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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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errötete noch mehr und fügte eilig hinzu: »Nein, die Augen natürlich nicht. Die sind ganz falsch.« Sie biß sich auf die Lippen.
    »Ja, mein Engel, das mit den Augen haben wir schon begriffen«, sagte Mel freundlich.
    Anne brach auf einmal in Lachen aus; sie zog die Mappe zu sich heran, öffnete sie und sah Miss Seeton bittend an. »Ich glaube, es nützt uns nichts – wir werden, sie doch nicht mehr los.« Sie schnitt Mel eine kleine Grimasse. »Dann müssen wir’s ihr eben sagen. Moment mal…«, sie griff nach einem Aquarell von der Dorfkirche, hübsch und langweilig, und warf es Miss Seeton in den Schoß. Auf der Rückseite sprang dem Beschauer Mel Forbys Gesicht entgegen, sorglos hingeworfen und voller Leben. »Sehen Sie?« sagte Anne triumphierend. »Wollen Sie jetzt immer noch behaupten, daß was mit Ihnen nicht stimmt?«
    Miss Seeton betrachtete die Skizze; ein Stein fiel ihr vom Herzen. Es war natürlich nur mit wenigen Strichen hingewischt, aber es war doch vollständig. Nicht wie die andern, in keiner Weise. Und das bedeutete…
    Mel Forby hatte die Zeichnungen in zwei Häufchen geordnet. Den größeren Stapel – sorgfältige Fleißarbeiten – schob sie mit dem Fuß beiseite. »Wertlos«, sagte sie. »Guter Durchschnitt, schade um die Mühe. Aber diese hier, die sind aus anderem Stoff.« Sie hielt die Blätter mit den Skizzen, Karikaturen und Zeichnungen hoch, unter denen sich auch die Porträts von Sergeant Ranger und Effie Goffer befanden. »Einfach Klasse. Brauchen Sie ‘n Job, Miss S.? Soll ich die mal unserem Bildredakteur zeigen?«
    Verlegen, doch erfreut schüttelte Miss Seeton den Kopf.
    Anne griff nach einem der Bilder von Effie und fragte: »Die Zeichnung in Lewisham, war die ähnlich wie diese hier?«
    »Nein – nein, das nicht.« Miss Seeton runzelte die Brauen. Anne hatte doch gesagt, das andere Bild habe sich als nützlich erwiesen; nur begriff sie eigentlich nicht recht wieso. »Nein – das andere, das war wirklich völlig mißlungen«, sagte sie entschuldigend. »Und dann habe ich es auch noch – gewissermaßen durchgestrichen.« Ohne es zu wissen, fuhr sie mit dem Finger durch die Luft. »Aber vielleicht – ach, ich bilde es mir sicher nur ein, aber – «jetzt wurde sie sicherer -»doch, da war ein Unterschied in den Gesichtshälften. Ganz sicher.«
    »Gut – wenn Sie also nichts dagegen haben, dann schicke ich hiervon eins an Bob«, meinte Anne. »Sie sagen, Sie haben bei beiden die gleiche Schwierigkeit festgestellt. Glauben Sie dann nicht auch, daß da eine Verbindung besteht?«
    »An Bob?« Mel Forby hielt die Zeichnung des jungen Mannes in die Höhe. »Meinen Sie die rechte Hand vom Orakel?«
    Anne lachte und griff nach dem Blatt. »Ja – und das da möchte ich auch haben.« Ihr Blick blieb daran hängen. »Das hat Miss Seeton mir nämlich geschenkt – es gehört mir.«
    »Und er offenbar auch«, meinte Mel, die sie beobachtet hatte. »Gratuliere, Kindchen, das ist ‘ne ganze Masse Lady. Weit gefehlt. Er ist ein mutiger und abenteuerlustiger Kämpfer für das Recht; rundgriffig, seidenschwarz und stahlbewehrt; so soll er, wie es heißt, jetzt zu neuen Taten antreten.
    Unsere Leser dürfen jedenfalls mit sensationellen Entwicklungen rechnen.

4
    Die Stammesfehden schwiegen; die kriegerischen Scharmützel waren einstweilen beigelegt. Das Dorf brauchte neue Abwechslung.
    Vor wenigen Wochen war der alte Mr. Dunnihoe gestorben. Er hatte sich lange gehalten – länger, als man je erwartet hatte; und sein Tod hatte demütigende Folgen in der Bevölkerungsziffer mit sich gebracht. Man könnte zwar behaupten, daß der Unterschied zwischen vierhundertneunundneunzig und fünfhundert zahlenmäßig nur eins betrage; nach außen hin war jedoch der Unterschied beträchtlich, und das allein zählte. Jetzt aber waren zwei neue Ankömmlinge in Mr. Dunnihoes Häuschen unten am Kanal eingezogen; ferner war da Mrs. Scillicough, die ein Baby erwartete (ihrem Umfang nach wurden es mindestens Zwillinge, aber auch ein Wurf von vieren schien nicht ausgeschlossen), und damit war die Fünfhundertgrenze wieder sicher überschritten. Dann hatte außerdem ein junges Paar mit einem Jungen – Sohn oder jüngerer Bruder oder so was – den etwas verfallenen Bungalow Saturday Stop am Gemeindeanger unterhalb der Siedlung gemietet. Im George and Dragon war ein neuer Gast eingezogen. Miss Seeton war wieder da. Das alles lieferte reichlich Stoff zum Tratschen.
    Mann.« Ihre Augen blickten träumerisch,

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