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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Papiere«, meinte Hudson, »aber wir hatten noch keine Gelegenheit, sie durchzusehen.«
    »Nicht mit der Entschlüsselung, sondern mit dem Buch«, erklärte Mary, »ich meine mit der Auflage. «
    »Wir fürchten, dass Sehler tot ist«, verkündete Hicks, »ganz schönes Pech ist das, aber sieh dir das mal an … Holland wird hier namentlich genannt!«
    Déprez blickte stirnrunzelnd auf Marys flüchtig zu Papier gebrachte Notizen und reagierte mit einem Nicken auf das Gesagte. Die Erwähnung von Hollands Namen erinnerte ihn jedoch wieder an seine eigentliche Absicht.
    »Warten Sie«, rief er, »das hier kann alles warten. Wir haben Captain Holland in unserer Gewalt - oder dem wird so sein, wenn wir jetzt handeln.«
    Durch seinen entschlossenen Ton wurden auch die bis dahin willkürlichen Bemerkungen konkreter. Wo hatte Déprez Holland gelassen? In einem Haus im Elendsquartier St. Catharine’s? Ja, Hudson kannte die Gegend. Und Holland selbst war in Gewahrsam? Ja, man hatte ihn angebunden und bewachte ihn. Dann wandten die Männer sich den logistischen Details zu: dem Transport, einer Patrouille von Constables und einem Chirurgen, der den nach Handgreiflichkeiten mit Déprez verletzten Captain Holland behandeln sollte. Bei diesem plötzlichen Wechsel vom Reden zum Handeln hatte man Mary völlig vergessen, und sogar sie selbst spürte, dass sie ausrangiert worden war. Wie ein Möbelstück. Was auch immer passieren mochte, sie würde keinen Anteil daran haben.
    Bald darauf verschwanden die Männer. Déprez blieb nur ganz kurz im Eingang stehen, als ob er noch etwas zu Mary sagen wollte, bevor er den anderen folgte und die Treppe hinunterstürzte. Sie rannte zum großen, dreckigen Fenster und beobachtete, wie Déprez auf der Straße auf Hudson einredete. Er gab Handzeichen, als ob er den Weg beschriebe, während Hicks zusah, ängstlich nickte und die Hände zusammenpresste. Dann schlossen sich ihnen weitere Männer an: So wie Hudson mit ihnen sprach, mussten es allesamt Polizisten sein. Einer von ihnen winkte eine Droschke herbei, und alle stiegen ein. Jetzt ging es sehr schnell, und im Nu fuhren sie davon: unter Hufgeklapper und dem ohrenbetäubenden Schrillen einer Trillerpfeife zur Warnung für jedermann, den Weg freizugeben.
    Mary trat vom Fenster zurück und setzte sich. Mit einem Mal war der ganze Trubel vorbei, und sie fröstelte. Übrig geblieben waren Mr. Hudsons mittlerweile kalter Tee, das schwach im Kamin brennende Feuer und ein wahrscheinlich von Hicks beim Aufbruch in der Eile fallen gelassener Handschuh. Und sie selbst. Aber das war jetzt ja vollkommen belanglos.
     
    Hicks und Déprez saßen zusammen mit zwei Constables in der zweiten Droschke. Déprez warnte die beiden, sich vor Captain Holland in Acht zu nehmen. Der Verletzte sei keineswegs ungefährlich.
    Die Constables nickten. »Wir werden vorsichtig sein, Sir, da können Sie Gift drauf nehmen.« »Mit uns macht der keine Spielchen nicht.«
    »Selbstverständlich nicht.« Kurz darauf sagte er zu Hicks: »Ich wünschte, Miss Finch wäre nicht hier.«
    »Ja, ich hatte auch nicht vor, sie mitzunehmen, aber...«
    »Sie sollte solchen Dingen hier nicht ausgesetzt werden«, sagte Déprez grübelnd. »Eine so junge Frau mit einem weichen Herzen … Sie muss doch von all diesen Ereignissen zwangsläufig tief getroffen und schockiert sein.« Er schüttelte den Kopf. »Manches davon war unvermeidbar, doch jetzt alles noch einmal aus nächster Nähe mitzuerleben …«
    Die Constables dachten, die junge Lady auf der Wache sei irgendwie auch dem Verräter zum Opfer gefallen und er hätte ihr Vertrauen missbraucht. Das stachelte ihren Zorn umso mehr an. Holland, dieser Bastard, konnte von ihnen keine Gnade erwarten. Zwischen ihr zorniges Gemurmel sagte Hicks leise: »Es war purer Zufall. Ich traf sie auf der Straße. Sie kam von White Ladies und wollte nach Woolthorpe Manor fahren, um zu erklären, was sie hinsichtlich der verschiedenen Auflagen von Blackstones Kommentaren entdeckt hatte! Weiß der Himmel, warum sie sich deswegen solche Sorgen machte. Ich sagte ihr, dass dies keinen Unterschied machen würde, aber sie war … aufgebracht und redete ganz wirres Zeug. Sie sagte sogar … Und als ich ihr die Sache mit Holland erklärte...«
    »Aha, du hast ihr also von unserem Verdacht erzählt?«
    »Ja, ich dachte, das wäre besser so.« Déprez entgegnete nichts. Hicks fügte noch hinzu: »Sie wollte mitkommen, um herauszufinden, wie alles einen Sinn ergibt. Sonst
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