Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
Vom Netzwerk:
Gewissen, weil ich davon profitieren würde. Und das war gut und richtig. Aber gleichzeitig …« Sie biss sich auf die Unterlippe und zog lose Strohhalme aus dem Ballen neben sich.
    Behutsam legte Holland seine Hand auf die ihre, was sie innehalten ließ. »Reden Sie weiter«, murmelte er.
    »Gleichzeitig«, setzte sie noch einmal bedächtig an, »hatte ich Angst, jemand könne es herausfinden. Ich dachte an meine gesellschaftliche … Stellung, verstehen Sie, und ich wollte nicht, dass alles aufhört, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Ein so selbstsüchtiges Ding wie mich gibt es kein zweites Mal … Jedenfalls bin ich wohl sehr selbstsüchtig.« Sie wartete darauf, dass er seine Hand wieder wegnahm, das geschah jedoch nicht. Dies ermutigte sie weiterzusprechen. »Und wenn mein Onkel wirklich ein Verräter war und wir recht haben, was den Verlust von Hab und Gut anbelangt, dann werde ich vielleicht überhaupt nichts erben.«
    »Ja, das ist möglich.«
    Hollands nüchterner Ton und sein zuversichtlicher Händedruck hatten eine überraschende Wirkung: Mary dachte nun nicht mehr über sich nach, sondern über ihn - wie unangenehm es für ihn sein musste, sich all dies anzuhören und sich dazu noch verpflichtet zu fühlen, sie zu beruhigen. Plötzlich war es wichtig, ihn zu beruhigen. Sie lächelte standhaft. »Natürlich macht mir das nicht wirklich etwas aus. Ich stünde nicht schlechter da als zuvor, schließlich gibt es immer noch Mrs. Bunburys Schule.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. Sie war tapfer, daran bestand kein Zweifel. »Ja, es gibt immer noch Mrs. Bunburys Schule.«
    »Und wenn sich herausstellt, dass ich doch keine Erbin bin, wird sich die feine Gesellschaft hier keinen Deut mehr für mich interessieren. Die Leute schütteln dann bestimmt einfach den Kopf und lassen etwas über die Nichtigkeit menschlicher Wünsche verlauten. Es ist schwer, Gegenstand einer Moralpredigt zu sein, aber wahrscheinlich werde ich nicht viel davon zu hören bekommen.«
    »Es dauert sicher nicht lange, bis die Leute was Neues finden, worüber sie sich das Maul zerreißen können«, meinte Holland, »darauf können Sie sich verlassen. Und es stimmt nicht, dass Geld keinen Unterschied macht. Das trifft vielleicht auf die bessere Gesellschaft zu, aber wer schert sich schon um diese Leute? Für Ihre … Freunde wäre das sicher einerlei.«
    Noch immer hielt er ihre Hand. Mittlerweile fühlte sich das äußerst angenehm an. »Hoffentlich stört es Sie nicht, dass ich Ihnen das alles erzähle«, meinte sie mit vertraulicher Stimme.
    »Aber nein«, versicherte Holland ihr, »ich bin froh, dass Sie es getan haben.«
    »Es war so schwer. Einerseits wollte ich nicht, dass jemand es erfährt, und andererseits wollte ich unbedingt darüber reden. Ich … mochte Mrs. Tipton nichts davon erzählen.«
    »O Gott, nein!«
    Jetzt zu kichern schien Mary unangebracht, deshalb kämpfte sie hart dagegen an. Stattdessen fragte sie Holland nach seinen eigenen Plänen.
    »Meinem Vorgesetzten in Woolwich Bericht erstatten.« Er sah auf die Uhr und erhob sich. »Ich sollte mich besser auf den Weg machen. Ich muss nach Ipswich, um die Postkutsche nach London noch zu erreichen.«
    Mary stand ebenfalls auf. »Ich wünschte, ich könnte Sie begleiten, aber Mrs. Tipton würde das niemals erlauben.«
    »Sie könnten jederzeit als blinder Passagier mitkommen«, meinte Holland. »Nein, nein, ich will damit nicht andeuten, dass Sie das tun sollten«, fügte er dann noch schnell hinzu. »Woolwich fänden Sie nämlich bestimmt nicht interessant.«
    Dann ging er zur Box seines Pferdes. Sie folgte ihm. »Fahren Sie wirklich nach Woolwich?«
    »Selbstverständlich.Warum denn nicht?« Er nahm die Decke wieder von Trumpeters Rücken und schnallte ihm den Bauchgurt enger. »Ganz ruhig«, besänftige er das Pferd, als es gegen ihn stieß, offenbar aus Unmut über die Aussicht, wieder zurück in den Regen zu müssen.
    »Aber wie wollen Sie die Verräter fangen? Und was ist mit dem Mace & Cells?«
    Über den Sattel hinweg blickte Holland sie scharf an. Dann bewegte er sich behutsam aus dem Stall und ging wieder neben ihr her. »Was wissen Sie denn darüber?«, wollte er wissen.
    In seinem Ton schwang etwas mit - vielleicht Ärger oder eine Verdächtigung -, sodass Mary einen Schritt zurückwich. »Mr. Déprez meinte, Mace & Cells könne sich auf eine Verabredung zwischen dem Spion und den Schmugglern oder zwischen dem Spion und einer französischen Kontaktperson

Weitere Kostenlose Bücher