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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Hinblick auf eine neue Aufgabe. Aber in der Zwischenzeit sollten Sie sich entspannen.«
    Er sammelte seine Schreibutensilien zusammen, und als er sich erhob, tat Sehler es ihm gleich. »Sieht es in Waltham Abbey … sehr schlecht aus?«, fragte er. »In der Mühle, meine ich. Ich weiß, dass mein überstürzter Weggang Probleme machen wird.«
    »Mir ist nicht genau bekannt, wie die Lage dort ist«, meinte der junge Mann achselzuckend. »Soviel ich weiß, liegt die echte Schwierigkeit woanders. Die Warnung an Sie war nur eine Folge davon. Benötigen Sie sonst noch irgendetwas?«
    »Nein, ich bin rundum zufrieden, danke. Vielleicht lege ich mich etwas hin. Ich bin ein wenig müde.«
    Und wie müde er war. Gleich nachdem er sich hingelegt hatte, fiel er in einen so tiefen Schlaf, dass er nicht mitbekam, wie die Bediensteten einer nach dem anderen hereinkamen, seine unansehnliche Bekleidung entfernten, sie durch seine eigene, sorgfältig gebügelte ersetzten und später, um Handtücher und Waschzeug zu bringen. Als er nach einigen Stunden erwachte, sah er jedoch alles, und eine Woge des Glücks durchflutete ihn. Wie dumm von ihm, Zweifel zu hegen. Sie waren so sorgfältig, so diskret. Sie würden niemals zulassen, dass ihm etwas passierte. Alles würde gut werden.
    Während er sich Gesicht und Hände wusch, lächelte er sein Ebenbild im Spiegel an.Wie gut es doch tat, sich wieder sauber zu fühlen; er hasste Bartstoppeln. Dann band er sein Halstuch um, sah auf die Uhr und schlüpfte in den Mantel. Das Nickerchen hatte ihn erfrischt, und es blieb gerade noch genügend Zeit für einen kurzen Spaziergang, bevor es dunkelte.
    Da es ein dämmriger Nachmittag war, ging er davon aus, dass der Park zu dieser Stunde so gut wie menschenleer wäre. Deshalb bog er in die Oxford Street ein. Schließlich wollte er keinen unnötigen Ärger. Er dachte über seine Zukunft nach. Sehr wahrscheinlich bekäme er eine neue Aufgabe zugeteilt, möglicherweise sogar etwas noch Wichtigeres. Ein Umzug käme zwar nicht billig, aber schließlich war er ein wertvoller Agent. Wie er sich aus der Sache herausmanövriert, sich eigenhändig gerettet hatte, damit war der Beweis erbracht, wenn dies überhaupt noch vonnöten war, dass er das Geld wert war.
    Er war nur einer unter vielen Schaufensterbummlern. Gerade sah er sich amüsiert ein Regal mit silbernen Zigarrenkästen an, da rempelte ihn jemand an und stieß ihn dann zur Seite. Reflexartig griff er in die Manteltasche, um seine Geldbörse festzuhalten, ohne daran zu denken, dass sie leer war. Dann wurde er fest am Ellbogen gepackt und seitwärtsgeschleudert. Der kleine Mann mit schmalem Gesicht und einer Narbe so groß wie das Schnurrhaar einer Katze stierte zu ihm hoch, woraufhin Sehler genauso zusammenzuckte, wie Mary es getan hatte, als sie ihm auf der Stowmarket Road begegnet war.
    »Heh!«, brummte Sehler stolpernd. Noch bevor er wusste, wie ihm geschah, schubste man ihn um die Ecke in eine Gasse. Was sollte das - dieses fiese Verhalten - elender, mickriger Vagabund. Vergeblich versuchte er, sich seinen Angreifer vom Leibe zu halten. Sie schubsten sich gegenseitig und rutschten bald auf dem harten, zerfurchten Boden herum. Sehler kam nicht auf die Idee, laut zu schreien. Vor diesem kleinen Wicht brauchte er doch keine Angst zu haben. »Lass mich los … bei mir ist kein Geld zu holen«, warnte er ihn.
    »Weiß ich«, entgegnete Rede höhnisch. Trotz seines kleinen Wuchses war er unglaublich stark und drahtig. Er warf Sehler mit aller Wucht gegen eine Hauswand und hielt ihn dann mit der Schulter eingeklemmt. »Hals über Kopf von zu Hause abgehauen, was?«
    Sehler erstarrte. »O Gott … Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?«
    »Was mir zusteht. Das kriege ich aber erst, wenn ich mit dir fertig bin«, sagte Rede. Während er sich immer noch gegen Sehler stemmte, tastete er in seiner Tasche nach etwas. »Du hast mir ziemlichen Ärger gemacht, überall und nirgends rumzulaufen in der Stadt. Hast mich ganz schön geschafft.«
    »Bitte«, flehte Sehler ihn an. »Lassen Sie mich gehen. Ich habe nie … Meine Informationen waren immer zuverlässig! Ich bin immer meinen Anweisungen gefolgt.«
    »Tatsächlich? Nun, das ist mir völlig wurscht.«
    Aus seiner Tasche fischte Rede nun eine kleine Pistole, die in seiner Hand kaum zu sehen war, Sehler nahm sie aber trotzdem flüchtig wahr. »Nein!«, schrie er und versetzte Rede mit aller Kraft einen Stoß, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte und zu Boden

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