Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Lily verliert ihr Herz

Miss Lily verliert ihr Herz

Titel: Miss Lily verliert ihr Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEB MARLOWE
Vom Netzwerk:
die zu den aktivsten innerhalb der Reformbewegung gehörten, steckten die Köpfe zusammen und schienen sich großartig zu amüsieren. Mrs. Bartleigh stand bei einer jungen Mutter und gab ihr – wie Lily später erfahren sollte – Ratschläge bezüglich gesunder Kinderernährung. Mr. Bartleigh und andere Gentlemen hörten gespannt zu, wie ein ehemaliger Marineoffizier von seinen Abenteuern auf See erzählte. Sogar Mr. Wilberforce hatte Minervas Einladung angenommen und diskutierte heftig mit drei dandyhaft gekleideten jungen Adeligen über Politik.
    Vor Freude über all dies wollte Lily das Herz überlaufen. Zeigte sich nicht schon jetzt, dass der Ball ein Erfolg war? Hatten nicht bereits sehr unterschiedliche Menschen zueinander gefunden? Jack hatte mit seiner Schwarzmalerei unrecht gehabt!
    Wo war er? Sie sehnte sich danach, ihn auf all die Kleinigkeiten hinzuweisen, die ihr so viel Hoffnung für die Zukunft machten.
    In diesem Moment verklang die leise Musik, die das Summen der menschlichen Stimmen kaum hatte übertönen können. Auch die Gäste wurden still, als Lord Lindley seine Verlobte auf die Tanzfläche führte. Mit freundlichen Worten hieß er noch einmal alle willkommen und erklärte, wie glücklich er sei, dass Minerva seinen Antrag angenommen hatte. Dann nickte er den Musikern zu, woraufhin diese einen Walzer anstimmten.
    Das Brautpaar eröffnete den Tanz. Nur kurz drehte es sich allein auf der Tanzfläche. Dann kamen weitere Paare dazu. Schmuck glitzerte im Schein der Kerzen, Röcke bauschten sich bei jeder Drehung, hier und da löste sich eine Haarsträhne aus der Frisur einer Dame, die von ihrem Tanzherrn herumgewirbelt wurde.
    Lily suchte Zuflucht hinter einer Säule. Sie verspürte das Bedürfnis, ein paar Minuten lang allein zu sein, um die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten.
    Doch ein Moment der Ruhe war ihr nicht vergönnt. Ein Kribbeln breitete sich auf ihrem Rücken aus, ihr Puls beschleunigte sich, und ihr Herz machte einen Sprung. War das nicht gerade ein Windstoß durch den Raum gegangen?
    Sie wandte sich um – und entdeckte Jack Alden, der nicht weit von ihr entfernt stand und sie aufmerksam beobachtete.
    Ihr stockte der Atem. Nie zuvor hatte Jack so umwerfend ausgesehen. Seine Kleidung war makellos. Sein Haar war sorgfältig frisiert, sein Krawattentuch zu einem kunstvollen Knoten geschlungen. Der gut geschnittene Rock betonte seine breiten Schultern, die elegante Hose umschloss die kräftigen Oberschenkel wie eine zweite Haut, die Schuhe glänzten.
    Noch immer starrte er Lily an. Jetzt bemerkte sie, dass sein Gesicht einen leicht schockierten Ausdruck trug. Schockierte ihn ihr Anblick? Nicht eben schmeichelhaft … Doch seine Augen verrieten ihr auch, dass er sich unwiderstehlich zu ihr hingezogen fühlte. Ja, er schien vor Verlangen zu brennen!
    Sie straffte die Schultern. Musste sie sich schämen, weil sie es so aufregend fand, einem Mann den Kopf zu verdrehen? Wohl kaum … Denn hatten Frauen nicht zu allen Zeiten die Macht genossen, die sie über die Männer ausübten?
    Jetzt, dachte sie, werde ich herausfinden, ob die Mauern, hinter denen Jack sich verschanzt, wirklich so unüberwindlich sind.
    Jack hatte lange gebraucht, um Lily in dem völlig überfüllten Ballsaal zu finden.
    Zuerst hatte er sie bei den Menschen vermutet, die nicht so farbenfroh und modisch gekleidet waren, bei den Vertretern der christlichen Reformbewegung. Davon gab es an diesem Abend erstaunlich viele. Doch offensichtlich stand Lily nicht bei ihnen.
    Als er auf seine Mutter stieß, fragte er sie nach Miss Beecham. Doch sie zuckte nur die Schultern, lächelte geheimnisvoll und sagte, irgendwo müsse Lily sein, er solle nur weitersuchen.
    Also bahnte er sich einen Weg durch die Menge, begrüßte hier einen Bekannten, lächelte da einer Freundin seiner Mutter zu und bemühte sich, die bewundernden Blicke verschiedener junger Damen gar nicht zu beachten. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich unbeschwert und selbstsicher. Dabei waren die letzten Tage gar nicht so angenehm verlaufen.
    Sicher, das Gespräch mit Crump hatte ihn deutlich weitergebracht. Doch als er die Informationen an die Admiralität hatte weitergeben wollen, hatte man ihn nicht vorgelassen. Entschlossen, sein Ziel zu erreichen, hatte er in einem ungemütlichen Vorzimmer gewartet. Schließlich hatte ein grämlich dreinblickender Sekretär ihm dann mitgeteilt, er solle am nächsten Tag wiederkommen.
    Das hatte er gemacht. Vorher allerdings hatte

Weitere Kostenlose Bücher