Miss Meermaid steht zur Wahl
gesprenkelt.
Für einen zeitlosen Augenblick
starrte ich benommen auf ihn hinunter, weigerte mich zu glauben, daß er tot
war. Hinter mir sagte eine kalte Stimme: »Wenn Sie nach dem Schalter greifen,
passiert Ihnen das gleiche wie dem Kerl auf dem Boden, Boyd.«
Langsam drehte ich den Kopf,
und da standen die zwei, unmittelbar unter der Tür, die Boys mit der
Collegebildung, die ihre Mitteilungen immer mit harten Schlägen unterstreichen.
Hal Stone mit der gestutzten Stimme, die zu seinem Schnurrbart paßte, der mir
gerade gesagt hatte, wo ich stehen oder fallen würde, Charles Blair, der
Bursche, dem zwar das linke Ohrläppchen fehlte, nicht aber eine ruhige Hand. Mit
der hielt er ganz lässig die Waffe, einen .38er Revolver, dessen Lauf durch den
aufgeschraubten Schalldämpfer ungewöhnlich lang wirkte.
»Ich habe Sie von Anfang an für
dumm gehalten, Boyd«, sagte Hal sanft. »Aber nicht für so dumm! Kommen Sie
hinter dem Aktenschrank hervor, mit den Händen in der Luft.«
Ich tat, wie er befohlen hatte,
weil ich hoffte, auf diese Weise die Möglichkeit zu haben, noch etwas länger am
Leben zu bleiben. Hal filzte mich fachmännisch und trat von mir zurück, nachdem
er sich überzeugt hatte, daß ich keine Waffe bei mir trug. Er stieß Dominic
einige Male mit dem Fuß an, hob dann mit einem leicht unwirschen Ausdruck die
Schultern.
»Er ist tot, Charles«, sagte er
mit leichtem Tadel. »Wir werden uns die Leiche vom Hals schaffen müssen.«
»Zum Teufel, wie kamen Sie im
falschen Augenblick hierher?« fragte ich. »Und erzählen Sie mir nichts von
einem zufälligen Zusammentreffen?«
»Die Tür dieses Büros ist durch
eine Alarmanlage gesichert.« Hal grinste mich hinterhältig an. »Eines dieser
elementaren Dinge, auf die jeder achtet, außer einem Schwachsinnigen wie Sie,
Boyd. Das Überwachungsunternehmen hat Anweisung, wenn ein Alarm ausgelöst wird,
uns zu benachrichtigen, nicht die Polizei. Es interessiert uns immer, wer in
das Atelier einbricht.«
»Mußten Sie ihn umbringen?« Ich
machte eine Kopfbewegung zu Dominic hin.
»Wirklich notwendig war es
nicht, Boyd«, sagte Charles, und plötzlich lag ein häßliches Beben in seiner
Stimme. »Eher ein Vergnügen.«
»Wir müssen den Fall jetzt
richtig hinstellen«, sagte Hal. »Ich gehe hinunter, rufe den Wachdienst an und
sage, eine Katze sei ins Atelier eingedrungen oder sonst etwas und
benachrichtige den Nachtwächter, daß alles in Ordnung ist. Du schaffst Boyd und
den Toten in den Lastenfahrstuhl und bringst sie ins Souterrain hinunter. Ich
komme mit dem Wagen hinter das Haus und treffe dich dort. Das sollte nicht mehr
als fünf Minuten dauern. Gib Boyd die Möglichkeit, ein paar Tränen zu
vergießen, während er wartet.«
Er verließ schnell das Büro,
und Charles sah mich mit diesem hungrigen Ausdruck in den Augen an.
»Sie tragen Ihren Freund,
Boyd«, befahl er. »Mir ist es gleichgültig, ob Sie ihn tragen und ich dabei auf
Sie aufpasse, oder ob Ihnen die gleiche Behandlung zuteil wird wie ihm und ich
euch beide trage. Sie haben die Wahl.«
»Ich werde ihn tragen«, sagte
ich kleinlaut.
Ich hatte keine Ahnung gehabt,
wie schwer Dominic eigentlich war, bis ich versuchte, ihn aufzuheben. Nach viel
vergossenem Schweiß gelang es mir, ihn auf meine Schultern zu laden und unter
seiner Last zur Tür zu schwanken.
Charles folgte mir durch das
Atelier und die Büros, bis wir den Gang erreichten, und dirigierte mich dann
zum Lastenfahrstuhl. Wir kamen im Souterrain an, und die Aufzugstür glitt
automatisch auf. Charles knipste den Hauptschalter aus und blickte auf seine
Uhr.
»Vielleicht noch drei Minuten«,
sagte er. Die drei Minuten brauchten unendlich lange, um in die Ewigkeit
hinüberzufließen. Meine Knie begannen unter Dominics Gewicht nachzugeben, aber
ich glaubte nicht mehr fähig zu sein, ihn mir wieder aufzuladen, wenn ich ihn
erst einmal zu Boden fallen ließ. Ich hatte das ungute Gefühl, daß Charlieboy
wenig Spaß verstand, vielleicht hielt er es wirklich für einfacher, zwei Tote
zu tragen, statt mich zu bewachen, während ich einen schleppte. Dann hörte ich
das scharfe metallische Quietschen, als die Schiebetür geöffnet wurde, die aus
dem Souterrain hinter das Gebäude hinausführte. Ein grüner, fast neuer Buick
kam rückwärts langsam durch den Eingang gerollt und blieb etwa sieben Meter von
dem Fahrstuhl entfernt stehen.
»Los, Boyd, in den Wagen«,
kommandierte Charles. »Sie können Ihren Freund hinten verstauen. Es
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