayed. Ich will mich nicht setzen. Sie schweigt, bis ich es tue.
    »Das Schwerste am Arztsein«, sagt sie, »ist, die eigenen Grenzen zu begreifen. Bis diese Frau um Hilfe bittet, können Sie nichts weiter tun, als ihre Wunden zu versorgen. Und versuchen, ihr auf den Weg zu helfen, damit sie sich Hilfe sucht. Mehr nicht.«
    Ich will nicht, dass es so ist. Ich will irgendwas tun.
    »Es ist schwer in der Notaufnahme, nicht wahr?«, fragt Dr. Al-Sayed sanft. »Sie erfahren nie, was aus den Menschen wird, denen sie nachts vielleicht das Leben retten mussten.«
    Ich fühle mich hilflos.
    »Das müssen Sie noch lernen, Frau Weissenbach. Zu akzeptieren, wo Ihre Grenzen liegen.« Sie nimmt einen Zettel vom Tisch. Die Telefonnummer eines Frauenschutzhauses. »Geben Sie ihr das. Dann können Sie nur hoffen, dass die Frau dort hingeht.«
    Ich brauche lange für den Weg nach unten. Frau Scherer sitzt ganz gerade auf der Untersuchungsliege.
    »Ich gebe Ihnen eine Telefonnummer«, sage ich und halte ihr den Zettel hin. »Falls die Unfälle doch andere Ursachen haben: Bitte rufen Sie dort an. Sie müssen nicht mal Ihren Namen sagen.«
    »Ist die Naht in Ordnung?«, fragt Frau Scherer. Ich nicke. Sie steht auf. Aber sie steckt den Zettel ein. Wenigstens. Ich hoffe, dass sie ihn nicht vor dem Krankenhaus wegwirft.
    Nach der Nachtschicht bin ich immer noch angeschlagen. Aber wenigstens kann ich Isa die gute Nachricht hinterbringen, dass Dr. Gode sie für »so begabt« hält.
    »Begabt ist gut und schön. Aber bestanden ist, worauf

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