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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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ins Telefon. »Sei doch EINMAL spontan!« Dann legt sie auf. »Daran hat er eine Weile zu knabbern, schätze ich«, grinst sie uns gleich darauf an. »Hoffentlich bis morgen; heute treffe ich mich nämlich mit Felix.« Was ist sie doch für ein hartherzig-berechnendes Biest! Andere wären froh, wenn ihr Freund sich so engagieren würde. (Andere, die nämlich nicht mal genau wissen, ob sie das Wort »Freund« überhaupt benutzen dürfen!)
    Als wir am Nachmittag erschöpft in unserem neuen Weihnachtsabenteuerland sitzen und Kakao trinken, grinst Jenny mich plötzlich schelmisch an. »Weißt du, wo das Essen stattfindet?« Klar. Wenigstens das konnte ich dem schweigsamen Oberarzt entlocken. »Warum?«
    »Nun ja …« Jennys Grinsen verheißt nichts Gutes. »Was würde er denn tun, wenn da heute Abend ganz überraschend eine wunderschöne Frau auftaucht, die zufällig dasselbe Restaurant besucht?«
    Oh nein, von solchen Tricks halte ich gar nichts! Ich werde doch nicht … Ist das nicht armselig?
    »Ich leihe dir Björn«, lächelt Jenny. »Der ist parkettsicher und macht bestimmt Eindruck.«
    Ich schüttle entschieden den Kopf. »Auf keinen Fall!«
    Zwei Stunden später drehe ich mich in einem von Jennys besten Abendkleidern vor dem mit Schneeflocken beklebten Flurspiegel. Ich weiß nicht, wie sie mich dazu gebracht hat. Meine Selbstverteidigung – nichts spricht gegen ein schickes Kleid und vielleicht sieht er mich ja gar nicht – ist ziemlich fadenscheinig. Den Vorschlag, mir Björn auszuleihen, habe ich natürlich abgelehnt. Ich brächte es niemals fertig, im selben Raum – vielleicht sogar am Nebentisch! – zu sitzen, während Tobias sich mit seinen Freunden trifft. Wäre das nicht demütigend für uns beide?! Ganz abgesehen davon, dass er mich selbstverständlich durchschauen würde. Mein Plan ist kleiner – und würdevoller, hoffe ich. Ich werde ganz locker in meinem schönen Kleid am Restaurant vorbeikommen, wenn Tobias dort vorfährt. Im selben Areal liegen noch vier andere Restaurants; ich werde lächelnd erklären, in einem von ihnen mit meinen Freundinnen verabredet zu sein. Dabei sehe ich wahnsinnig gut und erwachsen und salonfähig aus. Eine schöne, gebildete Frau, mit der jeder klar denkende Mann den Abend verbringen möchte. Und wenn er dann doch versucht, mich umzustimmen und mich spontan zu seinem Essen dazubittet – meinetwegen gern. Wenn nicht, fahre ich wieder heim. Und weiß wenigstens Bescheid.
    Jenny, die sich eben für ihre Felix-Verabredung aufmotzt, ist überzeugt von meinem Erfolg. Und Isa, die Vernünftigste von uns, ist zum Glück schon auf dem Weg zu Tom, um von seiner Wohnungssuche zu erfahren (und hoffentlich den Weihnachtselch verschwinden zu lassen). Deshalb lasse ich Jenny freie Hand an meiner Frisur und mich von ihr überzeugen, dass mein Vorhaben absolut nicht albern ist.
    Mitten in unserer fröhlichen Vorbereitung klingelt es an der Tür. Ich drücke die Gegensprechanlage. Björn.
    Jenny steht hinter mir und macht hektische Abwink-Gesten. Na klar, ich soll ihn loswerden, in wenigen Minuten muss Felix hier aufkreuzen!
    »Jenny ist nicht da«, sage ich unhöflich, »und ich kann dich nicht reinbitten, weil ich …« (Hilfe! »Nackt bin«? »Besuch habe«?) »… gleich weg muss!« (Na bitte! Nicht immer sofort zum Äußersten greifen!)
    »Wo ist sie denn?«, fragt Björn enttäuscht. Ich versuche, Jennys Gesten zu deuten. Offenbar richtig, denn als ich Björn erzähle, sie sei bei einer Freundin lernen, nickt Jenny zufrieden. Björn verabschiedet sich betrübt. Ich lege den Hörer der Sprechanlage auf, überprüfe noch zweimal, ob wirklich die Verbindung unterbrochen ist – und erkläre dann entschieden, dass ich so was nie nie wieder tun werde. Ich will in diese Sache nicht reingezogen werden! Björn tut mir leid.
    Jenny ist unbeeindruckt. »Was fällt ihm denn auch ein?!«, fragt sie nur kess. »Einfach hier aufzukreuzen! Ist doch sonst nicht seine Art!« Ich erinnere daran, dass sie selbst ihm dringend geraten hat, spontaner zu werden – und er ihr offenbar sehr gern gefallen möchte. Jenny zuckt die Achseln. »Pech. Heute ist Felix dran.«
    »Hast du ihm auch Verbesserungsvorschläge gemacht?«, frage ich bissig. »Kann es sein, dass er gleich mit Krawatte und Bügelfalte hier auftaucht?«
    Jenny lacht und verneint. »Nicht nötig«, sagt sie. »Felix ist eigentlich ganz okay, so wie er ist.«
    Hört, hört. Das ist ja wohl das höchste Lob für einen Typen,

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