Miss Seeton riskiert alles
Brintons Ton war sarkastisch. »Geben Sie sie ihr nicht zurück, sonst tut sie es noch! Geben Sie sie ... nein, warten Sie!« Erschrocken hatte sich Brinton an Miss Seetons Entführung durch einen verkleideten Polizeibeamten erinnert. Damals hatte dies zur Folge gehabt, daß ein Wald und eine Kirche abbrannten, der Entführer umkam und um Haaresbreite auch Miss Seeton selbst ihr Leben gelassen hätte. Er schnitt eine Grimasse. Sie konnten gut ohne einen weiteren Skandal dieser Art auskommen.
»Also gut«, sagte er schließlich. »Ich habe hier einen Kriminalbeamten, der ein Maskenkostüm trägt, das er – Gott verzeihe ihm – Zivilkleidung nennt. Sein Name ist Foxon. Er kennt sie, und sie kennt ihn! Ich werde ihn in ungefähr einer halben Stunde zu Ihnen befördern. Haben Sie Platz in Ihrem Wagen? Geben Sie ihm das Dingsda, nehmen Sie ihn mit, und ich lasse ihn später in Plummergen abholen. Aber seien Sie ganz sicher«, betonte er, »daß es Foxon ist und sie ihn kennt. Ich werde Maidstone bitten, ein Auge auf den Humber zu haben. Haben Sie seine Nummer? Gut. Und Ihre Nummer?« Er notierte die Nummern und hängte ein.
Vielleicht ist alles Unsinn, dachte Brinton. Aber besser, ich warne Maidstone, daß es Schwierigkeiten geben kann. Wenn alle diese Dinge beim Rennen passiert waren und es stimmte, was dieser Reporter erzählte, dann würden die Kerle nicht einfach aufgeben, nur weil jemand mit dem Finger drohte und »buh!« rief. Unglückliche Erfahrungen hatten ihn gelehrt, das Schlimmste zu erwarten, wenn Miss Seeton im Spiel war. Wie brachte es diese butterweiche kleine Lehrerin nur fertig, in fünf Minuten mehr Wespen aus ihrem Nest zu scheuchen als zehn normale Menschen im ganzen Leben… Brinton seufzte wieder, ließ Foxon holen und nahm den Hörer ab.
Das Haar war ziemlich lang, die Hosen von einer überraschenden Terrakottaschattierung, die nicht zu dem hellgestreiften plissierten Hemd paßte. An seinem Hals flatterte eine bunte Krawatte. Der junge Mann legte seine Hände auf Miss Seetons Schulter, neigte sich über sie mit einem Gemisch aus Ehrfurcht und Zuneigung und küßte sie auf die Wange. Miss Seeton sah bestürzt aus.
Thrudd Banners Augen verengten sich. »Kennen Sie diese Type?«
»Mr. Foxon?« Miss Seeton lächelte. »Du meine Güte, ja! Wir verbrachten eine Nacht zusammen.« Thrudds Gesichtsausdruck verriet, daß sie wohl nicht präzise genug gewesen war. Sie beeilte sich, das nachzuholen. »Es war alles sehr eigenartig«, erklärte sie. »Da wir in einer Kirche waren, schien es natürlich irgendwie noch seltsamer.«
»Jedenfalls originell«, bemerkte Mel.
Thrudd nahm die Hand aus seiner Tasche und begrüßte den Ankömmling. Ohne mit der Wimper zu zucken, verbarg Foxon das Doping-Gerät in seiner Hand, während Thrudd ihn Mel vorstellte.
Foxon grinste. »Ich habe Miss Forby einmal während einer Prügelei in Plummergen in Aktion treten sehen. Sie schwang eine bösartige Handtasche.«
Sie erinnerte sich an Einzelheiten des Vorfalls, als sie das erste Mal mit Miss Seeton zu tun hatte. »Und Sie waren derjenige, der den Raufbold erledigte, der nur wenig mehr als eine Krawatte trug«, sagte Mel.
»Eine Versammlung der Veteranen von Miss Seetons Armee«, kommentierte Thrudd. »Wir werden daraufhin zum Wohle unseres Freundes aus dem Humber, der an der Bar steht, noch eine letzte Runde bestellen. Dann machen wir uns davon.«
Foxon holte die Drinks, um sich ihren Gegner näher anzuschauen. »Sie waren alle bei den Ereignissen dabei, die vorhin im Fernsehen gezeigt wurden?« fragte er nach seiner Rückkehr.
»Ja, und gerade noch entwischt«, bemerkte Mel. »Miss Seetons Lieblingspolizist mußte in einem Krankenhaus verstaut und genäht werden. Aber wenigstens mehr als die Hälfte der Jungen wurde festgenommen«, fügte sie befriedigt hinzu.
»Wetten wir«, Foxon sah mißtrauisch aus, »daß sie einen Rechtsanwalt nehmen und schwören, nur hereingeplatzt zu sein, um zu helfen?«
»Für einige trifft das nicht zu«, versicherte ihm Thrudd. »Ich habe Aufnahmen gemacht, ehe sie uns jagten. Darunter ist ein Typ, der eine Pistole schwang und schnell verschwand, als die Aktion begann.«
Foxon beugte sich vor. Er und Mel sprachen gleichzeitig. »Sie haben…?«
Thrudd schüttelte den Kopf. »Nicht bei mir. Schickte den Film mit dem Zug nach London; nahm ihn heraus, als Ihr Absatz wieder angenagelt wurde. Sagte Ihnen doch, wenn Sie bei mir blieben, würden Sie anfangen, die Elemente Ihres Berufs zu
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