Miss Wyoming
soll's.«
Es folgte ein riesiger Medienansturm, und Susan war dankbar, dass sie in einer Zelle in einem unbenutzten Teil des städtischen Gefängnisses untergebracht wurde. Ihr zurückgezogenes Leben, das sie zuerst nur mit Eugene und dann mit Randy und Eugene Junior verbracht hatte, war vorbei. Ihre Ferien von der Vielzahl unterschiedlicher Susan-Colgate-Identitäten, für die sie bekannt war, waren zu Ende.
Ein Hilfssheriff brachte Susan einen kleinen Kübel Blaubeerjoghurt und Hühnchen und Pommes von Kentucky Fried Chicken. Susan bedankte sich, und der Hilfssheriff sagte: »Ich fand Sie wirklich gut in Meet the Blooms. Sie waren die Beste in der Serie.«
»Danke.«
»Vor drei Wochen hab ich mir mit meiner Freundin Dynamite Bay ausgeliehen, und wir haben den ganzen Film ohne Vorspulen gesehen und unser zweites Video ungesehen zurückgegeben. Sie wird mir nicht glauben, dass ich Ihnen tatsächlich hier begegnet bin.«
Susan steckte sich eine Frirte in den Mund. »Was war das zweite Video ?«
»America's Worst Car Crashes. Reality-TV.«
Der Hilfssheriff ging wieder weg, und Susan aß eine Hand voll Fritten und begann dann ein Selbstgespräch zu führen. Na, Eugene, werde ich mein neues Leben jetzt wieder vermasseln? Glaubst du, ich habe im vergangenen Jahr irgendwas gelernt? Sie knabberte an einem Schenkel, der salzig und fettig schmeckte. Sie merkte, dass sie Hunger hatte, und aß alles auf. Die Geschichte, die sich Susan lange im Voraus zusammen mit Randy für die Öffentlichkeit zurechtgelegt hatte, lautete, dass sie sich an nichts erinnerte, was zwischen ihrer Ankunft am JFK Airport und dem Moment, als sie die USA Today in der Box vor dem Polizeigebäude gelesen hatte, geschehen war. Sie würde den Leuten erzählen, dass vielleicht das Foto von Marilyn auf der Titelseite der Auslöser war. Die Polizei befragte Susan stundenlang, doch ohne Ergebnis". Susan ließ mitteilen, dass sie nicht mit der Presse zu sprechen wünsche, solange sie sicher in der kühlen, hallenden Stille der Gefängniszelle saß. Fürs Erste konnten die Reporter sich mit den Bildern der Überwachungskameras, die sie ihnen geliefert hatte, befassen. Außerdem weigerte sie sich, Marilyn zu empfangen. Ihr war es nicht eilig damit, denn ihrer Geschichte zufolge hatte sie nicht das Gefühl, vermisst gewesen zu sein. Sie verspürte kein Heimweh. Die Fluggesellschaft bot ihr an, sie noch am gleichen Abend nach Cheyenne zu fliegen. Sie nahm an. Die Maschine traf nach Mitternacht ein, und auf ihre Bitte hin sollte sie Marilyn am nächsten Morgen wiedersehen. Sie sagte, sie sei müde und verwirrt und müsse erst mal wieder einen klaren Kopf kriegen.
Sie wurde im Days Inn untergebracht, und sie schlief tief und fest. Am nächsten Morgen wachte sie um halb sieben auf, duschte und zog ein Donna-Karan-Ensemble an, das ihr die Fluggesellschaft zur Verfügung gestellt hatte. Sie wurde in einem Minivan durch Cheyenne gefahren, die Stadt, in der sie sich nie wirklich zu Hause gefühlt hatte. Es war ein außergewöhnlich heißer und trockener Sommer gewesen, die Blätter an den Bäumen sahen kraftlos aus, und die Straßen waren staubig. Ihre Eingeweide fühlten sich bereits wie Blei an, und sie vermisste Eugene Junior und Randy. Mit einem dumpfen Schmerz, der an Reiseübelkeit erinnerte, vermisste sie auch Eugene senior. Der Performance-Art-Aspekt der Show, die Susan für diesen Morgen geplant hatte, hätte ihm gefallen. Das Fahrzeug näherte sich einem ziemlich teuer aussehenden Haus im spanischen Stil mit einem rotbraunen BMW und einem Mercedes in der Auffahrt. Dies war also das Traumhaus, zu dem Marilyn es gebracht hatte. Wohnmobile mit Satellitenschüsseln umstanden das Grundstück. Nachbarn reckten hinter gelbem Polizei-Absperrband die Hälse, und die Kameras liefen, als Susan langsam den Weg zum Haus entlangschritt, auf die mit einem eine Elritze im Schnabel haltenden Eisvogel aus sandgestrahltem Glas verzierte Doppeltür zu. Die Türen gingen auf, und Marilyn erschien, Tränen in den Augen. Sie stolperte auf Susan zu, die ihre Mutter auf die gleiche Weise umarmte, wie sie in ihrer Misswahlenzeit die Zweitplatzierte umarmt hatte. Wenn die Schönheitswettbewerbe sie auch sonst auf nichts vorbereitet hatten, dann wenigstens auf diesen Moment: Susan! Mom!
Es lief wie einstudiert. Sie hatte leichtes Spiel. Die Kameras brauchten das. Die Welt wollte es. Aber was weder die Kameras noch die Welt zu hören bekamen, war, was Susan in Marilyns mit einem
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