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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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gehen ließ.
    Der kleine Mann schlug hart auf, die Pistole glitt ihm aus der Hand und dann über das Kopfsteinpflaster, aber im Handumdrehen war er wieder auf den Beinen. Sehler stolperte, richtete sich abermals auf und rannte in dem Moment die Gasse hinunter, als Rede seine Waffe wieder an sich riss. Gleich darauf jagte er hinter Sehler her.
    Der keuchte und schrie beim Laufen. Doch Rede holte ihn ein. Als er sich auf Sehler stürzte, vermochte er ihn jedoch nicht zu Fall zu bringen, da er zu leicht war. Sie rangelten, Rede klammerte sich fest an ihn, während Sehler abermals versuchte, sich loszureißen, und durch die Gasse torkelte. Gerade als Rede seine Beine umklammerte, hievte Sehler seinen Angreifer gegen einen Stapel Kisten. Daraufhin gingen beide zu Boden und kämpften dort weiter.
    »Bitte lassen Sie mich gehen!«, flehte Sehler noch einmal.
    Rede schlug ihm heftig ins Gesicht. Als er auf Sehler kletterte, spürte dieser, wie ihn seine Kräfte verließen. Dann wurde ihm der Lauf in die Seite gedrückt. Sehler wand sich verzweifelt. »Nein … warten Sie! Ich habe eine Idee!«
    »Meine ist besser«, flüsterte Rede und drückte ab.

19
    Ein ungehobelter Holztisch und ein Stuhl: Das waren die einzigen Möbel in dem dunklen und zugigen Raum. Paul Déprez saß bewegungslos und tief in Gedanken versunken auf dem Stuhl. Seine unmittelbare Umgebung nahm er aber dennoch wahr: die verschlossene Tür vor ihm, den Mondlichtstrahl, der durch das kleine Fenster drang, den Fußboden erhellte und dreckige Fußspuren sowie Abfälle sichtbar machte, und hinten in der Ecke schien der dunklere Schatten sich von Zeit zu Zeit ruhelos hin und her zu bewegen und zu zittern. Es war kalt, Déprez hatte den Mantel anbehalten. Auf dem Tisch neben ihm befanden sich ein Kerzenhalter und eine doppelläufige Pistole, die er schnell an sich riss, sobald er ein leises Klopfen an der Tür hörte.
    Er stand auf und eilte lautlos durch den Raum. Dabei versuchte er, im Dunkeln zu bleiben. Er schob den Riegel zurück und öffnete langsam die Tür. Ein kleinwüchsiger Mann schob sich herein und zog die Tür hinter sich zu.
    »Nun?«, flüsterte Déprez. In dieser einen Silbe schwang Angst mit.
    »Bei mir läuft alles nach Plan, Chef«, antwortete Rede, »und draußen ist es ziemlich ruhig. So ruhig, wie man es sich nur wünschen kann. Haben Sie … alles Notwendige getan?«
    »Hm-m. Ja, aber es war wohl ein bisschen zu viel des Guten. Zünde die Kerze da an, und sieh ihn dir mal an.«
    Rede tat wie geheißen. Bald erleuchtete ein schwaches, flackerndes Licht den Tisch und dahinter sein dürres, bleiches Gesicht. Déprez zündete eine zweite Kerze an und hielt sie hoch. Ihr Widerschein sorgte für riesige, tanzende Schatten weiter hinten im Raum. »Da drüben«, sagte er und deutete mit dem Kopf in die entsprechende Richtung.
    »Ah«, wisperte Rede, als er im Halbdunkeln in der Ecke etwas erkannte, das wie eine tiefe Pritsche oder ein Stapel Sackleinen aussah. Darauf lag ein Mann, mit einem dunklen Mantel zugedeckt. Rede kniete sich neben ihn und erleuchtete mit seiner Kerze das Gesicht des Mannes. Dessen Augen waren geschlossen, aber er schien nicht zu schlafen, denn er atmete unregelmäßig. Die Haare klebten ihm trotz der kühlen Temperatur am Gesicht. »Captain Holland«, murmelte Rede. »Freut mich, Sie zu guter Letzt doch noch kennenzulernen.« Dann hob er den Mantel hoch. Als er einen dunklen nassen Fleck auf dem weißen Hemd des Mannes sah, pfiff er lautlos. »Hat sich zur Wehr gesetzt, was, Chef?«
    Déprez beugte sich über Redes Schulter und blickte Holland stirnrunzelnd an. »Ja, das hat er. Zum Henker. Aber eigentlich bin ich selbst schuld. Ich dachte, er sei bewusstlos, dabei war er wohl nur benommen, und nachdem ich ihn hierhergebracht hatte, ist er auf mich losgegangen wie ein … wie von Sinnen. Das kam völlig unerwartet, und ich war hier ganz allein, und …« Déprez atmete tief durch und zuckte zaghaft mit den Achseln. »Auf die Gefahr hin, das Offensichtliche auszusprechen: So hatte ich mir das alles nicht vorgestellt.«
    »Nun, Sie haben ihn … sozusagen. Das ist doch schon mal was.«
    »Ja, ich habe ihn, und es wäre auch mein Glück, wenn er stirbt. Wie groß ist die Chance, hier heute Nacht noch einen Arzt herzubekommen?«
    Rede schüttelte den Kopf. »Keinen richtigen Arzt, keinen guten. Der kommt nicht in diese Gegend, egal ob bei Tag oder bei Nacht. Kann versuchen, jemanden aufzutreiben … vielleicht einen

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