Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
es ankommt«, entgegnet sie – und dann, etwas leiser: »Ich brauche beide Konsultationen. Meine Nerven werden immer dünner, Lena.«
»Du weißt, was du mir versprochen hast«, erinnere ich sie.
»Ja ja«, sagt sie knapp. »Wenn es nach meiner Spezialkonsultationnoch nicht besser ist, geh ich zum Arzt. Aber es wird besser sein.«
Ich hoffe, dass sie recht hat.
Was nicht leichter wird, ist mein Umgang mit Felix. Ich weiß einfach nicht, wie ich ihm begegnen soll. Ich ertappe mich dabei, wie ich das Gespräch mit ihm vermeide. Gar nicht absichtlich. Und dass ich ihn bei der morgendlichen Kaffee-Verteilung vergesse, ist auch keine Absicht. Ich fülle abwesend drei Tassen, weil wir meistens zu dritt sind. Dr. Playmo, Dr. McCoy, Dr. Barbie. Warum sagt er auch nicht, dass ich ihn vergessen habe? Warum ist er überhaupt so früh hier? Er hat Jenny noch nie vor der Arbeit besucht. Und er tut es offenbar nicht, um mit ihr allein zu sein. Stattdessen sitzt er bei uns in der Küche und trinkt keinen Kaffee.
Zum Glück macht Isa mein Versehen gut, bevor ich auffällig eine vierte Tasse holen muss. Sie kocht sich Tee, in einem anderen Becher. Und schiebt, wie selbstverständlich, Felix die Playmo-Tasse hin. »Doch, das ist deine«, lächelt sie, »ich trink doch im Moment Tee wegen meines Magens.«
Sie weiß, dass ich niemandem einfach ihre Tasse geben würde. Aber Felix weiß es nicht.
»Immer noch krank?«, erkundigt er sich. Isa lächelt. »Damit muss ich nun wohl leben bis nach den Prüfungen.«
Nett, dass sie mich aus der unangenehmen Situation befreit hat. Blöd, dass ich gleich von einer Sorge in die nächste verfalle. Isa lächelt schwach – und sieht nicht aus, als könne sie den Nervenkrieg wirklich noch bis nach den Prüfungen aushalten.
Jenny kommt in die Küche, bemerkt Felix und küsst ihn. »Schöne Überraschung«, sagt sie. Ich beobachte sie genau, Felix tut es auch. Ich sehe kein Anzeichen dafür, dass sie ihm etwas vorspielt. Hat sie verdrängt, was passiert ist?
Ich beobachte sie während des ganzen Frühstücks und bin irritiert. Jenny ist überhaupt nichts anzumerken. Sie redet, lacht und gibt sich ganz normal. Wer nicht normal ist, ist Felix. Er sitzt ganz dicht bei Jenny, hält ihre Hand, sieht sie unentwegt an und stimmt ihr in allem zu. Es ist unheimlich. Überhaupt nicht Felix.
Es hört erst auf, als er in seinem Handy die Uhrzeit überprüft hat – er muss zur Arbeit – und Jenny ihn fragt, ob er Fotos vom Klassentreffen gemacht hat.
»Zeig mal«, sagt sie. Und jetzt ist doch eine Spur Angespanntheit in ihrer Stimme zu hören.
Felix schüttelt den Kopf.
»Zeig doch die Fotos!«, beharrt Jenny, »die fünf Minuten hast du auch noch.«
Felix möchte keine Fotos zeigen. Er will sicher nicht, dass Jenny Nadja erspäht.
Einen Moment lang starren sich die beiden an, es ist wie ein Duell. Dann steckt Felix das Handy ein und will gehen.
Jenny knallt ihre Tasse auf den Tisch. »Wir sind erwachsene Menschen!«, sagt sie. »Ich kann doch damit umgehen!«
»Siehst du«, entgegnet Felix bedrückt, »du willst nicht IRGENDWELCHE Fotos sehen.«
Und dann geht er. Ohne ein einziges Bild zu zeigen. Jenny beschließt, heute in ihrem Zimmer zu lernen und kommt den ganzen Tag nicht wieder heraus.
I ch hab’s doch gesagt!«, seufzt Isa erleichtert, als sie von ihrer Einzelkonsultation zurückkommt. »Es geht mir besser. Ich wusste es doch.«
Wir sind alle erleichtert. Isa sogar so sehr, dass sie sich überreden lässt, am Abend mit uns auf das Konzert von Mighty M zu gehen. Trotz Prüfungszeit. Weil sie heute zum ersten Mal seit Ewigkeiten kein Schnappatmungs-Gefühl hat, wenn sie ihre Bücher öffnet. Und um Mitternacht Geburtstag.
Das Konzert ist klasse, ich überstehe meinen obligatorischen Gast-Gitarrenklimper-Auftritt mit leidlicher Grazie. Dann bitten Ferdinand und Dennis um einen Show-Curlingschuss mit einem der Schlagzeugbecken. Weil die Band das Publikum dazu bringt »Curling, Curling« zu brüllen, bleibt mir nichts anderes übrig. Ich erklimme die Bühne und schleudere das Becken mit aller Kraft über den Boden. Mit einem lauten Plong schlägt es gegen einen Stahlträger, es folgt ekstatischer Applaus.
So einfach kann man eine Menschenmenge zum Brüllen bringen? Ich sehe in die Menge und bin gebannt. (Warum haben WIR so was nicht?! Jippieh, ein Karpaltunnelsyndrom geheilt! Applaus! Gallensteine entfernt – dröhnender Beifallssturm! Ein Nierenversagen verhindert – Standing
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