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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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es danach keine Lottie mehr. Du würdest einen Herzschlag oder die Schwitzkrankheit bekommen, und damit wäre dein Ende besiegelt; einfach so, dann wärst du mausetot.« Er schnippte mit den Fingern unter ihrer Nase. »Für eine Beförderung kann es jedoch ganz nützlich sein, an einem solchen Ort Dienst zu tun.Wenn du Glück hast, dann fallen deine Vorgesetzten einer nach dem anderen von der Stange, und du kannst dich selber draufsetzen, bis du …«
    »… irgend so ein General bist.«
    »Genau.«
    Sir William konnte diesem Wortgeplänkel nur schwer folgen, aber die Vorstellung, jemand würde befördert, nur weil er gesund blieb, fand er abscheulich. Deshalb unterbrach er die beiden. »Dann glaubst du also, der Vertrag mit den Russen wird keinen großen Einfluss auf unsere militärische Aufstellung haben?«
    »Nein, Sir«, erwiderte Holland, nun wieder ganz ernst. »Sie werden uns keine Truppen stellen, höchstens einige Schiffe vielleicht. Manchmal erhält man die Gelegenheit, auf unseren Mörserschiffen Dienst zu tun und die Kanonen zu bedienen. Ich kenne jemanden auf einem solchen Schiff.«
    »Das hört sich furchtbar gefährlich an«, meinte Sir William. »Und wie gefällt ihm sein Dienst?«
    »Nun, Sir, höflich ausgedrückt sagt er, dass es auf dem Schiff meist sehr beengt und nass ist, und es mit den Matrosen ein ständiges Gerangel um Disziplin und Autorität gibt.«
    »Du klingst nicht sehr angetan davon. Und wie steht es mit deinem eigenen Posten, hm? Der hält dich sicher ganz schön auf Trab?«
    »Hm«, erwiderte Holland und nickte. »Und es wird alles sicher noch spannender, wenn der Krieg wieder ausbricht.«
    »Spannender?«
    »Lebhafter.«
    Sir William runzelte ungeduldig die Stirn. »Wohl eher tödlicher . Der Krieg ist doch kein Spiel. Ihr jungen Männer macht gern Witze über diese Dinge, und ich glaube, dieser Krieg wird sogar noch weniger … vergnüglich als die davor. Die Franzosen kämpfen nicht um Land oder Macht - obgleich es darum vermutlich früher oder später doch gehen wird -, sondern um eine Ideologie, und Ideologien machen die Menschen unerbittlich, wenn man der Geschichte Glauben schenken darf.«
    Als das Wort »Geschichte« fiel, sank ihm sein Herz, und Holland dachte, das habe ich nun davon, dass ich mich als Lotties Schulmeister aufspiele.
    Sein bedächtiges Nicken reichte Sir William als Antwort völlig aus, und so fuhr er fort: »Man denke nur an unsere eigene Erfahrung mit dem Republikanismus im letzten Jahrhundert. Die Menschen schreckten vor nichts zurück, um ihre sonderbare, verrückte Regierungsform einzuführen und jene, die anderer Meinung waren, zu vernichten. Die Armee in den Händen von Unruhestiftern und diesem Tyrannen Cromwell …«
    Während Sir William den Faden weiterspann und das »Rumpfparlament« und die »Selbstenthebungsverordnung« erklärte - das war bei Gott das letzte Mal gewesen, dass Parlamentsmitglieder sich selbst etwas versagten -, befand sich Captain Holland bei der Erwähnung Cromwells wieder auf sichererem Terrain. Cromwell war selbstverständlich ein sehr kluger Feldherr gewesen, wie seine Siege bei Marston Moor und Naseby bezeugten. Oder zumindest klüger als seine Gegner, denn die royalistischen Offiziere erwiesen sich als ziemlich begriffsstutzig. Und während sich Sir William in einer weitschweifigen Bemerkung über die Verfassungsänderung, die »Humble Petition and Advice«, erging, überlegte er, Klugheit und Glück, das sind die Dinge, die zählen - und die Menschen richtig einzuschätzen, denen man gegenübersteht.
    Charlotte seufzte; sie interessierte sich keinen Deut für Republikaner, weder lebende noch tote. »Wenn der Krieg doch nur schon vorbei wäre, dann könntest du für immer hierbleiben.«
    »Oh, du hättest es bestimmt nicht gern, wenn ich die ganze Zeit hier untätig herumsäße«, erwiderte Holland lachend und zog an einer ihrer Locken.
    Daraufhin gab sie ihm einen spielerischen Schubs. »Du amüsierst dich vielleicht darüber, aber ich meine es vollkommen ernst. Letztes Mal, als du fortgegangen bist, habe ich tagelang geweint.«
    »Wirklich, Kräbbchen? Wie lieb von dir, aber ich würde es mir nicht zur festen Gewohnheit machen.«

11
    Captain Holland stand für gewöhnlich früh auf, aber selbst seine militärische Disziplin war nichts gegen Charlottes Euphorie angesichts des versprochenen morgendlichen Ausritts. Und als er zu einer ihrer Ansicht nach angemessenen Uhrzeit immer noch nicht erschienen war, machte sie

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