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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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verdammt, verdammt«, murmelte er, und als er wieder aufsah, blickte er grimmig drein. »Wir werden wohl ohne Joseph Sehler auskommen müssen«, informierte er die Anwesenden. »In diesem Bericht steht, dass er letzte Nacht offenbar ermordet wurde. Erschossen in einer Gasse in Marylebone.«
    Hicks sank in seinen Stuhl zurück und sah ziemlich besorgt drein. »Tot! Sicher?«
    »Sieht so aus. Zeugen natürlich Fehlanzeige.«
    »Dafür brauchen Sie wohl auch keine«, beklagte Hicks sich. »Ich wette, dass ist Redes Werk. Dieser verdammte Dummkopf! Ich hätte wissen müssen, dass man ihn niemals mit etwas Wichtigem betrauen kann.«
    »Rede?«, fragte Hudson nach. »Hatten Sie den denn auf Sehler angesetzt?«
    »Nein, ganz so war es nicht. Es kann aber sein, dass er etwas von dem, was ich sagte, als ich ihn anwies, nach Waltham Abbey zu fahren … missverstanden hat. Ich habe ihm eingebläut, wie wichtig Sehler ist, und dann, als er Sehler beim ersten Mal verpasste … Sie haben doch selbst gesehen, was für ein Kerl das ist.«
    »Ja, stimmt.«
    »Er muss sich dazu berufen gefühlt haben, Sehler zu finden. Und so einer denkt natürlich nur an Messer oder Pistole.Wenn Sehler sich gewehrt hat, kann da schnell etwas schiefgelaufen sein. Aber dass er jetzt tot ist!« All sein Elan schien Hicks nun langsam aber sicher zu verlassen. Auf einmal sah er alt und müde aus. »Sie wissen ja gar nicht … Für Sie ist das nur ein Fall, Sir, aber Mr. D. und ich, wir verfolgen diese Spur von Sehler und seinen Komplizen schon seit Monaten. Wir sind nie müde geworden, haben immer die Augen offen gehalten nach neuen Anhaltspunkten. Und jetzt...«
    Hudson hatte auch schon mit beruflichen Enttäuschungen umgehen müssen, und die gleichen Gefühle billigte er voller Anerkennung auch Hicks zu. »Ein saumäßiges Pech«, stimmte er matt zu. »Wir werden mit entsprechender Sorgfalt drangehen, wenn man den Leichnam herbringt. Sie können Sehler doch zweifelsfrei identifizieren, nicht wahr? In der Zwischenzeit dürfen wir aber nicht die Hände in den Schoß legen. Wie wollen wir mit Captain Holland verfahren? Sie sagten, dass Ihr Freund Déprez mit ihm zusammen Suffolk verlassen hat und auf dem Weg hierher nach London ist.«
    »Sagten Sie ›Déprez‹, Sir?«, wollte Hudsons Kollege wissen, der sich noch immer im Eingang herumdrückte. »Unten ist jemand, der so heißt.«
    Sofort redeten alle durcheinander, aber Hudson übertönte die anderen. »Guter Gott!«, brüllte er ihn an. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Her mit ihm! Schicken Sie ihn auf der Stelle hoch!«
    Die Schritte auf der Treppe draußen klangen voller Elan, aber als die Tür sich öffnete, bekamen sie eine Gestalt zu Gesicht, die nicht sehr viel Ähnlichkeit mit jenem Paul Déprez aufwies, den Mary und Hicks zuletzt gesehen hatten. Sein Mantel war mit Schlamm,Vorhemd und Manschetten mit Blut bespritzt. Und obendrein sah er grimmig und müde aus. Seine letzte Rasur lag bereits einige Zeit zurück, und das Gesicht bedeckten Schnittwunden und blaue Flecken.
    »Déprez!«, rief Hicks und eilte zu ihm hin. »Mein Lieber! Du bist ja verwundet! Was ist geschehen?«
    »Nein, nein, keine Sorge. Ich erkläre gleich alles«, widersetzte sich Déprez. »Aber zuerst dies, Gentlemen: Wir haben ihn.«
    »Captain Holland?«, war aus aller Munde zu hören. »Wie denn? Was ist passiert? Wo ist er?«
    Déprez begann mit der Beantwortung der Fragen. Plötzlich bemerkte er jedoch, dass Mary ihn völlig verblüfft anstarrte. »Miss Finch! Wie um alles in der Welt... Was machen Sie denn hier?«
    Noch bevor sie ihm antworten konnte, ging er auf sie zu. Auf seinem Gesicht ließen sich abwechselnd Freude, Überraschung und Verärgerung ablesen. »Wie um alles in der Welt«, murmelte er abermals und bahnte sich dabei einen Weg um den Schreibtisch herum.
    »Ich bin letzte Nacht zusammen mit Hicks gekommen«, erläuterte Mary, während Déprez sie bei den Händen fasste. Sie war derart erleichtert, ihn zu sehen, dass sie erst gar nichts weiter sagen konnte, doch schließlich stieß sie hervor: »Da war ein Fehler bei der Entschlüsselung, aber das ist jetzt einerlei. Was ist denn passiert? Sind Sie wohlauf?«
    »Ja, ja, ängstigen Sie sich nicht«, bat er sie eindringlich. Dann fiel sein Blick auf den aufgeschlagenen Band der Kommentare und den Dokumentenstapel. »Mit der Entschlüsselung stimmt etwas nicht, sagten Sie? Was denn genau?«
    Dann redeten wieder alle gleichzeitig.
    »Das hier sind Redes
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