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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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wegfahren können. Aber jetzt ist das anders. Sie wird mich jeden Abend fragen, wen ich getroffen habe, und ich kann sie nicht immerzu anlügen.«
    Ich dachte angestrengt nach. Konnte man Liens Sätze anders verstehen, als dass sie mich weiterhin sehen wollte? Hatte ich etwas übersehen? Falsch verstanden?
    Ich beschloss, sie endgültig aus der Reserve zu locken:
    »Du musst sie ja gar nicht anlügen. Wenn du deinen Ebi-san heiraten willst, werden wir sowieso für immer getrennte Wege gehen.«
    Treffer! Lien griff nach meiner Hand. Es war seit der Begrüßung unsere erste Berührung, und sie jagte mir warme Schauer über den Rücken.
    »Aber das ist es ja: Ich habe darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn wir uns nicht mehr sehen würden.«

    »Und?«
    Lien verzog den Mund.
    »Es wäre schrecklich. Es wäre langweilig. Ich hätte niemanden, mit dem ich lachen könnte. Niemanden, der mich versteht. Niemanden, mit dem ich über das reden könnte, was mir wirklich wichtig ist.«
    »Mmmmhhh«, schnurrte ich mit geschlossenen Augen. »Gib mir mehr!«
    »Ich meine es ernst, Nick!«
    »Und was ist mit Ebi-san? Dir ist klar, dass du dich für einen von uns entscheiden musst, oder?«
    Lien lächelte verlegen und fing an, ihren Schädel auf seltsamen Bahnen in Schwingungen zu versetzen. Ich starrte sie entgeistert an. Nie zuvor habe ich einen Menschen gesehen, der mit dem Kopf gleichzeitig zustimmend nicken, ablehnend schütteln und abwägend hin und her pendeln kann. Aber es ist tatsächlich möglich.
    Natürlich nervte es mich, keine klare Ansage zu bekommen. Doch aus taktischem Kalkül ging ich nicht weiter darauf ein, sondern brachte das Thema wieder auf unsere Gemeinsamkeiten:
    »Was machen wir also mit deiner Mutter? Hast du eine Idee?«
    »Es gibt nur eine Möglichkeit: Ich muss dich ihr vorstellen. Hoffentlich findet sie Gefallen an dir.«
    Ich wusste, dass mich keine einfache Aufgabe erwartete. Dennoch jubelte ich innerlich, denn es gab nichts, was den Bestand unserer Beziehung so offiziell dokumentieren würde, wie ein Treffen mit den Eltern. Nichts außer eine Hochzeit, natürlich. Aber diesen Gedanken schob ich schnell beiseite.

24.
    Die Stimme war vollkommen emotionslos.
    »Hilfe. Hilfe. Rette mich. Halte aus. Ich hole Verstärkung. Ich kann nicht mehr. Gib mir deine Hand. Ich kann nicht. Los, du schaffst das. Gib mir deine Hand. Nein. Nein.«
    Müde schlug ich die Augen auf. Draußen war es bereits dunkel. Ich musste kurz eingeschlafen sein, nachdem ich von der Arbeit nach Hause gekommen war.
    »Was ist los? Ich habe ihn nicht halten können. Jetzt ist er tot. Verstehst du? Tot. Du Schwein. Du hättest ihn retten können. Ich habe alles versucht, ich konnte ihn nicht mehr erreichen. Du Lügner. Es passt dir doch nur zu gut, dass du ihn endlich los bist.«
    Der Fernseher lief noch. Irgendein Katastrophen-Schinken aus den 80ern. Gerade fingen zwei Männer mit Vokuhila-Frisuren und neonfarbenen Krawatten an, sich unter wüsten Beschimpfungen zu prügeln. Ihre Worte trafen jedoch mit einer Stimme auf mein Ohr, die jegliche Gefühlsregung vermissen ließ. Und: es war die Stimme einer Frau.
    Wie immer fand ich die vietnamesische Synchronisation von Filmen höchst amüsant. Dabei war die Methode verblüffend einfach: Man nehme einfach einen einzigen Sprecher, der sämtliche Rollen des Plots vertont und dabei die größtmögliche Teilnahmslosigkeit an den Tag legt.
    Gerade wollte ich zur Fernbedienung greifen, als es an der
Tür klingelte. Minh hatte sich angekündigt, denn ich brauchte dringend seinen Rat. Schließlich stand ein Treffen mit Liens Mutter bevor. Also schlurfte ich immer noch verschlafen in den Vorhof, öffnete das Vorhängeschloss und entriegelte die Tür.
    Noch bevor ich erkannte, wer wirklich vor meinem Haus stand, hatte ich schon die erste Faust in der Fresse. Ein Stoß, und ich kugelte in den Hof. Schläge. Tritte. Irritiert spürte ich dem Geschmack von Blut in meinem Mund nach. Ein Hagel von Fäusten. Nein! Nicht schon wieder die Nase! Krachend landete ein Hieb auf ihr. Die Augen auf Asphalthöhe eröffneten eine ungewohnte Perspektive auf Rassels schmutzigen rechten Schuh, der sich im Laufschritt meiner Magengrube näherte. Ich würgte. Ächzte. Sah nur noch verschwommen, wie Rassel, der Papagei und ein dritter Mann sich auf mich stürzten. Mich mit Schlägen traktierten. Als ich keine Gegenwehr mehr zeigte, gönnten sich die drei eine kurze Auszeit. Sie lachten hämisch, als ich mich unter

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