Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
Vom Netzwerk:
zielstrebig auf den Weg nach Lindham. Trumpeter war ein gutes Pferd und kam schnell voran. Aber das Pferd war auch nervös, denn eine merkwürdige Ruhelosigkeit lag in der Luft. Es gab immer wieder heftige Windböen, und am Himmel zogen graue und pechschwarze Wolken dahin. Zweifelsohne braute sich da ein Sturm zusammen, und das Pferd hatte dafür einen siebten Sinn. Es legte die Ohren an, begann zu tänzeln und dann urplötzlich nach vorn zu springen, selbst wenn es an Tempo zulegte. Ein weniger erfahrener Reiter als Holland hätte sich leicht verletzen können.
    Der Mann im Sattel war jedoch entschlossen, und so war der Zweikampf bald entschieden. Trumpeter wurde mithilfe von einigen klaren Kommandos zur Räson gebracht, und Holland machte ihm klar, dass er am besten der Gefahr entgehen konnte, wenn er seinen Befehlen Folge leistete und nicht vor dem Sturm wegrannte. Als Holland ihn schließlich im Schritttempo in den Hof von Lindham Hall gehen ließ, war er fast ganz gefügig.
    In den Stallungen war es ruhig, deshalb führte Holland sein Pferd in eine leere Box und löste den Sattelgurt. Er hatte gerade eine Decke über Trumpeters Rücken gelegt, als die ersten Regentropfen fielen und er vom Haus her Schritte hörte. Holland wich zurück in die Dunkelheit, trat aber wieder vor, da er die Stimme erkannte. Mr. Cuff pfiff durch die Zähne und war in ein Selbstgespräch vertieft.
    »Mr. Cuff« , flüsterte er.
    Cuff schreckte auf und ließ um ein Haar seinen Eimer mit heißem Mischfutter fallen. Er trug einen alten Mantel mit Schal und schaute nun angestrengt in die Dunkelheit.
    »Heilige Jungfrau Maria, Sir, Sie haben mich vielleicht erschreckt. Hab Sie erst für ein Gespenst gehalten.«
    »Ich bin kein Gespenst, jedenfalls noch nicht, aber Sie haben mich trotzdem nicht gesehen.«
    »Nein, Sir. Verstehe. Sie sind eher ein Schattenmann. Ich nehme an, Sie wollen zu Miss Mary?«
    »Stimmt. Können Sie sie wissen lassen, dass ich hier bin?«
    »Ja«, sagte Cuff mit einem breiten Lächeln, »ich werd ihr mal einen Wink geben. Nehme an, sie erwartet Sie?«
    »Möglich, und ich glaube auch nicht, dass meine Neuigkeiten sie überraschen werden. Aber seien Sie vorsichtig.«
    »Keine Sorge, Sir. Bin ja schließlich nicht von gestern.«
    Mit diesen Worten zog Cuff von dannen. Ungefähr zehn Minuten später öffnete sich die Stalltür sachte, und Mary spähte hinein. Holland hatte vorsichtshalber eine Laterne angezündet, sodass Mary sich zaghaft dem Licht näherte. Über dem Kleid trug sie einen Wollschal. An Haaren und Schultern glitzerten Regentropfen. Zunächst wartete er, um sicherzugehen, dass sie allein gekommen war, dann trat er aus einem leeren Stall heraus.
    Sobald sie ihn sah, verspürte sie eine ungeheure Erleichterung. Erleichterung, Erregung, Schüchternheit - all diese Empfindungen ließen ihr Herz heftig schlagen und wirbelten ihre Gedanken durcheinander. Sie lächelte ihn an und wusste nichts anderes als ein geflüstertes »Hallo« von sich zu geben.
    Er lächelte ebenfalls, obgleich seine ersten Worte so schroff klangen, als wäre er unsicher. »Tut mir leid das Ganze, und noch dazu im Regen, aber … Ist Ihnen kalt?«
    »Aber nein, mir ist warm genug«, versicherte sie ihm, »mein Schal ist ziemlich dick.« Sie setzte sich auf einen Strohballen, und kurz darauf gesellte er sich zu ihr.
    »Gut. Nun, ich wollte Sie sehen, um Ihnen zu sagen …« Er zögerte, da er unsicher war, was genau er ihr sagen wollte.
    Seine Zurückhaltung wirkte beruhigend auf Mary, und sie unterband sein stockendes Sprechen, indem sie ihm eifrig soufflierte. »Haben Sie die Dokumente gesehen? Wissen Sie, was sie bedeuten?«
    »Ja, ich komme gerade von Woolthorpe.«
    »Und gibt es einen Spion?«
    »Sieht ganz so aus … entweder in Woolwich oder in einer der Pulvermühlen. Oder vielleicht auch an beiden Stellen. Da bin ich mir nicht sicher.«
    »Pulvermühlen«, wiederholte Mary unsicher.
    »Da, wo es hergestellt wird.Wir … graben es ja nicht aus der Erde aus, müssen Sie wissen.«
    »Nein, natürlich nicht.« Sie erinnerte sich an die Hinweise in den Dokumenten auf Öfen und Kuchen. Konnten diese etwas mit der Herstellung - oder sogar dem Backen - von Schießpulver zu tun haben? Es hörte sich sehr merkwürdig an, aber wie sie ihm gestand, was wusste sie schon darüber? Als er ihr sagte, er sei froh, dass es noch etwas gebe, das sie nicht wisse, lächelte sie. Dann fragte sie, ob das Verfahren schwierig sei.
    »Es ist schwierig, es

Weitere Kostenlose Bücher