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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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oder?«
    Mr. Somerville ließ seinen Blick zwischen den beiden Männern hin und her wandern. Dann legte er vor lauter Anstrengung auf der Suche nach einem passenden Kommentar die Stirn in Falten und hob sogar an zu sprechen, ließ es dann aber doch bleiben, als Hicks ihn leicht am Ellbogen berührte.
    »Hm«, sagte er stattdessen.
    »Ich weiß nicht«, meinte Holland kühl. »Es wäre sinnlos, Hals über Kopf zu handeln und so alles zu verpfuschen. Wir wissen noch nicht einmal, ob wir mit dem Lokal richtigliegen. Und es ist meine Pflicht, meinen vorgesetzten Offizier davon zu unterrichten, was ich weiß.«
    »Aber Sie müssen doch...«
    »Ich muss was ?«
    Déprez registrierte, dass Hollands Stimme einen unheilvollen Klang angenommen hatte, und mäßigte daher seinen Ton. »Entschuldigung, aber könnte es nicht auch riskant sein, nach Woolwich zurückzukehren und diese Entdeckung preiszugeben? Wir wissen, dass Informationen verraten werden, wir wissen jedoch weder etwas über das Ausmaß des Verbrechens noch über dessen Urheber. Vielleicht haben wir es mit einem Einzeltäter zu tun, möglicherweise aber auch mit mehreren Personen von wesentlich höherem Rang.«
    »Wollen Sie damit andeuten, die ranghöchsten Offiziere in Woolwich sind Spione und Verräter?«, fuhr Holland ihn an. »In diesem Fall werde ich nämlich...«
    Wieder war Déprez bestrebt, eine direkte Konfrontation zu vermeiden. »Nein, ich will damit nur sagen, dass diese Möglichkeit besteht, und wenn Sie jetzt unbedacht nach Woolwich zurückkehren, laufen Sie Gefahr, ihnen in die Hände zu arbeiten, indem sie genau die Beweise preisgeben, mit denen wir sie an den Galgen bringen können.«
    Holland schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas im Gange ist. Noch heute Abend fahre ich nach London. So haben wir genügend Zeit, um vor dem Treffen etwas zu arrangieren … wenn es sich bei dem Ganzen überhaupt um ein Treffen handelt.«
    »Ich würde mich Ihnen gerne anschließen, wenn Sie erlauben«, sagte Déprez.
    Holland sah ihn an, als ob er diese Bitte ausschlagen würde, doch er willigte widerstrebend ein. »In Ordnung, aber Sie müssen mir Ihr Wort geben, nichts auf eigene Faust zu unternehmen.«
    »Versprochen, Sir. Selbstverständlich. Sie haben das Sagen.«
    Mr. Somerville sah auf die Uhr und war sichtlich erleichtert, doch noch einen wertvollen Wortbeitrag leisten zu können. Die Postkutsche nach London fuhr um neun von Ipswich ab, und er würde ein Paar Pferde satteln lassen. Captain Holland wollte, bevor er sich auf den Weg machte, sicherlich noch eine Erfrischung zu sich nehmen. Glücklicherweise blieb ihnen hierfür noch genügend Zeit.
    »Ich danke Ihnen, Sir, aber ich möchte lieber keine Zeit verlieren. Ich muss … mich noch um ein paar Dinge kümmern, bevor ich Lindham verlasse.«
    Déprez runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Kurze Zeit später bemerkte Mr. Somerville: »Nun, ich rate niemandem dazu, mit leerem Magen zu reisen, aber wie Sie wünschen. Ich lasse Trumpeter satteln. Auf ihm erreichen Sie Woodbridge in kürzester Zeit … oder Ipswich, falls Sie die Kutsche verpassen sollten.«
    »Vielen Dank, Sir. Sehr freundlich von Ihnen.« Holland und Déprez kamen überein, sich entweder in Woodbridge oder im Great White Horse zu treffen, wo sie die Postkutsche nach London besteigen wollten. Dann sammelte Holland die Originaldokumente sowie die Kopien zusammen. »Und ich werde ein wachsames Auge auf die Papiere haben.«
    Dann liefen die beiden Männer zusammen den langen Korridor entlang bis zu den Stallungen. Holland hatte eine ernste Miene aufgesetzt, seine unansehnliche Uniform war das genaue Gegenteil von der stattlichen Kleidung des Mannes neben ihm. Déprez’ Gesichtsausdruck ließ sich nicht so leicht entschlüsseln: Er wirkte nachdenklich, berechnend, aber auch besorgt. Der dicke Teppichläufer dämpfte ihre Schritte. Schließlich wandte Déprez sich leise und ein wenig forschend an Holland: »Sie gehen zu Miss Finch?«
    Der Themenwechsel vereinfachte ihre Konversation indes nicht. Holland wusste, alles würde nur noch schwieriger, wenn er Mary aufsuchte, aber dessen ungeachtet hatte er nicht die Absicht, mit Déprez über sie zu sprechen. »So ist es«, entgegnete er daher kurz angebunden.
    »Ich wollte sie bei unseren Gesprächen nicht außen vor lassen«, fuhr Déprez fort, »und selbstverständlich war sie sehr darauf erpicht, mit dabei zu sein, aber bei einem Besuch in Woolthorpe Manor hätte Mrs.

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