Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
Dr. Seidler. »Ihre erste Geburt und so problemlos.« Hat sie nicht zugehört? Ich war gar nicht bei der Geburt anwesend! »Wenn weiter alles so vorbildlich läuft, sehen wir uns vor dem Entlassungsgespräch nicht noch mal«, wendet sich Dr. Seidler an Frau Perkins. Und das war’s.
»Sie kümmern sich um den Rest«, sagt die Stationsärztin auf dem Flur zu mir. »Tägliche Beurteilung der Uterusrückbildung, Blutwerte, eventuelle Stillprobleme.« Ich nicke nur überfahren. »Wenn alles komplikationslos bleibt, setzen Sie die Abschlussuntersuchung für Freitag an. Beim Entlassungsgespräch bin ich wieder dabei.« Sie lacht. »Aber den Entlassungsbrief schreiben Sie.« Okay. Schön, Lena. Deine erste Gyn-Patientin.
Dr. Seidler klappt ihre Mappe zu und verschwindet eilig und grußlos über den Flur. Kopfschüttelnd bleiben wir zurück. »Wegtreten«, albert Jenny. »Ich geh mich dann mal um meine neue Patientin kümmern«, sagt sie und macht ebenfalls kehrt. Ich bin schon versucht, mich auch einfach »meiner« Patientin zu widmen; es könnte doch medizinisch notwendig sein, dass ich die kleine Suraya noch mal besuche.
Doch in diesem Moment erwischt uns die Pflegedienstleiterin – und im nächsten Augenblick schieben Patrick, Johanna und ich schon wieder Wagen über den Flur. Denn die anstehendenPunktionen sind doch ein ganz klein wenig wichtiger als das Anhimmeln von Neugeborenen.
Am Abend setzen meine Mädels zu ihren inzwischen routinierten Paarunternehmungen an. Isa kämmt sich den Arbeitstag aus den Haaren – offenbar gibt es einiges herauszukämmen, denn sie durfte heute bei einer wichtigen OP assistieren und dafür haben die anderen PJler bei der Nachmittagsbesprechung schlicht »vergessen«, ihr auch eine Tasse Kaffee hinzustellen. Isa ist entschlossen, dies nur als Unaufmerksamkeit zu werten und es den Mit-PJlern durchgehen zu lassen. Sie hat sich selbst eine Tasse geholt und Dr. Gode hat ihr eigenhändig Milch und Zucker in den Kaffee gerührt. Ich glaube, dass beides nicht unbedingt hilfreich ist. Die Entschädigungs-Zuwendung von Dr. Gode wird sie eher noch mehr ins Abseits stellen, und die subtile Stichelei der anderen zu ignorieren führt vielleicht dazu, dass die noch mehr aufdrehen. Aber Isa ist eher konfliktscheu und möchte die Sache aussitzen. Sie glaubt, die anderen würden lockerer, sobald sie selbst auch operieren dürfen. Aber daran, wie ruppig sie ihr Haar bürstet, erkennen wir leider deutlich, wie gekränkt sie ist.
Übrigens finde ich es einfach süß, dass sie sich für ihre abendlichen Skype-Telefonate mit Tom immer extra schön macht. Ich hoffe, er kennt sie nun lange genug, um trotz des Stylings zu erkennen, dass sie heute etwas angegriffen ist, und fragt danach. (Isa glaubt nämlich, dass bei den Skype-Rendezvous kein Platz für berufliches Gejammer ist, schließlich sei die Trennung schon schwer genug.)
Jenny lotst Isa vom Spiegel weg, Felix kommt gleich und sie muss sich noch schnell die Lippen nachziehen. Isa macht freundlich Platz und Jenny – oh Wunder – legt Lippenstift nach, schüttelt die blonden Locken auf … und ist fertig! »Was denn?«, fragt sie achselzuckend, als sie unsere Blicke bemerkt. »Das ist doch der Vorteil an einer Beziehung, dass man nicht mehr Stunden vorm Spiegel verbringt.«
Ich erinnere mich nur allzu gut: »Stunden« ist fast untertrieben für die Aufbrezel-Arien, die Jenny in unserem kleinen Badveranstaltet hat. Und jetzt genügen einmal Lippenstift und zweimal Haareschütteln! Aber ich muss zugeben, so unaufwendig zurechtgemacht ist Jenny fast noch hübscher als früher in ihrer Vollmaskerade. Sie sieht echt aus – und glücklich.
»Tja«, lacht sie, »ihr werdet es nicht glauben, aber ich gehe sogar in Jeans und T - Shirt aus. Felix liebt mich nämlich auch so.« Gut, die Jeans ist knalleng und das T - Shirt ein umwerfendes Designerteil. Aber das Schönste ist Jennys Strahlen.
»Und was fängst du mit deinem freien Abend an?«, fragt sie fröhlich. Ich zucke die Schultern. Es wird wohl auf eine nächste Lernorgie hinauslaufen. (Okay, vielleicht habe ich im Moment nicht viel Spaß. Aber wenigstens werde ich dafür Best-Studentin.)
»Du darfst nicht schon wieder lernen«, erklärt Jenny streng. »Du wirst sonst selbst Isa noch davonziehen. Ich verbiete es einfach.«
Tja, ich habe auch keine Lust, schon wieder zu Hause zu sitzen. Das führt sowieso nur dazu, dass ich wieder vor Google lande und mir Fakten über ein
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