Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
soll ich DAS verpacken?!
Gibt es irgendeine Frage, bei der ich E für richtig halte? Und deren Nummer sich irgendwie in eine sinnvoll klingende Antwort verwandeln lässt?!
»Der kommt sicher nicht«, sage ich schließlich langsam, »du weißt ja, wie Elektriker sind. Und wenn, dann kommt er 2 Stunden später. Also macht es nichts, wenn 19 Uhr keiner da ist. Vielleicht ist die ganze Sache ja auch kein elektrisches Problem … sondern eher ein … chemisches?«
Der Aufsichtsmann hört uns zu und wirkt irritiert. Oh, Mann, hoffentlich hört Jenny auf, bevor er uns durchschaut. Aber vielleicht fragt er sich jetzt eher, was in unserer Wohnung kaputt sein könnte. Etwas, weswegen wir einen Elektriker gerufen haben … was aber auch chemische Ursachen haben könnte? Ich wüsste gern, ob er eine Antwort findet. Vielleicht im Sanitärbereich? Also MIR fiele nichts ein.
Dem Aufsichtsherrn wohl auch nicht. Aber auf den erschreckend nahe liegenden Gedanken, dass es um etwas anderes gegangen sein könnte, kommt er trotzdem nicht.
»Ja«, sagt er mitfühlend, »Handwerker sind ein Völkchen für sich.« Wer immer diesen Mann hier zur Beaufsichtigung der Studenten eingestellt hat – einen Durchtriebenheits-Check hat er nicht durchgeführt.
Meine Zigarette ist runtergebrannt. Und ich möchte wieder reingehen, bevor Jenny leichtsinnig wird. Außerdem warten da drin noch 42 Fragen auf mich.
»Das klärt sich schon«, lächle ich. Und mache einen entschlossenen Schritt zurück in Richtung Turnhalle.
Jenny folgt mir. Sehr konzentriert. Sicher wiederholt sie im Kopf immer wieder die Zahl-Buchstaben-Kombinationen 13-B, 20-D, 2-E, 19-C, damit diese tollkühne Mata-Hari-Aktion nicht trotzdem noch schiefgeht – weil sie die mühsam und gefahrvoll errungenen Informationen am Tisch schon wieder vergessen hat.
Der Aufsichtsmann hält uns die Tür auf.
»Nur eins noch …«, sagt er leise vor dem Prüfungsraum.
Nein. Jetzt kommt es. ( »Nur eins noch: Sie sind beide disqualifiziert.« )
»Ist das ein Elektro-Notdienst, den Sie beauftragt haben? Oder kennen Sie eine Firma, die ohne Extrakosten auch nach 18 Uhr arbeitet?«
Ich könnte jetzt sofort, hier im Turnhallen-Eingangsbereich, ohnmächtig zu Boden stürzen. Jenny aber bleibt cool.
»Beziehungen«, lächelt sie. »Ich gebe Ihnen nachher seine Nummer. Aber wie gesagt … Der Pünktlichste ist er nicht.«
Ja, ich schaffe die verbliebenen 42 Fragen, wenn auch ganz knapp. Als die letzte Stunde abläuft, habe ich noch drei Fragen vor mir, aber keine Zeit mehr, sie zu überdenken. Aufs Geratewohl kreuze ich jeweils einen Buchstaben an. Lieber raten als nichts antworten – bei fünf Möglichkeiten besteht dann immerhin eine 20-Prozent-Chance, dass es zufällig richtig ist. Und ich habe den Glückskuli nicht umsonst all die Jahre mit mir herumgeschleppt.
Als wir die Turnhalle verlassen, bin ich so müde, dass ich mich am liebsten direkt auf einer der Hofbänke ausstrecken würde. Und ich habe Hunger wie ein Rudel Wölfe. Ich nehme gnadenlos Jennys ganzen verbliebenen Essvorrat an mich.
»Tut mir leid, aber das hab ich mir verdient«, erkläre ich, »fast wär ich nämlich nicht fertig geworden.«
»Tut MIR leid«, flüstert Jenny, »aber es musste sein. Ohne dich hätte ich überhaupt nichts gewusst.«
Isa hört die Schilderung der ersten Raucherpause meinesLebens mit unbewegtem Gesicht an. »Mann, Lena«, sagt sie leise, als Jenny dem Aufsichtsmann die versprochene – aber frei erfundene – Telefonnummer aufschreibt, »das hätte dich die Prüfung kosten können.«
»Woher sollten die wissen, dass wir weder eine Doreen noch eine Bine kennen?!«, kontere ich gelassen. Aber ebenso leise – nicht dass es jetzt noch jemand aufschnappt.
»Bei Betrugsverdacht hättet ihr das vielleicht beweisen müssen!«, wispert Isa.
»Jenny hätte sicher auch einen Elektriker aufgetrieben, der Stein und Bein geschworen hätte, dass er 19 Uhr bei uns ein möglicherweise chemisch verursachtes Problem löst«, lache ich. Jetzt ist gut lässig-sein, es HAT ja niemand Betrug unterstellt.
Dann eile ich davon, denn am Eingang zum Hof wartet Alex. Erleichtert falle ich ihm in die Arme.
»Ich weiß, du hast keine Zeit für mich«, grinst er, »aber ich dachte, ich fahr dich zur nächsten Lernphase, dann hab ich dich wenigstens eine halbe Stunde lang gesehen.«
Ich fühle mich eigentlich verpflichtet, auch Isa an dieser besinnlicheren Heimfahrt teilhaben zu lassen; sie aber lehnt es
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