Miss Emergency
kaum noch was zu essen«, klagt sie.
Isa und ich finden, dass das ein Grund ist, Björn in den Wind zu schießen. Nicht nur, weil er sie nicht richtig füttert, noch mehr, weil er glaubt, dass sie auf ihre Figur achten müsste. Aber Jenny hält nichts davon. Sie selbst hat nämlich die Diätkasteiung erfunden, weil sie am selben Abend noch mit Felix zum Essen verabredet war. Wir fragen kopfschüttelnd, warum Jenny sich dem Zwei-Freunde-Stress nicht langsam entzieht und sich von einem von beiden trennt.
»Das würde ich ja gern!«, entgegnet sie. »Sobald ich rausgefunden habe, wer der größere Gewinn ist. Aber sie ergänzen sich einfach ZU gut!« Na schön, dann kann man ihr nicht helfen. Aber Mitleid hat sie nicht verdient!
Ein Glas Sekt später hat Jenny, wie immer in Bausch und Bogen, einen ganz einfachen Vorschlag, wie WIR ALLE unsere Beziehungsunzufriedenheit loswerden könnten. »Du bekommst Björn«, nickt sie Isa zu. »Der hat Stil und Klasse und ist trotzdem nicht ZU aufregend. Und Lena kriegt Felix; der arbeitet auch im Krankenhaus, aber ohne störenden Vorgesetzten-Posten. Und ICH suche mir einfach zwei bis drei neue Freunde.«
Bis nach Mitternacht bleiben wir in unserer gemütlichen Küche sitzen und albern herum, was das Zeug hält. Was für ein gutes Gefühl! Auch wenn um uns herum gerade alles anders und neu und seltsam ist: Wir haben uns überhaupt nicht verändert.
A m Samstag erwache ich mit einer unfassbaren Sehnsucht. Die Aussicht, Tobias zwei Tage nicht zu sehen, nimmt mir jede Lust darauf, aufzustehen und den Tag zu beginnen. Ich sehe auf meinen kleinen Wecker, es ist erst sechs Uhr. Weil ich deprimierte Gefühle immer am besten loswerde, indem ich mich in Aktionen stürze, beschließe ich, aufzustehen und für meine Freundinnen ein riesiges Frühstück zu zaubern. Das könnte mich bis zehn beschäftigen. Wenn ich dann noch großzügig das Aufräumen übernehme, ist der halbe Samstag überstanden. Dann lerne ich einfach durch bis Sonntagabend, das hat noch keinem geschadet und nutzt vielleicht bei der Überwindung meines Dr.-Thiersch-Problems. Erst als ich den Plan fertig habe, meldet sich der Kopf-Teufel und fragt, ob ich spinne. Ich werde mir doch das sauer verdiente Wochenende nicht mit Arbeit und Beschäftigungstherapien füllen, nur weil ich IHN nicht sehen kann. Da kannst du dich ja gleich vor seinem Büro anketten, Lena! Den kurzen Tagtraum darüber, dass das gar nicht SO SCHLIMM wäre, weil ich ihn dann zweimal am Tag sehen und jederzeit mit ihm sprechen könnte, kickt der Teufel mit einem harschen Fußtritt beiseite. »Jetzt genießt du dein Wochenende und trauerst ihm nicht hinterher!«, befiehlt er. »Es gibt andere, tausendmal bessere Wege, ein Wochenende schnell und ohne Sehnsucht hinter sich zu bringen.« Und weil ich den Teufel ohnehin höchstens am Wochenende zu Wort kommen lasse, beschließe ich, ihm seinen Willen zu lassen und wenigstens den Aufräumplan zu canceln. Aberein Luxusfrühstück haben sich meine Freundinnen doch wohl trotzdem verdient.
In der Küche brennt bereits Licht. Tom ist schon auf, er hat sich Kaffee gekocht und liest eine Zeitung. Die Süddeutsche , na klar! Da sind wir wieder.
Tom ist jemand, vor dem man sich in keinem Schlafanzug der Welt genieren muss, deshalb setze ich mich einfach zu ihm. (Wahrscheinlich bemerkt er nicht mal, dass ich noch nicht richtig angezogen bin.) Er schenkt mir Kaffee ein, plötzlich herrscht eine heimelige, vertraute Früh-Morgen-Stimmung. Ich verdränge das Sehnsuchtsmädchen, das kurz davon träumen möchte, wie es wäre, wenn ein anderer Mann mir jetzt eine silberne Kaffeetasse hinstellen würde. Vielleicht auch, weil es in meinem Kopf kein Bild dafür gibt, wie wohl Tobias im Schlafoutfit aussehen könnte. Ob ich das irgendwann rausfinde? Schluss, Lena! Stattdessen ergreife ich die Gelegenheit, mit Tom über seine Pläne zu sprechen. Er zeigt mir die Wohnungen, die er im Immobilienteil angekreuzt hat, und will meine Meinung dazu hören, welcher Münchener Stadtteil wohl erschwinglich und trotzdem cool ist. Mich aber interessiert eine andere Frage weit mehr: »Was wird mit Isa?« Tom sieht mich irritiert an. Und dann antwortet er, als sei es das Natürlichste von der Welt: »Na, ich nehme sie mit.«
Nein! Keiner nimmt mir meine süße Isa weg, das kommt absolut niemals infrage! Tom benimmt sich, als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass Isa sein neues Leben teilt. Was wird aus uns, was wird aus Isas PJ, hat er
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