Miss Seeton kanns nicht lassen
verstohlen. Delphick zog die Stirn hoch. Miss Seeton fuhr fort: »Aber eben, bevor es zischte, da rutschte sie aus und fiel ins Licht, und er mußte sie festhalten.«
»Sie?« fragte Delphick. »Sind Sie ganz sicher, daß es eine Sie war?«
»O ja, völlig sicher. Sie hatte langes Haar.«
»Und ein langhaariger Junge konnte es nicht sein?«
»O nein, ausgeschlossen. Ihre Kleider waren ganz naß und klebten am Körper. Nein, das war ganz eindeutig.«
»Hab’ mir gerade die Haare gewaschen«, hörte Delphick eine Stimme sagen. »Am Tage komm’ ich nie zu so was, da gibt’s viel zuviel zu tun.« Mensch: das Alibi mit dem Ausflug, das brachte er zum Platzen, und wenn er selber dabei platzte. Er zog einen alten Umschlag aus der Tasche und blickte auf die Notizen. »Verzeihen Sie, Miss Seeton – als Sie schliefen, da sagten Sie etwas, daß Blond ganz falsch sei. Hatte das etwas mit der Sache zu tun?«
Miss Seeton dachte nach, dann fiel es ihr ein. »O nein – das war die Königin von Saba. Ich fand es so falsch, wissen Sie. Außer wenn es bei ihr so war wie bei Kleopatra. Daß sie aus Griechenland kam. Das wird ja noch erforscht«, fügte sie als Erklärung hinzu.
Jetzt war auch Delphick konsterniert. »Saba -? Was – «
»Ja. Da bin ich doch hingegangen, nach dem Tee. Weil ich nicht richtig trinken konnte. Wegen meinem Mund.«
Jetzt dämmerte es ihm. »Ah ja, natürlich – der Film. Jetzt verstehe ich.« Er blickte wieder auf den Umschlag. »Sie sagten noch etwas. >Haar muß dunkel sein.< Erinnern Sie sich?«
Miss Seeton überlegte. »Ja – das kann das Mädchen gewesen sein. Das beim Raufklettern runterrutschte. Sie hatte lange dunkle Haare. Es kann natürlich auch das Licht gewesen sein. Oder vielmehr das fehlende Licht, wissen Sie.«
Weiteres von Bedeutung hatte sie nicht mitzuteilen. Jetzt kam ein Anruf aus Rochester. Das Mädchen Rosie Smale hatte alles zugegeben, und die Mutter hatte auf Drängen die Aussage der Tochter bestätigt. Man hatte den Stiefvater dazugeholt: Als man ihn verhörte und ihm die Aussage seiner Frau entgegenhielt, hatte er gestanden. Die Gefahr eines Meineidsverfahrens schien ihn mehr zu schrecken als eine eventuelle Anklage wegen versuchter Notzucht. Wozu hatte man schließlich Stieftöchter. Der junge Hosigg war jedenfalls damit rehabilitiert; die ganze Sache sollte noch einmal verhandelt werden. Die junge Frau brauchte nicht mehr vorgeführt zu werden. Brinton rief das Polizeirevier in Brettenden an und gab Anweisung, Hosigg freizulassen. Man verabschiedete sich; Bob brachte Miss Seeton nach unten. Er hatte Order, mit seinem Schützling via Brettenden nach Plummergen zurückzukehren und Len Hosigg auf dem Weg mitzunehmen.
Als sich die Tür geschlossen hatte, fing der Chief Inspector an zu lachen. »Das also war Miss Seeton, Orakel! Na schön, ich geb’s zu: geholfen hat sie uns. Nur hätte ich’s gern nicht allzu häufig. Vielleicht können Sie sie auch von kriminellen Delikten etwas fernhalten?« Schmunzelnd machte er sie nach: »Wissen Sie, da war doch dieser Wagen, der mir im Weg stand, deshalb habe ich ein bißchen mit dem Schirm zugestochen, und da ist er in den Kanal gefallen. Oder vielmehr -Ja. Und dann mußte ich ja nachspringen, das werden Sie verstehen. Ich meine – Ja.« Er lachte noch einmal und sagte dann ruhiger: »Gut, alles in Ordnung – sie hat sogar wie üblich die Diebesbeute für uns zurückgeholt. Aber es ist Ihnen doch wohl klar, Delphick, daß damit der junge Hosigg noch lange nicht entlastet ist. Von mir aus kann er ein Ritter ohne Furcht und Tadel sein, will ich gar nicht bestreiten, und in der Aufzucht von Lilien kann er meinetwegen sämtliche Gärtnereien schlagen, aber das besagt noch nicht, daß er die Sache nicht doch gedreht hat. Durchaus denkbar, daß er da ausgestiegen ist, dann umkehrte, seinen Lastwagen holte, hinfuhr und das Zeug noch einmal mitnahm.«
»Und das Mädchen, das er bei sich hatte?« fragte Delphick.
»Seine Frau, natürlich. Sie ist dann einfach nach Haus gegangen, und er hat sich zum zweitenmal auf die Socken gemacht.«
»Das paßt aber nicht zu seinem Verhalten nachher. Warum hat er Miss Seeton dann aussteigen lassen? Warum ließ er sie nicht einfach dort? Das kostete ihn doch nur Zeit. Warum hat er ihr Whisky gebracht und ihre Kleider zum Trocknen hingelegt? Denn das alles hat er getan, Chris. Der Junge hat sich viel Mühe gemacht.«
»Gut, zugegeben – sehr wahrscheinlich ist er es nicht. Aber wer sonst sollte
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