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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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mit einem lauten Knall ihr Buch zu. »Könnt ihr nicht mal für EINE STUNDE eure Männergeschichten ruhen lassen?!« Haha, das sagt die Richtige – da sind Isa und ich uns wieder einig!
    Jenny schlägt vor, dass wir die Wohnung schmücken. Ja, es ist noch schrecklich lange hin bis Weihnachten. Aber sie behauptet, der Advent sei immer zu kurz und wer könne wissen, wann wir das nächste Mal ein gemeinsames freies Wochenende haben werden. Wenn Tom von seiner Wohnungssuche zurückkommt und Tobias mich an seinen Ärzteessen teilhaben lässt, würden wir sie doch gleich im Stich lassen … Sie schaut so mitleiderregend, dass wir sofort nachgeben. Warm eingepackt machen wir uns also auf den Weg, um Jennys Lieblingsramschläden nach verfrühter Weihnachtsdekoration abzuklappern.
    Jenny kauft hemmungslos ein und belädt uns mit so vielen Weihnachtsutensilien, dass wir sie nicht nur nicht mehr tragen können – sie werden auch niemals alle in unsere Wohnung passen. Jenny winkt ab. »Eine richtige Weihnachtsdeko muss so dicht sein, dass man nichts anderes mehr sieht!«, belehrt sie uns. Ob wir wirklich Lust haben, schon von November an mit Rentier Rudolph und seinen Freunden auf Tuchfühlung zu leben, fragt sie nicht. Die Leute in der S-Bahn sehen uns an, als wären wir nicht gescheit. Wenn wir Glück haben, glauben sie nur, dass wir ein ganzes Kaufhaus dekorieren müssen.
    Daheim laden wir japsend die unzähligen Tüten und Kisten ab – und jetzt schon ist vom Rest der Wohnung nichts mehr zu sehen. Jenny ist aber noch längst nicht fertig. Der große Karton, den sie aus ihrem Schrank wuchtet, enthält erst die wirklich wilden Weihnachtssachen – gegen die blinkenden Geweihe und singenden Wichtel, die sie hieraus zutage fördert, sind unsere Einkäufe Seniorenheimdeko.
    »Das hätte doch völlig ausgereicht«, sagt Isa schwach. »Warum mussten wir noch so viel Kram dazukaufen?«
    Jenny winkt ab. »Niemals, das füllt ja nicht mal EIN Zimmer. Aus blöder Fairness habe ich Tom damals die Hälfte der Weihnachtsausstattung überlassen.«
    Ich glaube nicht, dass Tom seine Wohnung freiwillig derart grell schmücken würde, sicher verstaubt die andere Hälfte von Jennys kreischender Deko auf seinem Dachboden – aber Jenny sucht ja manchmal einfach Vorwände, um hemmungslos einzukaufen.
    »Verdammt«, faucht sie plötzlich, »da muss was schiefgelaufen sein!« (Na davon bin ich schon seit einer Stunde überzeugt!) »Ich wette, Tom hat noch meinen Weihnachtselch.« Energisch zeigt sie auf Isa. »Wenn du ihn mir wiederbeschaffst, bringe ich dir eine Woche den Kaffee ans Bett!« Isa nickt erschrocken. Was kann ein Weihnachtselch hier noch schlimmer machen?
    Jenny ist in Fahrt, verteilt mit großen Gesten den Weihnachtsklimbim in allen Zimmern, hängt falsche Gestecke auf, bindet Schleifen um alle Schranktüren und platziert bewegungsmeldergesteuerte singende Trolle. Isa und ich sehen sprachlos zu und vermeiden jede überflüssige Bewegung, um nicht mehr als einmal pro Minute den Trollgesang auszulösen. Ich verbiete den Übergriff auf mein Zimmer und suche mir nur ein einziges altes Bild aus, auf dem rotgesichtige Kinder Schlittschuh laufen. Das ist gerade genug für mich und zwischen all den Räuchermännern und funkelnden Engeln in Flur, Bad und Küche wäre es sicher untergegangen.
    Nach einer Stunde bewegen wir uns fassungslos durch einDisney-Winter-Wunderland. Jenny ist hoch zufrieden. »Endlich ein bisschen Stimmung in der Bude«, lacht sie. Ihre Untertreibungen waren nie verstörender. Einzig das Fehlen ihres Weihnachtselchs trübt Jennys Laune. »Wenn ihr ihn nur sehen könntet, ihr würdet heute Nacht mit mir in Toms Bude einbrechen, um ihn zurückzuerobern!« Wir erfahren, dass der Elch einen Meter hoch ist und einen echten handgestrickten Norwegerpullover trägt.
    »Wenn du das Ungeheuer findest …«, raune ich Isa in einem unbeobachteten Moment zu, »ich erhöhe auf vier Wochen Kaffee-ans-Bett-bringen, wenn du ihn unterschlägst!« Isa nickt mir verschwörerisch zu.
    Jennys Dekowut wird noch einmal unterbrochen, als Björn anruft. Wenn ich aus der einen Seite des Gesprächs, die ich mithören kann, richtig kombiniere, möchte er Jenny am Wochenende ausführen und vorher haarklein mit ihr absprechen, was es für Möglichkeiten gibt. Es klingt, als habe er für jede denkbare Jenny-Stimmung einen Plan vorbereitet und zähle sogar auf, was sie jeweils anziehen könnte.
    »Björn, du machst mich rasend«, faucht Jenny

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