Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
zusammensuchen, »selbst wenn ich frei wäre – Alex interessiert sich gar nicht für mich. Der hat ein Auge auf DICH geworfen.«
»Quatsch«, sage ich und zurre entschlossen meine Jacke zu.
Alex verabschiedet sich an der Ecke, er umarmt uns alle, als sei das ganz normal, winkt, lacht und ist verschwunden.
»Cooler Typ«, sagt Felix in meine Richtung und Jenny funkelt mich erwartungsvoll an. Sie hat herausgefunden, dass Alex imMoment keine Freundin hat, und glaubt, dass das meine Einstellung zu ihm irgendwie ändert. Aber es tut mir leid, mehr als »cooler Typ« kann auch ich nicht sagen.
Zu Hause liege ich bestimmt noch eine halbe Stunde wach und lasse den Abend im Kopf Revue passieren.
Nichts? Wirklich gar nichts? Jenny hat recht: Alex ist lässig, lustig, attraktiv … Aber: nein. Weder die Unterhaltung, noch die Verabschiedungsumarmung – da ist nichts, was über das Gefühl eines angenehm verbrachten Abends hinausgeht. Ich kann mich jetzt schon nicht mehr richtig an sein Gesicht erinnern, sein Grinsen wird verdrängt von einem anderen warmen Lächeln … Ich weiß, wovon ich träumen werde.
E r schreit wieder«, empfängt mich Schwester Evelyn am nächsten Morgen und zieht vorwurfsvoll die Augenbrauen hoch, als wäre irgendwas meine Schuld. Mein Gehirn ist noch nicht richtig wach, ich verstehe erst gar nicht, was sie meint. »Ihre Patientin«, setzt sie nach. »Am besten, Sie kümmern sich gleich.« Alles klar, Herr Perkins hat offenbar seine Stimme wiedergefunden – und gnadenlos eingesetzt.
»SIE!«, brüllt es im selben Moment hinter mir, fast hätte ich das Klemmbrett fallen lassen, das Evelyn mir eben über den Tresen reicht. Schon packt mich jemand am Kittel. Ich muss doch sehr bitten! Ich fahre herum, Herr Perkins ist krebsrot im Gesicht. »Wo waren Sie?!«
Ähm, im Bett? Es ist acht Uhr morgens, ich bin pünktlich, niemand hat mir mitgeteilt, dass ich Nachtwache halten sollte, um bei Perkins’ Parkproblemen erreichbar zu sein.
»Wir brauchen Sie – und Sie schlafen morgens um sechs Uhr noch?!« Mir liegt schon auf der Zunge, dass ich heute sogar um sieben Uhr noch seelenruhig geschlafen habe und nicht gedenke, mir deswegen von cholerischen Neuvätern Vorwürfe anzuhören. Aber ich bremse mich. Reiß dich zusammen, Lena, vielleicht ist etwas passiert?! Bestimmt nicht, beruhigt mich die innere Vernunftsstimme, immerhin sind wir in einem Krankenhaus. Und außer der etwas müden Fastärztin Lena sind hier noch mindestens 100 andere Ärzte. Richtige Ärzte.
Ich frage friedlich, was passiert ist, und Herr Perkins krallt sichin meinen Kittel. Er zieht mich rigoros hinter sich her. Unterwegs denke ich kurz, dass das keine angemessene Haltung für eine angehende Ärztin ist; Herr Perkins könnte mit derselben Vehemenz einen aufmüpfigen Flegel zum Schuldirektor schleifen oder einen Handwagen ziehen.
Also mache ich mich entschlossen los und lege an Tempo zu, doch als ich neben ihm hereile, wird er auch immer schneller, am Ende rennen wir beide fast zum Krankenzimmer. Schwer atmend reißt er die Tür auf.
»Und die behaupten, das wäre normal!«, schreit er – so laut, dass die kleine Suraya in Mamas Arm augenblicklich ebenfalls zu brüllen anfängt.
Das Babygeschrei lässt den lauten Mann endlich verstummen, stattdessen fällt er jetzt am Bett seiner Frau auf die Knie. Der Blick, mit dem er mich ansieht, ist mitleiderregend hilflos. Seine Frau wirkt ebenfalls beunruhigt. »Wir wollten nur sichergehen …«, sagt sie, »weil SIE doch unsere Ärztin sind.«
Das Gesicht der kleinen Suraya ist nicht mehr rosa. Es ist buchstäblich gelb. Flatter, blätter – die Lehrbuchseiten im Kopf sind schnell an der richtigen Stelle: Neugeborenengelbsucht.
Ich erfahre, dass Suraya heute Morgen plötzlich diese Quittenfarbe angenommen hat. Ein Arzt hat einen Bluttest gemacht und dann erklärt, eine Behandlung sei nicht notwendig und nach spätestens einer Woche sei die Gelbsucht überstanden.
Ich beruhige mich sofort wieder; das klingt, als sei alles vorschriftsmäßig gelaufen und in Ordnung. Mehr als die Hälfte aller Babys bekommen am zweiten oder dritten Tag nach der Geburt Gelbsucht. Bei dem Bluttest wird der Bilirubin-Wert im Blut gemessen. Suraya ist sonst vollkommen gesund; der Arzt würde also nur eingreifen, wenn mehr als 16 Milligramm Bilirubin pro Deziliter im Blut sind. Das ist offenbar nicht der Fall.
Meine Gelassenheit ist nur leider nicht ansteckend. Frau Perkins wirkt weiterhin
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