Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
Vom Netzwerk:
begibt sich in große Gefahr, wenn er einfach so weitermacht!«
    »Verstehe«, stimmte Hicks ihr zu, »aber … aber ich werde ihm doch von Ihrer Entdeckung berichten. Das mache ich sowieso, sobald ich ihn sehe. Welchen Vorteil sollte es also haben, wenn Sie ihn informieren?«
    Sie lächelte freimütig. »Wohl gar keinen. Ich weiß, es hört sich furchtbar selbstsüchtig von mir an, aber nach allem, was geschehen ist, ist es recht schwer für mich, einfach nur tatenlos zuzusehen, auch weil wir noch nicht alles gelöst haben. Ich muss einfach bis zum Ende dabei sein. Und ich weiß eine ganze Menge über die Verschlüsselung.«
    »Ja, aber …« Hicks runzelte entmutigt die Stirn. Er mochte Mary, aber der Gedanke, Frauen sind gefühlsduselig, es ist einfach unmöglich, mit ihnen zu diskutieren , schoss ihm immer wieder durch den Kopf. Kurze Zeit später nutzte er diese Überlegung jedoch zu seinem Vorteil. »Wie sieht es eigentlich mit Mrs. Tipton aus? Wie gedenken Sie, ihr alles zu erklären?«
    Der Hinweis auf ihre Gastgeberin war äußerst ernüchternd. Mary wusste, dass es unmöglich war, Mrs. Tipton überhaupt etwas zu erklären, und schon gar nicht dergestalt, dass es ihre Zustimmung fände. Aber einfach fortzugehen, sie überstürzt und ohne ein Wort zu verlassen, zeugte von sehr schlechtem Benehmen, es wäre unhöflich und undankbar. Und wenn sie mit nach London führe, ließe sich ihre Abwesenheit nicht länger verbergen. »Ich werde ihr sagen, dass ich - ganz unerwartet - gezwungen bin, mich in einer äußerst wichtigen Angelegenheit auf der Stelle nach London zu begeben, dass aber … für meine Sicherheit gesorgt ist. Ich kann ihr gleich hier eine Nachricht schreiben, und jemand vom Gasthof überbringt sie dann.«
    »Und Sie glauben, Sie können sie so zufriedenstellen?«
    Mary spürte, wie sie errötete. »Nein, aber … wenigstens sorgt sie sich so nicht gleich, und ich muss nicht lügen. Also«, fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu, »werden Sie mich nach London mitnehmen oder … muss ich allein dorthin fahren?«
    »Allein?« , rief Hicks entsetzt aus.
    »Ja«, sagte Mary, wobei ihre Stimme zunehmend selbstbewusster klang. »Beim Bankhaus Collier wird man mir einen Vorschuss für die Fahrtkosten geben. Schließlich werde ich eine Erbschaft machen und kann es mir leisten, einen Wagen zu mieten - oder sogar zu kaufen , wenn ich einen benötige.« Dann lächelte sie. »Aber ich würde natürlich viel lieber mit Ihnen fahren.«
    Hicks seufzte, aber Marys entschlossener Blick überzeugte ihn, dass es reine Zeitverschwendung wäre, weiter mit ihr zu diskutieren. Frauen! Was auch immer ihre Vorzüge sein mochten, sie machten nichts als Ärger. »Nun gut«, stimmte er kurz angebunden zu. »Dann soll es wohl so sein.«
     
    Holland und Déprez kehrten über Waltham Abbey zum Gasthof Four Swans zurück; nicht etwa, weil einer von ihnen daran glaubte, Joseph Sehler tatsächlich zu Hause anzutreffen, sondern weil sie herausfinden wollten, ob seine Nachbarn ihnen dabei behilflich sein konnten, ihn ausfindig zu machen. Wie sich herausstellte, machten sie den Umweg vergeblich. Niemand hatte gesehen, wie Sehler das Haus verließ, und sie bekamen auch keine glaubwürdigen Angaben, wo er sich aufhalten könnte. Man beschrieb ihn als einen ruhigen, angesehenen Mann, der keine Probleme machte. Offenbar war es zu schwer, sich ihn als jemand anderen vorzustellen.
    Ihren Fragen und Hinweisen stand man abweisend gegenüber oder missverstand sie. Deshalb hatten Holland und Déprez keine andere Wahl, als nach London zurückzukehren. Da sie in der Kutsche von Waltham Cross nicht allein saßen, gab es keine Möglichkeit, über die Frage zu reden, die beide am meisten beschäftigte. Gleich nachdem sie am Spread Eagle ausgestiegen waren, wandte sich Déprez jedoch an Holland, um ihr Gespräch fortzusetzen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte er. »Wie wollen wir vorgehen?«
    »Es gibt keinen Plan«, meinte Holland knapp. »Wir werden Sehler jetzt nicht mehr ausfindig machen können.«
    »Wir könnten nach Marylebone gehen.«
    Holland schüttelte den Kopf. »Wenn man ihn in Waltham Abbey nicht kannte, wird es hier nicht anders sein. Und wir wissen noch nicht einmal, wo wir fragen sollen.«
    »Aber der Alte … Tom sagte doch, dass er hier Verwandte hat.«
    »Glauben Sie wirklich, er besucht seine Mutter?«
    »Vielleicht. Wenn jemand in Schwierigkeiten ist und nach einem sicheren Unterschlupf sucht - warum nicht? Eine liebende

Weitere Kostenlose Bücher