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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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würde strahlend an ihm vorbeiziehen und so tun, als sei er vergessen und sie wunschlos glücklich. Ich kann das nicht. Aber um nach Hause zu kommen, muss ich an dem Oberarzt-VW vorbei!
    »Geh doch hin und rede mit ihm«, sagt Isa. Ich schüttle den Kopf. Noch einen Blick riskieren: Thalheim schaut nicht her, vielleicht hat er uns immer noch nicht gesehen. Jetzt steigt er doch ein. Habe ich mal wieder alles überinterpretiert und er hat ÜBERHAUPT NICHT auf mich gewartet?! Doch, er wartet ganz eindeutig – zumindest, falls er nicht in seinem Auto wohnt.
    »Hups!«, sagt Jenny plötzlich, »mein Schal!« Sie macht auf dem Absatz kehrt und eilt überraschend zurück ins warme Krankenhaus.
    »Oh«, macht Isa, etwas weniger überzeugend – und dann hastet sie Jenny hektisch hinterher. Verräterinnen! Ich könnte schwören, dass Jenny ihren Schal vor einer Sekunde noch umhatte! Mit mir nicht! Ich werde auf keinen Fall zu Thalheim gehen und mir eine neue Abfuhr abholen! Hier warten will ich aber auch nicht, denn wenn sich Jenny in den Kopf gesetzt hat, dass ich alleine auf Dr. Thalheim treffen soll, wird sie eher im Krankenhaus übernachten, als dass sie wieder herauskommt, bevor ich den gefürchteten VW erreicht habe! Also stiefele ich los, gehe tapfer geradeaus.
    Der Krankenhausvorplatz ist leer. Noch zwei Schritte bis zum Auto, in dem er immer noch sitzt, ohne den Motor zu starten. Jetzt bin ich bei ihm. Und ich kann nicht anders: Ich MUSS hinsehen.
    Sein Blick erwischt mich in voller Breitseite, gleich breche ich hier auf dem Vorplatz zusammen. Seine Stimme ist warm, ruhig. »Darf ich Sie nach Hause fahren?«

T halheim schweigt. Ich sitze neben ihm im Auto und bereue schon an der Ecke, dass ich eingestiegen bin. Will er noch jemals im Leben irgendwas sagen? Soll ich?! Oh Mann, warum habe ich kein schnippisches »Nein danke« herausgebracht? Wollte ich wirklich SO GERNE bei ihm sein? Für DAS HIER?!
    Es dauert vier Querstraßen, bis er endlich den Mund aufmacht. Es fühlt sich an, als hätten wir inzwischen zweimal nach Lübeck und zurück fahren können. Thalheim sieht mich nicht an. »Es tut mir leid.«
    Nach dieser unerwarteten Eröffnung sagt er wieder eine Weile gar nichts. Ich werde ihm nicht helfen! Eine Entschuldigung ist das Mindeste, was du verdient hast, Lena. Lass ihn noch wenigstens zweimal sagen, dass er seinen blöden Auftritt bereut, bevor du ihn erlöst! Dass ich noch vor einer Sekunde nicht nur nicht mit einer Entschuldigung, sondern sogar mit einer neuen Abfuhr gerechnet habe, vergesse ich spontan.
    Ich habe mich in der Entfernung ein wenig verschätzt, Dr. Thalheim biegt bereits in meine Straße ein. Wie können wir schon da sein?! Nein! Wir müssen doch reden, er soll sich entschuldigen, mir sagen, wie albern er sich verhalten und wie sehr er mich vermisst hat! Stopp, stopp, kann jemand mit einem riesigen Nudelholz kommen und meine schäbige kleine Straße etwa 200 Kilometer länger walzen?!
    Thalheim fährt nicht bis zu meinem Haus. Stattdessen bremst er am Anfang der Straße. Und jetzt? Was wollte er denn?! Michwirklich nur nach Hause fahren? Einmal »Tut mir leid« sagen und das war’s?! Und was willst DU eigentlich, Lena?! Am besten, du steigst jetzt aus!
    Ich habe schon die Hand am Türgriff, als er mich endlich ansieht. Und unter diesem Blick schafft mein Hirn es einfach nicht, den Befehl Tür öffnen zu meiner Hand durchzustellen.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagt seine warme, sanfte Stimme. »Es war unverzeihlich und ich kann mich nur entschuldigen. Ich hoffe, dass Sie mir das nicht nachtragen, Lena!«
    In meinem Kopf herrscht ein tsunamiartiges Gedankenchaos. »Sie« und »Lena«. Distanz. Gleichzeitig entschuldigt er sich für seine Kühle beim Mittagessen und »nicht nachtragen« heißt ja wohl, dass es anders weitergehen soll. Wie denn?! Will er sagen, dass er beim nächsten Mal eine Begrüßung findet, die einer Wir-haben-uns-geküsst-Verbindung angemessen ist? Aber: Was wäre denn angemessen? Thalheim sieht mich an. Wartet er darauf, dass ich irgendwas sage? Sind irgendwo noch Worte verfügbar? Hilf ihm, Lena!
    »Ich war schon … überrascht«, sage ich. »Enttäuscht« klingt zu sehr nach unglücklich verliebtem Teenager. »Überrascht« wirkt hoffentlich erwachsener, wie: Eigentlich können wir uns doch mal küssen und dann trotzdem Freunde sein. Okay, ich will nicht »Freunde sein«. Ich sehe ihn an und will »Verliebte sein«, sofort und für immer. Aber ich will ihn

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