Miss Wyoming
das stimmte nicht. Selbst an den Tagen, an denen sie behauptete, keine Zeitung gelesen zu haben, war sie ausnahmslos auf dem neuesten Stand der Verhandlung und versäumte keine Gelegenheit, über den Charakter ihrer Mutter herzuziehen. Wichtiger war Randy jedoch, dass Susan in den vergangenen Monaten durchblicken lassen hatte, sie, Randy und das Baby würden, sobald Marilyns Verhandlung abgeschlossen war, nach Kalifornien ziehen und die »Operation Brady« starten, die, wie er hoffte, die nächste Phase seines Lebens sein würde.
»Guck mal, Randy, sie trägt immer noch diese geschmacklosen nachgemachten Ungaro-Outfits, und als Sonnenbrille hat sie sogar noch diese Fendi-Kopie, die sie auf der Tauschbörse in Laramie erstanden hat.« Sie lächelte Randy an. »Tja, Partner, sieht aus, als müssten wir unsere Sachen packen und uns auf den Weg nach Westen machen.«
Ihr Plan war nicht besonders kompliziert. Randy, Eugene Junior und die Hunde sollten nach Los Angeles fahren. Dort angekommen, würde Randy ein Brady-Bunch-Haus mieten, um dort mit Dreama Kleinfamilie zu spielen und das Baby aufzuziehen. Susan würde in der Nähe wohnen müssen, bis der Trubel, der unweigerlich immens sein würde, abebbte. Susan wollte, dass Eugene Junior so wenig wie irgend möglich ins Rampenlicht geriet. Aber vor allem wollte sie Marilyn von dem Kind fern halten. »Dieser gefräßige alte Drache wird Eugene niemals in seine Klauen kriegen. Uuuhh, sie wird Höllenqualen leiden, wenn sie Eugene nicht zu sehen bekommt. Endlich habe ich ein Stückchen Jugend, dass ich ihr vorenthalten kann.«
Randy sagte: »Früher oder später wird der Kleine eine Sozialversicherungsnummer brauchen, Susan. Ich meine, in den Augen der amerikanischen Regierung existiert Junior praktisch gar nicht.«
»Randy, Eugene Junior wird ein Steinzeitbaby werden. Er wird nicht die geringste Aktenspur hinterlassen - nicht, bis sich die Lage beruhigt hat. Die Medien werden durchdrehen. Den Papierkram können wir später erledigen.« Alles ging sehr schnell. Am Tag ihres Wiedereintritts in die Welt fuhr Susan mit Randy und Eugene Junior nach Pittsburgh runter und verabschiedete die beiden, von einem beispiellosen Weinkrampf geschüttelt. Ein Kapitel ihres Lebens war vorbei, so endgültig, dass ihm in einem Buch eine leere Seite folgen würde. Dann schlenderte sie in einem gesichtslosen Gap-Out-fit, das sich nirgendwohin zurückverfolgen ließ - Baumwolljeans ohne Bügelfalte und ein marineblauer Rollkragenpullover - in eine Polizeiwache in einem Vorort von Pittsburgh. Sie hatte sich die Haare zu dem Teenager-Pferdeschwanz frisiert, für den sie in Meet the Blooms berühmt war, und nach all den Jahren sah sie immer noch täuschend jung aus, fast genauso wie früher auf dem Titel des TV Guide. Sie trat an den Empfangstresen und merkte gleich, dass die wachhabende Polizistin wusste, wer sie war - das Gefühl, auf Anhieb erkannt zu werden, war Susan noch aus der Hochphase ihrer Karriere vertraut. Die Beamtin mit dem Namensschild BRYAR brachte kein Wort heraus, während ihr Hirn versuchte, das, was sie sah, mit dem, was sie zu wissen glaubte, in Einklang zu bringen.
»Guten Tag, Officer Bryar«, sagte Susan höflich, als wollte sie ihr am Ende eines Gangs in einem Safeway-Supermarkt fettarme Käsehäppchen zum Probieren anbieten. »Mein Name ist Susan Colgate. Ich ...«, sie machte eine rhetorische Pause, »ich bin etwas verwirrt. Vielleicht können Sie mir helfen.« Officer Bryar nickte.
»Wir sind in ... ich meine, wir sind hier in ... dass ich hier nichts durcheinander bringe ... Pennsylvania. Richtig?«
»Pittsburgh.«
»Und heute ist der - das hab ich auf der USA Today draußen im Zeitungsspender gelesen. Wir haben jetzt ... Moment ... September 1997?«
Officer Bryar bestätigte dies.
Susan schaute sich um und sah eine typische Polizeiwache, wie sie sie vom Studiogelände her kannte: die Flagge, ein Porträt des Präsidenten, Panzerglasfenster und Videokameras. Sie bemühte sich, direkt und mit verzweifeltem Gesichtsausdruck in all die Kameras zu schauen, denn sie wusste, dass die Polizeibehörde mit dem Verkauf des Filmmaterials, das sie ihnen gerade schenkte, genug Geld verdienen konnte, um eine neue Streifenwagenflotte zu finanzieren. Sie drehte sich wieder zu Officer Bryar um: »Also, dann. Das Letzte, an das ich mich erinnere, ist, dass ich auf dem Weg zum JFK-Airport in New York war, um eine Maschine zur Westküste zu nehmen, und jetzt ist es ... Ach, was
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