Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
keinen der Scherze. Er ist auffallend still. Und er sitzt bei uns in der Küche wie in einer Wartehalle, auf der Stuhlkante, unruhig, irgendwie gedrückt. Als ich mich erkundige, ob alles okay ist, nickt er. Immer noch stumm.
Irgendwann fragt er Jenny, ob sie noch ein bisschen rausgehen können. Jenny ist nicht gleich bereit, alles stehen und liegen zu lassen. Erst als Felix sie auffallend dringlich darum bittet, gibt sie nach. Auch wenn sie durchsetzt, dass die beiden sich nur in ihr Zimmer zurückziehen, weil sie nicht mitten in den Essensvorbereitungen das Haus verlassen kann.
Felix nickt und geht, ohne noch ein Wort an uns zu richten. Jenny wirft uns einen Blick zu. »Männer!«, haucht sie und verdreht die Augen. Aber ich habe das Gefühl, dass Felix irgendetwas auf der Seele liegt, das er lieber nicht in unserem Beisein besprechen möchte.
»Geh«, flüstere ich, »ich krieg das mit dem Essen schon hin.«
»Nichts da«, widerspricht Jenny, »rührt bloß nichts an! Ich bin gleich wieder da und zaubere euch gefüllte Auberginen … wenn ihr hier nichts durcheinanderbringt!«
Sie ist NICHT gleich wieder da. Auch nach einer halben Stunde nicht. Aus ihrem Zimmer ist nichts zu hören.
Nach einer Stunde haben Isa und ich wirklich Hunger. »Sollen wir mal nach ihnen sehen?«, frage ich, von meinem knurrenden Magen angestachelt.
Isa schüttelt den Kopf. »Lieber nicht. Aber ich fall auch gleich um vor Hunger – meinst du, dass sie die Tomaten wirklich alle braucht?«
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man für gefüllte Auberginen ein ganzes Kilo Tomaten benötigt, also ignorieren wir Jennys Verbot und essen ein bisschen vor. Etwas später beschließen wir, dass für Jennys Gericht sicher auch eine Paprika genügt, dass sie bestimmt nicht den ganzen Schafskäse verwenden wollte und uns sowieso nicht einleuchtet, warum auch Toastbrot für die Auberginenfüllung nötig sein sollte. Nach zwei Stunden haben wir so viel weggefuttert, dass wir unseren Übergriff ohnehin nicht mehr verheimlichen können – und machen uns aus dem restlichen Toastbrot Schafskäse-Schnittchen mit Aubergine.
Von Jenny und Felix ist nichts zu sehen oder zu hören.
»Ich werde langsam müde«, sagt Isa. »Und satt bin ich inzwischen auch. Ich glaube, ich geh schlafen. Wer weiß, was die …« In diesem Moment kommt Jenny zurück in die Küche.
»Sorry«, sagt sie. »Seid ihr verhungert?« Wir schütteln betreten die Köpfe, kommen aber nicht mehr dazu, uns zu rechtfertigen. Jenny entdeckt die dürftigen Reste unserer Plünderung … und flippt vollkommen aus.
»Verdammt«, schreit sie, greift nach einer der verbliebenen Tomaten und schleudert sie ins Spülbecken. »Da ist man EINMAL nicht da!« Eine Handvoll Pinienkerne fliegt durch die Küche und verteilt sich auf dem Fußboden. »Ich fasse es nicht!« Klatsch, ein Ei schlägt auf dem Boden auf und vermischt sich mit dem übrigen Wurfessen zu einem ekligen Brei. »Konntet ihr euch nicht eine Stunde beherrschen?!«
Ich sehe Isa an, die stocksteif auf ihrem Stuhl sitzt. Sie ringt vergeblich um eine Entschuldigung. Ich bin genauso bestürzt und biete sicher denselben Anblick; entgeistert betrachte ich Jennys Wutausbruch, absolut ratlos.
»Ich bin eine Stunde nicht da – und was macht ihr?!« Jenny hebt das Schneidebrett, als wolle sie es irgendwo zerschmettern … doch dann hält sie inne.
Felix steht in der Tür und sieht ihr zu. Jenny lässt das Brett sinken. Sie schüttelt sich leicht, als sei sie in dieser Sekunde aus einem Albtraum erwacht oder grade aus einer Millionen-Lichtjahre-Entfernung in ihren Körper zurückgekehrt.
»Ich geh dann mal«, sagt er. »Oder …« Er sieht Jenny fragend an.
»Doch, geh ruhig«, antwortet Jenny und setzt eine Miene auf, die entfernt an ein Lächeln erinnert. »Alles gut. Bis morgen.«
Felix geht einen Schritt auf sie zu, zögernd. Jenny rührt sich nicht. Er umarmt sie. Sie lässt es geschehen, steht ganz still.
Felix hält sie fest, bis Jenny ihm auf den Rücken klopft, »Wirklich, alles okay« sagt und sich aus seiner Umarmung löst.
Felix geht langsam aus der Küche, dreht sich an der Tür noch einmal um. Jenny nickt ihm zu. Das Lächeln wirkt jetzt schon etwas sicherer. Felix nickt – und dann geht er tatsächlich.
Wir hören alle drei die Tür zuklappen. Isa und ich haben noch kein Wort gesagt.
Jenny setzt sich, langsam. Sie betrachtet den Essens-Matsch auf dem Fußboden, dann sieht sie uns endlich
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