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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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alles immer so lange.«
    »Fast. Ich muss nur noch meinen Stock finden, dann kann es losgehen.«
    Holland schlüpfte achselzuckend in den weniger formellen seiner zwei zivilen Mäntel, während Tibbs um ihn herumschlich, unsicher, ob er ihm den Mantel bürsten oder geradeziehen sollte. Stattdessen bot er ihm dann einen leicht lädierten Hut an, den man nebst anderen Dingen entdeckt hatte und Captain Holland zuschrieb, da niemand Sir William je damit gesehen hatte.
    Holland nahm den Hut entgegen, doch als er ihn sich unter den Arm klemmen wollte, bemerkte er eine gestopfte Stelle an seinem Ärmel. Herrgott noch mal, er fühlte sich immer wie eine verdammte Vogelscheuche, wenn er nach Storey’s Court kam. »Bist du dir sicher, dass du mit mir so rausgehen willst?«, fragte er Charlotte, als sie die Treppe hinuntergingen. »Mit deiner neuen Montur kann ich es nicht aufnehmen.«
    Wenn er so ernst und streng dreinschaute, war es schwer, ihn zu necken. Deshalb hakte sie sich kameradschaftlich bei ihm unter. »Ach, Bobs «, schalt sie ihn, »du weißt doch, das ist mir einerlei. Komm, lass uns jetzt zu Clemmie gehen.«
    Charlottes Geste und die Tatsache, dass er für gewöhnlich nicht grübelte, hellten seine Stimmung bald wieder auf. Als sie bei den Ställen ankamen, war er schon wieder überzeugt, man könne an Storey’s Court wirklich nichts aussetzen. Von Wandbehängen oder Möbeln verstand er nichts, dafür aber von lichtdurchfluteten Räumen, ansprechenden Proportionen und solider Bauweise - den notwendigen Grundlagen für ein komfortables Zuhause. Und Storey’s Court hatte davon mehr als genug. Wenn dann noch der gute Geschmack von so jemandem wie Lady Armitage dazukam, erhielt das Ganze auch noch einen Hauch von Eleganz.
    Die Gartenanlagen und Nebengebäude wurden sorgsam, aber ohne großen Aufwand instand gehalten. »Instand gehalten« war das richtige Wort, denn nichts sah neu aus oder musste ausgebessert werden. Wind und Wetter, so schien es, konnten dieser Ruhe und Ordnung nichts anhaben. Und allenthalben spürte man Beständigkeit und Urvertrauen. Und das ist keineswegs verwunderlich , sinnierte Holland, während Charlotte dem Stallmeister Order gab, denn die Armitages sind eine Familie voller Selbstvertrauen. Niemals fiele es einem Familienmitglied ein, seinen Platz in derWelt anzuzweifeln oder jemandem den seinen zu neiden.
    »Und, was meinst du?«, fragte Charlotte ihn, als der Stallbursche einen kräftigen, kastanienbraunen Wallach aus dem Stall führte. »Hast du schon jemals so einen Schatz gesehen?«
    »Nicht schlecht«, antwortete Holland nachdenklich, »aber mal abwarten, wie er sich macht.« Er wandte sich zum Stallburschen um und fragte ihn, ob er auf irgendetwas achten müsse.
    »Der Boden auf der nördlichen Wiese is ganz schön hart, Sir, falls Sie in diese Richtung reiten sollten. Das is alles. Die Miss is in letzter Zeit ziemlich oft auf Clemmie geritten. Die beiden haben sich, glaub ich, schon aneinander gewöhnt.«
    Clemmie warf den Kopf zurück, als wäre er beleidigt, jemand könne seine Gutmütigkeit anzweifeln. Ansonsten zeigte er allerdings keinerlei Anzeichen eines stürmischen Temperaments. Ganz im Gegenteil stellte sich bald heraus, dass er ein durch und durch gutmütiges Tier war, lebhaft genug, um Charlottes Abenteuergeist zu befriedigen, aber unwillig, sich provozieren zu lassen, wenn sie an den Zügeln riss. Als ein paar Hasen überraschend seinen Weg kreuzten, blieb Clemmie standfest wie ein Gentleman. Von der höheren Warte auf einem von Sir Armitages Jagdpferden aus, lobte Holland diese Neuanschaffung.
    »Ich reite ja so gerne«, gab Charlotte zu, obgleich ihr gerötetes und strahlendes Gesicht das Gesagte überflüssig erscheinen ließ. »Und ich weiß, dass du das auch tust. Papa sagte, du seiest sehr verärgert darüber gewesen, dass man dir nicht erlaubt hat, zur berittenen Artillerie zu wechseln. Das war gemein von ihnen, finde ich, aber ich verstehe nicht genau, was er damit meinte. Du hast doch sowieso immer mit Pferden zu tun, oder nicht? Wie könnte man denn sonst die Kanonen bewegen?«
    »Wie bitte? Oh, ja.« Holland hatte gerade an den letzten Ritt mit einer jungen Frau gedacht und wie anders die Umstände da gewesen waren. Fast konnte er spüren, wie sie seinen Arm umklammert hielt, während sie im Regen blindlings durch die Dunkelheit ritten, oder wie sie sich an ihn anlehnte, nachdem sie ihre Schüchternheit vergessen hatte. Ihre Haare hatten sich an seinem Hals

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