Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
sind, stehe ich wieder ratlos vor dem Kleiderschrank. Ja, ich möchte ihm gefallen. Aber ich will immer noch so aussehen, als sei ich überhaupt nicht seinetwegen herausgeputzt. Und das ist ja bekanntermaßen das Schwerste.
Zum Glück habe ich Jenny, die ein beneidenswertes Talent dafür hat, Botschaften mit Kleidung zu transportieren. Sie sucht mir Jeans und einen Kapuzenpulli heraus.
»Das ist leger genug, um als Feierabendgarderobe durchzugehen«, grinst sie. »Er wird nie darauf kommen, warum du darin so gut aussiehst.« Dabei ist das Geheimnis simpel – der Pulli hat genau die Farbe meiner Augen.
Jenny neckt mich ein bisschen damit, dass ich nun doch plötzlich für Alex attraktiv sein will. Soll sie doch!
»Du hast selbst gesagt, er ist ein Traumtyp!«, lache ich und bringe sie damit zwar zu einem vieldeutigen Grinsen, aber auch zum Schweigen.
Das Gespräch über andere Traumtypen und ihr spurloses Verschwinden aus unserem Leben vermeide ich; ich weiß, wie Jenny ausflippt, wenn man die Rede auf Felix bringt. Aber ich fragemich trotzdem, wie sie so fröhlich sein kann. Oder wenigstens so unbekümmert wirkt. Vermisst sie ihn wirklich nicht?!
Alex und ich verbringen den Abend in einer Bar und – haha, Jenny! – irgendwann grinst er in seinen Drink und fragt: »Fühlst du dich nicht ein bisschen mies, weil du in einem Kapuzenpullover besser aussiehst als all die anderen Mädels hier zusammen, obwohl die sich so viel Mühe gegeben haben?!« Meinem Freund Alex hätte ich Jennys Geheimnis vielleicht verraten. Meinem FREUND Alex sage ich es nicht.
Heute fragt Alex nicht, ob ich fahren möchte, als wir ins Auto steigen. Heute fragt er, ob ich mit zu ihm fahren möchte. Nicht so direkt, er grinst mich nur an und sagt: »Ich mach echt ein gutes Frühstück.«
Sehr charmant. Aber eindeutig.
Okay, Lena, diese Frage musste irgendwann kommen. Feiges Huhn, dass du sie dir noch nicht selbst gestellt hast. Tja, weil es verdammt schwer ist, sie zu beantworten. Bist du dir wirklich sicher?
Ich sage, dass ich morgen früh aufstehen muss. Wie an jedem Wochentag. Er lächelt.
»Ich versteh das«, sagt er. »Doch noch zu früh, was?« Er sieht ein bisschen wehmütig aus.
»Aber nein, jetzt liegst du falsch.« Ich schüttle den Kopf. »Ich bin einfach nicht so ein Typ.« Ich lache dazu, ein bisschen verlegen vielleicht. Er küsst mich.
»Du bist dermaßen süß, Lena!« Na, das nenne ich verständnisvoll.
Als er mich vor meinem Haus absetzt, frage ich mich trotzdem, wer jetzt recht hatte. Ich? Denn ich muss ja wirklich verdammt früh raus! Oder doch Alex? Denn wenn ich zum Frühstück mitgehe, ist alles entschieden.
»Du bist bescheuert, Lena!« Jenny nimmt eben nie ein Blatt vor den Mund. »Alex ist ein Hauptgewinn!«
Aber ich bin eben nicht wie Jenny. Ich will nicht mehr die sein, die Entscheidungen erst im Nachhinein trifft.
A uch nach fast einem Jahr mit Jenny fehlt es Isa immer noch manchmal ein wenig an Leichtigkeit. Ihr Plan, sich unauffälliger und vor allem unweiblicher zu kleiden, stellt sie vor eine unerwartete Herausforderung. Unerwartet für uns alle.
»Willst du uns echt erzählen, du hättest nur feuergefährliche Teile im Schrank?«, lacht Jenny. Nein, das denkt Isa natürlich nicht von ihrer eher konventionellen Garderobe. Trotzdem findet sie einfach nichts, was ihr aussagefrei erscheint. Ein Pulli ist zu lässig, der andere zu eng. Eine Bluse anzuziehen wirkt brav, aber als hätte sie sich schick gemacht. Röcke fallen sowieso aus, Schluderhosen hat sie nicht und was muss man zu einer Jeans tragen, damit sie wirklich nur praktisch aussieht? Jenny zerrt eine große Strickjacke aus dem Schrank. Definitiv unförmig.
»Die ziehst du jetzt an und basta.«
Isa sieht sie hilflos an wie ein gebadetes Kätzchen. »Ja, aber die betont meine Augen!«
Das ist der Moment, in dem Jenny und ich leider lachen müssen. »Wenn du dir noch fünf Minuten Sorgen um die Garderobe machst, kommst du zu spät«, sage ich. »Dann hast du einen Extraauftritt, der dir nicht nur Godes Aufmerksamkeit sichert, sondern die der ganzen Station, Dr. Thiersch eingeschlossen.«
»Und wenn du dir nicht noch einen Kartoffelsack über den Kopf ziehen willst«, ergänzt Jenny, »ist dieses Strickmonster die unattraktivste Wahl, die du treffen kannst.« Seufzend gibt Isa klein bei. Endlich.
Der heutige Arbeitstag beginnt mit dem angenehmen Teil: Ich darf Frau Mayer mit der kleinen Pia nach Hause entlassen. Mittlerweile bin ich
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